13. Januar 2017
Konni Gas 2.0
Energiewirtschaft & Klimaschutz

Konni Gas 2.0: Konvertierung von Erdgas in qualitätsübergreifenden Marktgebieten

Konni Gas 2.0: Mit Beschluss vom 21. Dezember 2016 hat die Bundesnetzagentur die alte Festlegung Konni Gas 1.0 in Teilen widerrufen und geändert.

Der technische Betrieb der Gasnetze in den beiden deutschen Marktgebieten erfolgt unterschieden nach den beiden Gasqualitäten H- und L-Gas. Gleichwohl können die Transportkunden das jeweilige Marktgebiet qualitätsübergreifend ohne Einschränkungen nutzen.

Zum physischen Ausgleich können sog. Konvertierungsmaßnahmen wie z.B. Gasmischung oder Einsatz von Regelenergie erforderlich werden.

Mit Konni Gas 2.0 passt Bundesnetzagentur die bestehende Festlegung an

Die Regelungen für eine solche Konvertierung finden sich in der Festlegung der Bundesnetzagentur („BNetzA“) vom 27. Februar 2012 („Konni Gas 1.0“). Wesentliche Bestandteile sind die Erhebung eines Konvertierungsentgelts und einer Konvertierungsumlage. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2016 hat die BNetzA diese Festlegung in Teilen widerrufen und geändert („Konni Gas 2.0“).

Teil von Konni Gas 2.0 sind auch die geänderten Regelungen zum sog. Standardvertrag, die von den Marktgebietsverantwortlichen („MGV“) in den von ihnen genutzten Bilanzkreisverträgen mit den Bilanzkreisverantwortlichen („BKV“) umzusetzen sind.

Hintergrund des im Februar 2016 eingeleiteten Festlegungsverfahrens waren Anträge der beiden MGV NetConnect Germany GmbH & Co. KG und GASPOOL Balancing Services GmbH. Sie hatten zum Ziel, das bis zum 31. März 2017 befristete Konvertierungssystem dauerhaft beizubehalten. Als Grund hierfür wurde der zunehmende Mangel an L-Gas insbesondere aus den Niederlanden genannt. Dieser gefährde die Versorgungssicherheit. Deshalb müsse das Entgelt für die Konvertierung von H- in L-Gas aufrechterhalten bleiben. Dies biete einen Anreiz für die BKV, ihre Bilanzkreise qualitätsspezifisch zu bewirtschaften.

Die nach kontroverser Konsultation der Marktbeteiligten nunmehr erlassene Konni Gas 2.0 schreibt das existierende Konvertierungssystem im Grundsatz fort. Allerdings haben sich die Spielregeln in einigen Bereichen geändert. Diese Änderungen werden auch in der Kooperationsvereinbarung Gas umzusetzen sein.

Beibehaltung des ex-ante-Konvertierungsentgelts, aber nur für Konvertierung von H- in L-Gas

Konni Gas 2.0 gilt ab dem 1. April 2017 auf unbestimmte Zeit. Das System eines ex-ante-Konvertierungsentgelts wird beibehalten. In der Konsultation wurde auch die Variante eines ex-post-Entgelts diskutiert und von einigen Marktteilnehmern gefordert. Vor allem wegen der höheren Planungssicherheit sowie des geringeren Implementierungsaufwands hat sich die BNetzA jedoch für das ex-ante-System entschieden.

Anders als bisher wird aber nur noch die Konvertierung von H- in L-Gas erfasst. Eine Verhaltenssteuerung durch ein Entgelt für die Konvertierung in die entgegengesetzte Richtung ist laut BNetzA nicht mehr erforderlich.

Konvertierungsentgelt mit Obergrenze, aber ohne Absenkungspfad

Die Obergrenze des Konvertierungsentgelts wird in Konni Gas 2.0 auf 0,045 ct pro kWh festgelegt. Dies entspricht dem Mittelwert der in beiden Marktgebieten seit dem 1. Oktober 2015 geltenden Obergrenzen. Eine Überschreitung der Obergrenze ist ausnahmsweise möglich, wenn dies zwingend erforderlich ist. Sie ist durch die BNetzA zu genehmigen. Die bisher von Konni Gas 1.0 vorgesehene grundsätzliche Abschmelzung des Entgelts auf null zum 30. September 2016 wird aufgehoben.

