28. Januar 2016
Tarifzuständigkeit DGB-Gewerkschaften
Arbeitsrecht

Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit – Erfurt hält sich (noch) bedeckt!

Die Frage nach der Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit bleibt nach einer aktuellen Entscheidung des BAG weiter offen.

Immer wieder ist in der Vergangenheit die Frage aufgeworfen worden, ob die DGB-Gewerkschaften für die Arbeitnehmerüberlassung überhaupt tarifzuständig sind. Inzwischen ist die Frage der Tarifzuständigkeit beim BAG „angelandet″, das sich am 26. Januar 2016 mit dieser befasst hat (Az. 1 ABR 13/14).

Hintergrund: Folgen einer Tarif(un)zuständigkeit

Nur wenn eine Tarifzuständigkeit bejaht werden kann, sind die von der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit mit den Arbeitgeberverbänden BAP (bzw. dessen Rechtsvorgänger BZA) und iGZ jeweils geschlossenen Tarifverträge wirksam zu Stande gekommen. Als Folge kann durch deren Anwendung auf die Arbeitsverhältnisse mit den eingesetzten Zeitarbeitnehmern vom equal pay-Grundsatz abgewichen werden.

Sollte die Tarifzuständigkeit für sämtliche oder einzelne DGB-Gewerkschaften verneint werden, hat dies Auswirkungen auf die vereinbarten Tarifverträge. Diese könnten ganz oder zumindest teilweise unwirksam sein. Folge wäre, dass der equal pay-Grundsatz nicht wirksam abbedungen worden wäre und erhebliche Nachforderungen der Zeitarbeitnehmer und insbesondere der DRV drohen würden.

Das seinerzeit die Anwender der CGZP-Tarifverträge treffende „Schicksal″ würde sich in diesem Fall in vergleichbarer Art und Weise auch auf Personaldienstleister erstrecken, die auf die „guten″ Tarifverträge mit den DGB-Gewerkschaften gesetzt haben. Dies würde – mehr oder weniger – die gesamte Branche betreffen.

Frage nach der Tarifzuständigkeit beim BAG

Dem Verfahren vor dem BAG lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde:

Zwischen dem antragstellenden Zeitarbeitnehmer und dem Einsatzunternehmen, einem IT-Dienstleister, ist vor dem ArbG Nürnberg ein Verfahren über die Erteilung einer Auskunft nach § 13 AÜG anhängig. Der Arbeitnehmer war vom 09. Oktober 2006 bis zum 30. Juni 2009 von seiner damaligen Arbeitgeberin, einem Personaldienstleister, an den IT-Dienstleister überlassen worden.

Das ArbG Nürnberg hat den Rechtsstreit ausgesetzt, um in einem gesonderten Verfahren klären zu lassen, ob die DGB-Gewerkschaften und die DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung für die im Zeitraum vom 09. Oktober 2006 bis zum 30.09.2009 geltenden Tarifverträge (MTV, ERTV und ETV) – abgeschlossen mit dem BZA – tarifzuständig sind.

Bisher keine endgültige Entscheidung des BAG

Vor dem ArbG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 06.06.2013 – 20 BV 78/13) und Hess. LAG (Beschl. v. 16.01.2014 – 9 TaBV 127/13) hatte der Zeitarbeitnehmer mit dessen Anträgen keinen Erfolg. Das BAG hat den zweitinstanzlichen Beschluss – zumindest im Ergebnis – bestätigt.

Laut Pressemitteilung hat der 1. Senat allerdings keine Entscheidung in der Sache getroffen. Die Anträge sind aus prozessualen Gründen zurückgewiesen worden. Der Aussetzungsbeschluss aus Nürnberg bildete die Grundlage des beim BAG anhängigen Verfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG. Dieser soll jedoch zu unbestimmt gewesen sein.

Weiteres Verfahren zur Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften

Letztlich steht eine höchstrichterliche Klärung der Frage über die Befähigung der DGB-Tarifgemeinschaft, wirksam Tarifverträge für die Zeitarbeit abzuschließen, nach wie vor aus. Für die Branche zumindest keine schlechten Neuigkeiten.

Nach dem Spiel ist bekanntermaßen aber immer auch vor dem Spiel: das BAG – diesmal vor dem 4. Senat – hat jüngst einen Termin für den 13. April 2016 anberaumt, in dem es auch um die Tariffähigkeit/-zuständigkeit der DGB-Gewerkschaften und die rechtliche Einordnung der von diesen geschlossenen Tarifverträgen (mehrgliedrig/einheitlich) gehen könnte (Az. 4 AZR 995/13).

Es handelt sich dabei um ein „klassisches″ equal pay-Verfahren; das LAG Nürnberg hat in der zweiten Instanz erklärt, dass es keine Zweifel an der Tariffähigkeit/-zuständigkeit habe und dass es auch die Bezugnahmeklausel auf die BZA/DGB-Tarifverträge als wirksam ansehe (vgl. Urt. v. 11.10.2013 – 3 Sa 699/10; dazu: Bissels, jurisPR-ArbR 25/2014 Anm. 1).

Sollte das BAG über den Rechtsstreit tatsächlich entscheiden, bleibt zu hoffen, dass sich die vom LAG Nürnberg vertretenen Ansichten – zumindest im Ergebnis – als tragfähig erweisen. Die Blicke der Branche werden sich spätestens im April 2016 wieder nach Erfurt richten. Über den Ausgang des Verfahrens werden wir selbstverständlich berichten.

Über die Einzelheiten zu diesem Verfahren berichten wir in der Januar-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie mir bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com).

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