6. August 2015
Dokumentationspflicht MiLoG
Arbeitsrecht

Trotz neuer Verordnung zum MiLoG: Kein Ende des „Dokumentationswahns″

Neue Verordnung zum MiLoG sieht "gelockerte" Dokumentationspflichten vor.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Rahmen einer „Bestandsaufnahme″ zum MiLoG mit dem Titel „Der Mindestlohn wirkt″ kürzlich Änderungen im Hinblick auf das bereits vor seiner Einführung heftig diskutierte MiLoG angekündigt. Durch den Erlass einer neuen, die bisherige Regelung ablösenden, Rechtsverordnung hat das BMAS von der ihm durch das MiLoG (vgl. § 17 Abs. 3 MiLoG) eingeräumten Möglichkeit, die Dokumentationspflichten durch den Erlass einer Rechtsverordnung zu erweitern oder einzuschränken, mit Wirkung zum 01. August 2015 Gebrauch gemacht und die Dokumentationspflichten – jedenfalls auf den ersten Blick – gelockert. Daneben ließ man verlautbaren, die Auftraggeberhaftung zu konkretisieren und weitere Anpassungen zu prüfen, die im Zusammenhang mit dem MiLoG und dessen Umsetzung stehen. So soll in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Justiz der Begriff des Ehrenamtes definiert werden.

Dokumentationspflicht im MiLoG gelockert

Nach § 17 MiLoG sind bestimmte (in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannte) Branchen, u.a. das Bau-, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, die Speditions-, Transport- und die damit verbundenen Logistikbranchen, verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit zu dokumentieren und die entsprechenden Unterlagen zwei Jahre aufzubewahren.

Die gleichen Pflichten gelten zudem – branchenunabhängig – bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (sog. Mini-Jobber nach § 8 Abs. 1 SGB IV) außerhalb von Privathaushalten. Nur ein gutes halbes Jahr nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns erlässt das BMAS zur Konkretisierung der Dokumentationspflichten bereits die zweite Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung (MiLoDokV), da die erste (Ausgangs-)Fassung den Ansprüchen und Gegebenheiten des Wirtschaftslebens offenbar nicht gerecht wurde. Bislang galt einheitlich, dass die Dokumentationspflicht nach 17 MiLoG nicht beachtet werden musste, wenn den vom Geltungsbereich der Vorschrift erfassten Arbeitnehmern ein verstetigtes regelmäßiges Bruttomonatsentgelt von mehr als 2.958,00 € gezahlt wurde und die Pflichten nach § 16 Abs. 2 ArbZG zur Aufzeichnung der Arbeitszeit und zur Aufbewahrung dieser Aufzeichnungen tatsächlich erfüllt wurden.

Die ab dem 01. August 2015 geltende MiLoDokV sieht nun vor, dass die umfangreiche (und insbesondere über die Vorschriften des ArbZG hinausgehende) Dokumentationspflicht nach § 17 MiLoG zudem nicht mehr zu beachten sein sollen, wenn ein Arbeitnehmer ein verstetigtes monatliches Einkommen vom mehr als 2.000,00 € brutto/Monat erhält und dieses jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten 12 Monate nachweislich gezahlt wurde. Zudem sind bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers) die Aufzeichnungspflichten – unabhängig vom monatlichen Einkommen – nicht mehr anzuwenden.

Lockerung der Dokumentationspflichten geht ins Leere

Das BMAS argumentiert, dass man bei einer Bruttovergütung von 8,50 €/Stunde im Monat maximal 2.958,00 € verdienen könne – wenn man extrem viele Überstunden leiste. Durch entsprechende Aufzeichnungspflichten sieht sich das BMAS in der Lage, Missbrauch auch bei langen Arbeitszeiten zu verhindern. Da dieser vor allem bei saisonalen Beschäftigungsverhältnissen bzw. solchen mit stark schwankenden Arbeitszeiten auftrete und es gerade hier deutliche Hinweise auf Versuche gebe, den Mindestlohn durch fehlende oder falsche Aufzeichnungen zu umgehen, werde der höhere „Schwellenwert″ i.H.v. 2.958,00 € für die Befreiung von den Dokumentationspflichten in diesen Fällen beibehalten.

Im Ergebnis dürfte die vermeintliche Lockerung der Dokumentationspflicht in den bisher schon „mindestlohnrelevanten″ Arbeitsverhältnissen bei einer Vergütung von nur knapp 8,50 € brutto/Zeitstunde regelmäßig ins Leere gehen. Es bleibt daher abzuwarten, wie viele Unternehmen durch diese Änderung tatsächlich im Hinblick auf den mit den Dokumentationspflichten einhergehenden „Bürokratiewahn″ entlastet werden. Zudem dürften neue Probleme und Unklarheiten entstehen, weil nicht klar ist, wie Zeiten von Krankheit, Schwangerschaft und Elternzeit bewertet werden. Der Verwaltungsaufwand dürfte sich durch die entsprechende Überprüfung derartiger Fälle und die Abgrenzung, welcher Schwellenwert im Einzelfall der „richtige″ ist, evtl. sogar noch erhöhen.

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