Bei exzessivem Missbrauchs des dienstlichen E-Mail-Accounts darf Mitarbeitern auch nach langjähriger Beschäftigung ohne vorherige Abmahnung außerordentlich gekündigt werden. So urteilte das LAG Niedersachsen (LAG Niedersachsen vom 31. Mai 2010 – 12 Sa 875/09) in einem recht plakativen Fall. Es ging um einen Mann, der dreißig Jahre bei einer Gemeinde beschäftigt war, zuletzt als stellvertretender Amtsleiter mit einem monatlichen Gehalt von 4 800 EUR brutto. Dieser hatte während seiner Arbeitszeit über eine Online-Partnersuche gechattet. Seine eigenen E-Mails hatte er gelöscht. Die von ihm empfangenen Antwort-E-Mails, die auf einen fortlaufenden Dialog schließen ließen, hatten in den ausgewerteten sieben Wochen ausgedruckt einen Gesamtumfang von 774 DIN-A4-Seiten. Dem Mitarbeiter waren an einzelnen Tagen zwischen 139 und 183 solcher E-Mails zugegangen. Bei der Gemeinde existiert keine ausdrückliche schriftliche Regelung zur privaten Nutzung des dienstlichen E-Mail-Accounts. Im August 2008 kündigte die Gemeinde das Arbeitsverhältnis nach Bekanntwerden der Vorwürfe fristlos. Die Kündigungsschutzklage des stellvertretenden Amtsleiters blieb ohne Erfolg.
Die Richter argumentierten, jedem Arbeitnehmer müsse klar sein, dass er mit der exzessiven Nutzung des Internets während der Arbeitszeit seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletze. Daher bedürfe es in solchen Fällen auch keiner Abmahnung.
So habe es sich auch im zu entscheidenden Fall verhalten. Lege man für das Lesen und Beantworten der Mail, die der Mann bekommen habe, jeweils drei Minuten zugrunde, so sei sein Arbeitstag zeitlich bereits in vollem Umfang erfüllt, wenn er an einem Arbeitstag 156 private E-Mails bearbeitet habe. Hieraus folge, dass der Mitarbeiter an einzelnen Arbeitstagen überhaupt keine Arbeitsleistung und an vielen Tagen überwiegend keine Arbeitsleistungen erbracht habe. Die fristlose Kündigung sei folglich rechtens gewesen.