2. Juli 2014
Betriebsrat
Arbeitsrecht

Nach der Wahl: Worauf ein Betriebsrat Anspruch hat

Die neuen Betriebsräte sind seit spätestens Ende Mai 2014 gewählt – nun müssen sie in der Lage versetzt werden, ihrem betriebsverfassungsrechtlichen Auftrag nachzukommen. Unternehmen sind gefordert, ihnen Schulungen zu ermöglichen und die erforderlichen Personal- und Sachmittel zu stellen. Dies alles verursacht Kosten und bietet Streitstoff. Es gilt, im Rahmen des rechtlich Möglichen den richtigen Mittelweg im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu finden.

Schulungen für Betriebsräte

Jedes einzelne Betriebsratsmitglied hat während der vierjährigen Amtszeit einen individuellen Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungen, die behördlich als geeignet anerkannt wurden (§ 37 Abs. 7 BetrVG). Bei erstmals gewählten Arbeitnehmern erhöht sich dieser Anspruch auf vier Wochen.

Davon zu unterscheiden ist der organschaftliche Schulungsanspruch (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Hier entscheidet der Betriebsrat als Gremium, welche Schulungsveranstaltungen er mit Blick auf die konkrete betriebliche Situation und betriebliche Notwendigkeiten für erforderlich hält, um seine Aufgaben sachgerecht ausüben zu können.

Der Beurteilungsspielraum erstreckt sich auf Inhalt, Dauer und zeitliche Lage der Veranstaltung sowie Anzahl der Teilnehmer (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Für eine Grundlagenschulung im Betriebsverfassungsrecht muss der Betriebsrat keinen aktuellen Anlass haben, es sei denn, die Teilnehmer stehen kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit oder sind „alte Hasen″. Die Schulungsdauer kann bis zu zwei Wochen betragen, zum Teil werden auch längere Schulungen gerichtlich abgesegnet.

Ersatzmitglieder haben grundsätzlich erst dann einen Schulungsanspruch, wenn sie endgültig in den Betriebsrat nachgerückt sind oder ihre Schulung für die Aufrechterhaltung der Betriebsratsarbeit notwendig ist.

In einer Rahmenbetriebsvereinbarung können Grundsätze für eine kostenschonende Auswahl der Schulungsanbieter und die Pflicht des Betriebsrats, Teilnehmer, Dauer und Art der Schulung im Vorfeld mitzuteilen, aufgenommen werden.

Wer trägt die Kosten?

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Falls erforderlich, kann der Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen (§ 80 Abs. 3 BetrVG).

Bei der Frage, wie viel vom Arbeitgeber zu bezahlen ist, muss im Blick behalten werden, dass eine unzulässige Begünstigung strafbar ist. Die Gewährung von Leistungen jeder Art, die betrieblich nicht erforderlich sind, ist untersagt.

Streitfaktor externe Berater

Während es noch relativ einfach zu entscheiden ist, wann Beratungsleistungen erforderlich sind, beginnt der Streit oft beim damit verbundenen Kostenaufwand. Im Jahr 2005 wurde ein Tagessatz von 1.700 Euro für das Hinzuziehen eines Betriebswirts als marktübliches Honorar gerichtlich abgesegnet. Heute dürften Tagessätze von 2.000 bis 2.500 Euro üblich sein.

Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, markiert der RVG-Satz in der Regel die Grenze des Erforderlichen. Stundensatzvereinbarungen werden von der Rechtsprechung nicht akzeptiert. In der Praxis sind Vergütungen von anwaltlichen Beratern des Betriebsrats auf RVG-Basis dennoch unüblich geworden. Stattdessen werden Stundensätze zwischen 250 bis 300 Euro bezahlt.

Schaltet der Betriebsrat einen externen Berater ein, sollte er dies im Vorfeld mit dem Arbeitgeber abstimmen, um Haftungsfallen zu vermeiden. Zwingend notwendig ist dies nach § 80 Abs. 3 BetrVG jedoch nicht. Umgekehrt ist der Arbeitgeber in der Regel gut beraten, dem Betriebsrat einen Anwalt an die Seite zu stellen, der in der Materie versiert ist, auch wenn dies auf Stundensatzbasis erfolgt.

Größere Unternehmen stellen Betriebsräten häufig eine Art „Dispositionsfonds″ für Rechtsberatungskosten zur Verfügung, dessen Höhe sich an den durchschnittlichen Kosten aus der Vergangenheit orientiert. Über den Fonds muss der Betriebsrat aber in regelmäßigen Abständen abrechnen. Dies sollte in einer Rahmenvereinbarung geregelt werden.

Grenzen der Betriebsratsansprüche

Betriebsratstätigkeit hat viel mit „Papierkram″ zu tun. Daher hat der Betriebsrat ab einer gewissen Größe Anspruch auf Überlassung einer Schreibkraft beziehungsweise eines Assistenten für Büroarbeiten. Problematisch ist allerdings die Zuweisung eines nicht freigestellten Betriebsratsmitglieds für „Hilfstätigkeiten″. Dadurch würde der Arbeitgeber eigenmächtig – ohne eine vorhergehende Wahl nach dem Verhältnisgrundsatz innerhalb des Betriebsrats – dem Betriebsrat einen Mitarbeiter zur Seite stellen, der ihm nach § 38 BetrVG nicht zusteht. Das könnte eine unzulässige Begünstigung darstellen.

Fazit: Gesunder Menschenverstand gefragt

In der täglichen Personalarbeit hilft oft der gesunde Menschenverstand, den richtigen Mittelweg zu finden. Bei der Gewährung von Leistungen an den Betriebsrat sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen aber nicht außen vor bleiben: Zum einen im berechtigten Kosteninteresse des Unternehmen, zum anderen wegen der denkbar unangenehmen Folgen für den Einzelnen, die bis hin zur Strafverfolgung gehen können.

 

Unsere Autorin hat kürzlich gemeinsam mit Dr. Claudia Rid einen ausführlichen Beitrag zu diesem Thema in einer Sonderveröffentlichung von Personalmagazin und BVAU publiziert.

Tags: Betriebsrat Betriebsratstätigkeit Betriebsratswahl externer Berater Freistellungsanspruch Sachverständige Schulung unzulässige Begünstigung