25. November 2014
Schatten von Personen
Arbeitsrecht

Scheinselbständigkeit kann teuer werden

Scheinselbständigkeit beschäftigt nicht nur die Bundesregierung. Aufgrund hoher Strafen sollten Unternehmen das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Das Thema „Scheinselbstständigkeit″ bleibt auf der Tagesordnung. Zuletzt sah sich auch die Bundestagsverwaltung mit den Konsequenzen konfrontiert, die mit der Beschäftigung von (vermeintlich) freien Mitarbeitern einhergehen können.

Die Deutsche Rentenversicherung fordert rund 1,45 Millionen Euro. Die Verwaltung habe in 43 Fällen keine entsprechenden Abgaben gezahlt, obwohl die „freien″ Mitarbeiter faktisch wie eigene Arbeitnehmer eingesetzt worden seien.

Die Frage, wer als Arbeitnehmer und wer als freier Mitarbeiter tätig wird, lässt sich nicht pauschal nach der ausgeübten Tätigkeit beurteilen. Vielmehr bedarf es einer Prüfung, die sämtliche Umstände des Einzelfalls würdigt.

Grad der persönlichen Abhängigkeit entscheidend

Arbeitnehmer unterscheiden sich von freien Mitarbeitern durch den Grad ihrer persönlichen Abhängigkeit, in der sie sich gegenüber dem Arbeitgeber befinden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Arbeitnehmer, wer seine Dienste im Rahmen einer vom Arbeitgeber bestimmten Arbeitsorganisation erbringt und dabei dessen umfassendem Weisungsrecht unterliegt. Dieses kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.

Freie Mitarbeiter zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich ihre Arbeitszeit frei einteilen und den Arbeitsort frei wählen können. Zudem steht es ihnen frei, Aufträge abzulehnen. Anders als Arbeitnehmer tragen sie ein eigenes unternehmerisches Risiko.

Bei der oftmals komplexen Abgrenzung sind die tatsächlichen Umstände, die die rechtliche Beziehung prägen, ausschlaggebend. Nicht ausschlaggebend ist hingegen, was die Parteien „auf dem Papier″ vereinbart haben, vielleicht aber – möglicherweise auch geplant und beabsichtigt – abweichend leben.

Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren möglich

Sind bei einem Arbeitgeber vermeintlich freie Mitarbeiter wie eigene Arbeitnehmer eingesetzt und eingegliedert, kann dies erhebliche arbeits-, sozialversicherungs- und sogar strafrechtliche Konsequenzen haben. Denn der Arbeitgeber hätte für die betreffenden Scheinselbständigen Sozialabgaben (Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) abführen müssen.

Da die entsprechenden Ansprüche regelmäßig erst vier Jahre später verjähren (und sogar erst bis zu 30 Jahre später bei Vorsatz), kommen innerhalb weniger Jahre erhebliche Summen zusammen. Nach den bislang in den Medien veröffentlichten Zahlen belaufen sich diese im Fall der Bundestagsverwaltung auf rund 35 000 Euro pro „freien″ Mitarbeiter.

Aufgrund der haftungs- und vor allem strafrechtlichen Risiken (Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren bei der vorsätzlichen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen), die die Geschäftsführung höchstpersönlich treffen, sollten Unternehmen das Thema Scheinselbständigkeit nicht auf die leichte Schulter nehmen. Vielmehr sollten sie sich rechtzeitig mit der Frage befassen, ob die von ihnen beauftragten Selbständigen auch wirklich frei sind. Dies gilt besonders bei Trägern der öffentlichen Verwaltung.

Scheinselbständigkeit kann man prüfen lassen

Um das Risiko aus einer etwaigen Scheinselbständigkeit zu begrenzen, kann bei Unsicherheiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der eingesetzten Mitarbeiter die Clearing-Stelle der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a Sozialgesetzbuch (SGB IV) angerufen werden, um ihren Status feststellen zu lassen.

Die Versicherungspflicht tritt dabei grundsätzlich erst mit Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Antrag innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird. Ob die Einleitung eines Verfahrens tatsächlich sinnvoll ist, kann allerdings nur im Einzelfall beurteilt werden – pauschal und uneingeschränkt ist dies nicht zu empfehlen.

 

Tags: Bundesregierung Freiheitsstrafe persönliche Abhängigkeit Scheinselbständigkeit Versicherungspflicht