9. März 2016
Justizstandort Deutschland
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Symposium: Sind wir fit für den globalen Wettbewerb?

Die Initiative Rechts- und Justizstandort Bayern lud ein: „Recht als Standortvorteil: BGB und Aktenbock – Sind wir fit für den globalen Wettbewerb?“

In der Jubiläumsveranstaltung am 3. März 2016 wurde der Justizstandort Deutschland im Allgemeinen und Bayern im Besonderen einer kritischen Bestandsaufnahme unterzogen.

Das Symposium widmete sich dabei insbesondere den drängenden Zukunftsthemen der Zeit, wie etwa der Globalisierung von Rechtsmärkten, der Privatisierung von Rechtsprechung – insbesondere durch Schiedsgerichte –, oder auch der Digitalisierung des Rechtswesens.

Welche Rolle kommt dabei dem Justizstandort Deutschland zu? Welche Anforderungen resultieren daraus für die Justizorganisation und -verwaltung von morgen? Was wurde schon erreicht und wo muss noch nachgebessert werden?

Podiumsdiskussion zum Justizstandort Deutschland im internationalen Vergleich

In dem Panel zum Thema „New York – Shanghai – London – … und dann lange nichts? – Wo steht der Rechtsstandort Bayern?“ diskutierten hochkarätige Repräsentanten aus Wirtschaft, Universität, Justiz, Anwaltschaft und Verbänden.

Moderiert wurde die Diskussion von Thorsten Otto vom Bayerischen Rundfunk. Diskutiert haben Professor Dr. Winfried Bausback (Bayerischer Staatsminister der Justiz und Mitglied des Bundestags), Dr. Frank Rahmstorf (Geschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.- vbw), Peter Driessen (Hauptgeschäftsführer des BIHK), Walter Groß (Vorsitzender des Bayerischen Richtervereins) und Professorin Dr. Eva-Maria Kieninger (JMU Würzburg und Dekanin der Juristischen Fakultät). Von mir wurde die anwaltliche Perspektive beleuchtet.

Nach der übereinstimmenden Bewertung der Panelteilnehmer genießt der Justizstandort Deutschland – und insbesondere Bayern – international einen sehr guten Ruf.

Potential zur weiteren Verbesserung wurde unter anderem in den Bereichen Internationalisierung, Gerichtsorganisation und Ausstattung erkannt.

Internationale Vollstreckbarkeit von Gerichtsentscheidungen

Die Panelisten stimmten darin überein, dass der Justizstandort Deutschland gestärkt und international an Bedeutung gewinnen kann, wenn die Durchsetzbarkeit von deutschen Gerichtsurteilen im Ausland weiter verbessert wird – etwa durch Abschluss von multi- oder bilateralen völkerrechtlichen Abkommen.

Insbesondere im Rechtsverkehr mit wichtigen außereuropäischen Industriestaaten, wie Russland, China oder auch Indien scheitere die Durchsetzung von inländisch titulierten Forderungen häufig daran, dass es an praxistauglichen Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren für deutsche Gerichtsentscheidungen im Ausland fehle.

Wenn die staatliche Justiz mit der Schiedsgerichtsbarkeit in Zukunft besser konkurrieren soll, müssten vergleichbare Durchsetzungsmechanismen zur Verfügung gestellt werden. Hier sei die Politik gefragt.

Internationalisierung der Justiz: Internationale Handelskammern

Internationale Rechtsstreitigkeiten würden auch deshalb bevorzugt vor US-amerikanischen, britischen oder auch zunehmend asiatischen (Schieds-) Gerichten ausgetragen, weil die Parteien dort auf Englisch verhandeln können.

Vor diesem Hintergrund wurde der Forderung nach Schwerpunktgerichten als Kammern für internationale Handelssachen erneut Nachdruck verliehen, vor denen ausschließlich oder zumindest ergänzend auf Englisch verhandelt werden kann. Die gesetzgeberische Initiative auf Bundesebene dazu wurde begrüßend aufgenommen.

Richterausbildung und Spruchkörperbesetzung

Deutsche Richter sind im internationalen Vergleich sehr gut ausgebildet. Es bestünden jedoch noch zu wenige Möglichkeiten zur gezielten Spezialisierung. Auch die Karriereplanung in der Justiz sei verbesserungsfähig.

Diskutiert wurden auch Forderungen nach einer Entlastung des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen – sei es durch eine mögliche Hinzuziehung weiterer Berufsrichter oder durch eine Reduzierung der Fallzahlen. Die Besetzung der Kammer für Handelssachen mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern führe dazu, dass die juristische Aufarbeitung eines Rechtsstreits alleine dem Vorsitzenden Richter obliege, was gerade bei komplexen Wirtschaftsstreitigkeiten eine kaum zu bewältigende Herausforderung darstellen kann.

Justiz im Zeitalter der Digitalisierung: iPad, iCar – iLaw?

Die Digitalisierung macht auch vor dem Rechtswesen nicht halt. Der elektronische Gerichtsverkehr, der schrittweise eingeführt wird, sei ein erster wichtiger Schritt in Richtung digitale Zukunft.

Möglich ist, dass die Rechtsberatung der Zukunft teilweise von Computern übernommen wird, die den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten durch statistische Erfassung der einschlägigen Rechtsprechung vorhersehen können. Die Diskutanten stimmten jedoch darin überein, dass der Mensch bei der Rechtsfindung auch im Zeitalter der Digitalisierung unverzichtbar ist und jedenfalls absehbar auch bleiben wird.

Zukunft heute gestalten

Die digitale und globalisierte Zukunft des Rechtswesens hat spätestens mit dem neuen Jahrtausend begonnen. Welche Anforderungen sie an die deutsche Justiz stellen wird, ist heute noch nicht abschließend absehbar.

Wer nicht von der Zukunft überholt werden will, darf nicht auf sie warten. Das gilt für die Politik und die Justiz gleichermaßen. Ein berühmter amerikanischer Jurist, der erst spät in die Politik wechselte, hat es einst so formuliert: „The best way to predict the future is to create it″ (Abraham Lincoln).

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