Das Konvertierungsentgelt ist laut BNetzA nicht kosten-, sondern mit Blick auf eine Verhaltenssteuerung der BKV anreizorientiert zu ermitteln. Davon unabhängig leistet es aber faktisch einen Beitrag zur Kostendeckung der MGV. Bei seiner Bemessung ist zu berücksichtigen, dass die MGV nicht in die Rolle des Beschaffers der L-Gas-Absatzmengen gedrängt werden dürfen. Dies soll laut BNetzA Aufgabe der BKV bleiben. Anfang 2016 habe die Beistellung von L-Gas zur Versorgung von L-Gas-Kunden durch einen MGV bis zu 90% betragen. Angesichts dieser kritischen Tendenz müsse das Entgelt für eine Konvertierung von H- nach L-Gas beibehalten werden. Die Einschätzung, dass eine künftige Gefährdung der Versorgungssicherheit nicht auszuschließen sei, wurde in der Konsultation allerdings nicht von allen Teilnehmern geteilt. 

Konvertierungsumlage mit Berücksichtigung eines Liquiditätspuffers

Die Konvertierungsumlage wird in Konni Gas 2.0 aufrechterhalten. Anders als beim Konvertierungsentgelt wird die Höhe der Umlage aber kostenorientiert ermittelt. Es gilt das Prinzip der Ergebnisneutralität. Durch die Konvertierungsumlage sollen die Kosten des Konvertierungssystems gedeckt werden, die nicht durch das Konvertierungsentgelt erlöst werden.

Allerdings wird den MGV nunmehr ermöglicht, bei der Ermittlung der Höhe der Umlage die Bildung eines sog. Liquiditätspuffers zu berücksichtigen. Dieser soll starke Schwankungen der Umlage von einem Geltungszeitraum zum nächsten vermeiden. Außerdem soll er es den MGV ermöglichen, angemessene finanzielle Mittel zum Ausgleich von Prognoserisiken vorzuhalten. Von detaillierten Vorgaben hat die BNetzA im Interesse ausreichender Spielräume der MGV abgesehen.

Viele Marktbeteiligte hatten bereits vor und auch in der Konsultation von Konni Gas 2.0 gefordert, dass die Erhebung der Umlage auf die Ausspeise- statt auf die Einspeisemengen bezogen werden sollte. Weiterhin wurde eine Ausnahme von der Umlage für Ein- bzw. Ausspeisemengen an Gasspeichern gefordert. Die BNetzA hat beiden Petita mit Konni Gas 2.0 eine Absage erteilt. Der Bezug auf die Einspeisungen ins Marktgebiet ermögliche eine angemessene Kostenverteilung auf alle Nutznießer der Konvertierung. Eine Benachteiligung deutscher gegenüber ausländischen Speichern durch die Umlage sei nicht zu sehen.

Geltungszeitraum von Entgelt und Umlage von sechs auf zwölf Monate verlängert

Konvertierungsentgelt und -umlage werden gemäß Konni Gas 2.0 von den MGV zunächst für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2017 festgesetzt. Danach beträgt der Geltungszeitraum jeweils zwölf Monate, beginnend mit dem 1. Oktober eines jeden Jahres. Die Verlängerung soll der Planungssicherheit der Marktbeteiligten dienen. Gleichzeitig soll ein Gleichlauf mit dem Geltungszeitraum der Bilanzierungsumlage erreicht werden.

Während des Geltungszeitraums sind die MGV unter engen Voraussetzungen berechtigt, das Konvertierungsentgelt anzupassen. Die Regelungen bei einem Überschreiten der Obergrenze finden hier ebenfalls Anwendung. In der Konsultation wurden die Anpassungs- und die Überschreitungsoption vielfach kritisch gesehen, von der BNetzA aber als Ausnahmeregelungen für notwendig erachtet.

