30. April 2014
Arbeitsrecht

Der „Flashmob″ als Mittel im Arbeitskampf

Dürfen Gewerkschaften als Arbeitskampfmittel auch Flashmob-Aktionen einsetzen? Diese Streitfrage zwischen einem Handelsverband und einer Gewerkschaft landete vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses bestätigte das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), wonach ein Flashmob dann zulässiges Mittel sei, wenn dieser sich noch im Rahmen der Verhältnismäßigkeit bewege (BVerfG vom 26. März 2014, Az.: 1 BvR 3185/09).

Einkaufswagen im Arbeitskampfeinsatz

In einer Berliner Einzelhandelsfiliale, in welcher Streikbrecher arbeiteten, organisierte die beklagte Gewerkschaft über SMS einen zwischen 45 und 60 Minuten dauernden Flashmob mit rund 40 bis 50 Mitarbeitern. Ziel der Aktion war es, Pfennig-Artikel zu kaufen und dadurch den Kassenbereich für längere Zeit zu blockieren. Außerdem wurden Einkaufswagen beladen, die im Anschluss einfach stehen gelassen wurden.

Supermärkte machtlos gegen Flashmob-Aktion

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg versuchte, weitere Flashmob-Aktionen gerichtlich untersagen zu lassen, war aber vor den Arbeitsgerichten in sämtlichen Instanzen erfolglos. Hiergegen richtete sich die Verfassungsbeschwerde und machte insbesondere eine Verletzung seiner Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG geltend.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung angenommen. Der Handelsverband sei nicht in seiner Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt. Das Grundrecht schütze nämlich nicht nur die traditionell anerkannten Arbeitskampfmittel wie Streik und Aussperrung, sondern alle Mittel, welche die Gewerkschaften zur Erreichung ihrer koalitionsspezifischen Zwecke für geeignet halten.

Hierzu überlasse ihnen Art. 9 Abs. 3 GG die freie Wahl. Überprüft würden umstrittene Arbeitskampfmaßnahmen dabei unter dem Gesichtspunkt der Proportionalität, wodurch kein einseitiges Übergewicht bei Tarifverhandlungen entstehen könne. Diese Anlehnung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, welche das BAG vorgenommen hatte, sei insofern nicht zu beanstanden.

Weitere Kriterien

Um Gefahren bei Flashmob-Aktionen einzudämmen, müsse der Flashmob als gewerkschaftlich getragene Arbeitskampfmaßnahme erkennbar sein. Der Grund hierfür sei, dass sich durch die Teilnahme Dritter an Flashmobs abstrakte Gefahren erhöhen, welche die Kontrolle der Aktion betreffen. Dritte seien nämlich weniger beeinflussbar als die Streikenden selbst. Das Hausrecht und die vorübergehende Betriebsstilllegung seien als wirksame Verteidigungsmittel nicht zu beanstanden.

Was Arbeitgeber tun können

Arbeitgeber müssen damit rechnen, dass Flashmob-Aktion in Zeiten der fortschreitenden Vernetzung über Facebook, Twitter oder sonstige Internetmedien, zu einem immer beliebteren Arbeitskampfmittel werden. Der Arbeitgeber muss die Chance haben, auf Flashmobs, die den Betriebsablauf erheblich stören, reagieren zu können.

Um sich einigermaßen effektiv gegen Flashmobs wehren zu können, sollte der Arbeitgeber sein Hausrecht in eine präventive Abwehrstrategie einbinden und seine generelle Einwilligung zum Betreten der Geschäftsräume bei sich ankündigenden Aktionen einschränken. Dies kann durch gut sichtbare Plakate im Eingangsbereich geschehen, mit denen etwa der Einzelhändler darauf hinweist, dass sein Ladengeschäft nur zum Zwecke des Einkaufs und insbesondere nicht zum Befüllen von Einkaufswagen ohne Kaufabsicht oder zum Bezahlen der Ware mit unangemessen viel Kleingeld erlaubt ist.

Das Gericht spricht leider bislang nur praxisuntauglich und realitätsfern von wirksamen Verteidigungsmitteln des Arbeitgebers, die sich in der Realität in den meisten Fällen als unbrauchbar erweisen. Eine Grenze ist jedoch dort gesetzt, wo ein Flashmob unverhältnismäßig ist und völlig über die Auswirkungen von traditionellen Arbeitskampfmitteln hinausgeht.

Unzulässig bleiben damit Sabotage- und Blockadeaktionen, die dann anzunehmen sind, wenn die Maßnahme nach außen von vorneherein nicht wie bestimmungsgemäßer Gebrauch wirkt. Strafbare Handlungen unterfallen selbstverständlich weiterhin nicht dem Schutz des Grundgesetzes.

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