3. Dezember 2015
Energierecht, Erneuerbare Energien-Richtlinie
Energiewirtschaft & Klimaschutz

Erneuerbare Energien-Richtlinie revisited: Konsultationsverfahren eröffnet

Seit dem 24. November 2015 läuft vor der EU-Kommission ein Konsultationsverfahren zur Neufassung der Erneuerbare Energien-Richtlinie RL 2009/28/EG.

Hintergrund des Konsultationsverfahrens ist die neue Zielvorgabe für die erneuerbaren Energien, die der Europäische Rat bereits im Oktober 2014 beschlossen hatte: Bis 2030 soll der Anteil von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch unionsweit mindestens 27% betragen.

Da die aktuelle Erneuerbare Energien-Richtlinie RL 2009/28/EG (EERL) sich noch am bis 2020 gültigen Ziel von 20% erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch sowie von 10% erneuerbarer Energien im Verkehrssektor orientiert, ist eine Aktualisierung erforderlich.

Entsprechend soll die neue Erneuerbare Energien-Richtlinie, die EERL II, den Rechtsrahmen jetzt mit Blick auf die neuen Ziele anpassen. Wie diese Ziele konkret erreicht und in europäisches Recht umgesetzt werden können, ist Gegenstand der Konsultation.

Keine bindenden nationalen Zielvorgaben

Nach der gültigen Beschlusslage des Europäischen Rates sollen die für die EU verbindlichen Ziele für 2030 – anders als noch für 2020 – nicht durch bindende nationale Vorgaben erreicht werden. Bisher sieht die Erneuerbare Energien-Richtlinie einen für jeden Mitgliedsstaat verbindlich festgesetzten Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch vor, der bis 2020 erreicht werden muss.

Für die Zeit nach 2020 soll ein sog. Governance System entwickelt werden, dessen Eckpunkte der Rat der Europäischen Union am 26. November 2015 beschlossen hat. Dieses System soll im Wesentlichen auf nationalen Energie- und Klimaplänen, alle zwei Jahre zu erstellenden Fortschrittsberichten und einem europäischen Monitoring beruhen. Hierfür soll die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten einheitliche Vorlagen und Indikatoren entwickeln.

Themen im Fokus der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat für die Konsultation verschiedene Themen und Faktoren herausgearbeitet, die sie als besonders relevant für die effektive Umsetzung der Ziele bei der Neufassung der Erneuerbare Energien-Richtlinie betrachtet. Sie fordert Marktteilnehmer und EU-Bürger auf, anhand eines Fragenkatalogs insbesondere zu diesen Themen Stellung zu beziehen:

  • Systemausgestaltung

Zentrales Ziel der EU-Kommission ist es, ein System zu entwickeln, in dem trotz des Verzichts auf verbindliche nationale Zielvorgaben sichergestellt werden kann, dass die EU den Anteil von mindestens 27% erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch tatsächlich erreicht. Maßnahmen sollen nicht nur auf europäischer und nationaler Ebene erfolgen, sondern auch auf Basis regionaler, d.h. mehrere Mitgliedstaaten umfassender Fördersysteme. Der Anteil erneuerbarer Energien soll dabei kosteneffizient und nachhaltig gesteigert werden, wozu auch eine marktgerechte Förderung neuer und innovativer Technologien erfolgen soll.

  • Rolle der Energieverbraucher

Besondere Beachtung verdient nach dem Verständnis der EU-Kommission der Einfluss der Verbraucher auf das Energiesystem. So sollen Verbraucher in die Lage versetzt werden, den Übergang zu einem nachhaltigen Energiesystem voranzutreiben. Hier stellt sich die Frage, welche Anreize für den Verbrauch von aus erneuerbaren Quellen erzeugter Energie gesetzt werden können. Ein wesentliches Thema ist auch die Bedeutung des Eigenverbrauchs.

  • Stärkung erneuerbarer Energien im Wärme- bzw. Kältesektor

Potential für eine Stärkung der erneuerbaren Energien sieht die EU-Kommission in besonderem Maße im Wärme- bzw. Kältesektor, auf den nahezu die Hälfte des europaweiten Energieverbrauchs entfällt. Hier werden derzeit EU-weit noch zu ca. 80-90% fossile Energien eingesetzt. Entsprechend stellt sich die Frage, wie eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien erfolgen kann. Handlungsbedarf diagnostiziert die EU-Kommission insbesondere im Bereich der Fernwärme.

  • Anpassung der Marktgestaltung und Beseitigung von Markthindernissen

Auch bei der Regulierung und der Marktgestaltung sieht die EU-Kommission Verbesserungsbedarf. So gehen die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Energieerzeugung nach Auffassung der EU-Kommission nur unzureichend in die Preisgestaltung ein. Unzufrieden ist die EU-Kommission zudem mit der bislang stark national ausgerichteten Marktstruktur. Hier strebt sie die Beseitigung von Markthindernissen an, die einer stärkeren Harmonisierung des Marktes entgegenstehen. Sie wirft daher die Frage auf, inwieweit Bedarf nach weiterer Vereinheitlichung der Gesetzgebung besteht.

  • Stärkung erneuerbarer Energien im Verkehrssektor

Abschließend stellt die EU-Kommission den Beitrag erneuerbarer Energien zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes im Verkehr zur Diskussion. Auch hier wirft sie die Frage auf, in welcher Form eine stärkere Einbeziehung – insbesondere über Biotreibstoffe, Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien mittels Batteriespeichern oder Wasserstoffantriebe – erfolgen kann und welche Hindernisse derzeit einer stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien im Verkehr im Wege stehen.

Neufassung der Erneuerbare Energien-Richtlinie von erheblicher Bedeutung für die Branche

Die Erneuerbare Energien-Richtlinie II wird für die Periode 2021 bis 2030 den Rechtsrahmen für die Förderung und den Einsatz erneuerbarer Energien auf europäischer Ebene bilden. Entsprechend enthält sie auch die für das nationale Recht der nächsten fünfzehn Jahre maßgeblichen Weichenstellungen. Sie wird somit auf lange Sicht den Markt der Energien aus erneuerbaren Quellen prägen.

Vor diesem Hintergrund ist den Marktteilnehmern anzuraten, ihre Interessen möglichst frühzeitig in die europäischen Entscheidungsprozesse einzubringen. Das aktuelle Konsultationsverfahren zur Neufassung der Erneuerbare Energien-Richtlinie gibt ihnen hierfür noch bis zum 10. Februar 2016 Gelegenheit.

 

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