Regeln zum Kosten-Erlös-Abgleich in Konni Gas 2.0 modifiziert

Für den Kosten-und-Erlösabgleich haben die MGV die in einem Geltungszeitraum angefallenen Kosten den erzielten Erlösen gegenüberzustellen. Hierbei entsteht regelmäßig ein Delta. Denn bei der Bestimmung der Höhe von Konvertierungsentgelt und -umlage handelt es sich um Prognoseentscheidungen. In Konni Gas 1.0 wurde dies durch eine Verteilung der Differenzen auf die folgenden max. vier Geltungszeiträume berücksichtigt. Nach Konni Gas 2.0 passen die MGV die Umlage nunmehr unter Einbeziehung des Liquiditätspuffers im jeweils folgenden Geltungszeitraum an. Der Liquiditätspuffer ist auf dem Konvertierungskonto des MGV zu buchen. Aktualisierungen sind bei der monatlichen Veröffentlichung des Kontos darzustellen. Dies dient laut BNetzA als „Disziplinierungsinstrument“ für die MGV.

Im Fall der Erwirtschaftung von Überschüssen durch die MGV enthält Konni Gas 2.0 nunmehr einen zweistufigen Ausschüttungsmechanismus. Überschüsse einer Überschussperiode sollen primär zur Senkung der Konvertierungsumlage und zur Deckung eines prognostizierten Fehlbetrags sowie des Liquiditätspuffers genutzt werden. Überschüsse, die die prognostizierten Fehlbeträge der Folgeperiode übersteigen, sollen ausgeschüttet werden. Eine Ausschüttung erfolgt zunächst an die BKV in Abhängigkeit der von ihnen in der Überschussperiode gezahlten Konvertierungsumlage. Darüber hinaus bestehende Überschüsse werden sodann proportional an die BKV ausgeschüttet, die in der Überschussperiode Konvertierungsentgelte gezahlt haben. Konni Gas 1.0 sah demgegenüber nur eine Anrechnung auf die Konvertierungsentgelte der Folgeperiode vor.

Erweiterte Informationspflichten der MGV dienen der Transparenz und Berechenbarkeit

Neben dem Konvertierungsentgelt ist von den MGV mindestens sechs Wochen vor Beginn des jeweiligen Geltungszeitraums nunmehr auch eine mögliche Ausschüttung an die BKV zu veröffentlichen. Trotz der Kritik, die Vorlauffrist sei zu knapp bemessen, hat die BNetzA in Konni Gas 2.0 hieran im Interesse der Prognosegüte festgehalten.

Weiterhin sind beantragte Anpassungen des Konvertierungsentgelts innerhalb eines Geltungszeitraums von den MGV mit Vorlage bei der BNetzA zu veröffentlichen. Dies soll der Planungssicherheit der Marktbeteiligten dienen. Durchgeführte Anpassungen des Entgelts sind mindestens zwei Tage vor Inkrafttreten zu veröffentlichen.

Anders als derzeit ist der monatliche Saldo des Konvertierungskontos gemäß Konni Gas 2.0 von den MGV schon spätestens fünf Werktage nach Abschluss des jeweiligen Monats auf Basis vorläufiger Daten zu veröffentlichen. Bei Vorliegen der endgültigen Daten erfolgt eine Aktualisierung, spätestens zwei Monate nach dem Abrechnungsmonat. Dasselbe gilt für die Veröffentlichung zu Umfang und Preis der zur physischen Konvertierung eingesetzten Maßnahmen.

Schließlich werden die MGV in Ergänzung zu Konni Gas 1.0 verpflichtet, die täglichen vorläufigen Mengen je Konvertierungsrichtung zu veröffentlichen. Eine Aktualisierung erfolgt, sobald die endgültigen Werte vorliegen. Dies soll den Beteiligten eine Einschätzung des Konvertierungsverhaltens des Marktes ermöglichen.

Zusammenfassend betrachtet hat die Fortschreibung des derzeitigen Systems mit Modifikationen viele Marktbeteiligte nicht wirklich überrascht. Angesichts der kritischen Stimmen während der Konsultation bleibt jedoch abzuwarten, wie Konni Gas 2.0 am Markt angenommen wird.

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