6. Juli 2017
Schlussbilanz
Corporate / M&A

Die Schlussbilanz im Umwandlungsrecht – was ist das eigentlich?

Wer mit Umwandlungen zu tun hat, dem begegnet sie früher oder später: die Schlussbilanz. Unser Beitrag zeigt, wozu sie dient und was zu beachten ist.

Wer eine Verschmelzung oder eine Spaltung zur Eintragung in das Handelsregister anmeldet, muss seiner Anmeldung eine Schlussbilanz beifügen. Bei der Frage, was das ist, hilft ein einfacher Blick ins Gesetz: In § 17 Abs. 2 UmwG hat der Gesetzgeber definiert, welche Merkmale erfüllt sein müssen, damit das Registergericht die Bilanz als Schlussbilanz akzeptiert.

Schlussbilanz dient dem Wertansatz und dem steuerrechtlichen Stichtag

Das Gesetz sagt nichts darüber, wozu der Anmelder eine Schlussbilanz einzureichen hat. Der Umwandlungsstichtag, d.h. der Zeitpunkt, von dem an die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers als bereits für den übernehmenden Rechtsträger vorgenommen gelten, folgt zwingend auf den Stichtag der Schlussbilanz.

Die Schlussbilanz dient somit handelsrechtlich dem Wertansatz des übernommenen Vermögens beim übernehmenden bzw. beim neuen Rechtsträger. Steuerrechtlich dient es der Festlegung des steuerlichen Übertragungsstichtags. Durch diesen wird eine Ergebnisabgrenzung ermöglicht.

Buchwertansatz – ein für die Wirtschaft wichtiges Regelungskonzept

Der Wertansatz kann zu Buchwerten erfolgen, sodass eine Umwandlung nicht zwingend zur Folge hat, dass stille Reserven gehoben werden. Die unter bestimmten Voraussetzungen mögliche Steuerneutralität von Umwandlungsvorgängen ist ein zentrales Element des deutschen Umwandlungsrechts: Die Wirtschaft braucht Möglichkeiten, Unternehmen und Unternehmensgruppen kostengünstig und steuerlich neutral restrukturieren zu können.

Nur so ist gewährleistet, dass die rechtliche Struktur von Unternehmen mit der wirtschaftlichen Unternehmensentwicklung und strukturellen Veränderungen von Branchen und von der Volkswirtschaft Schritt halten kann.

Mit anderen Worten: Umwandlungsrecht dient so auch der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und damit der Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft.

Einreichung der Schlussbilanz als Element des Gläubigerschutzes

Der volkswirtschaftliche Nutzen des Buchwertansatzes begründet indes nicht, weshalb die Schlussbilanz zum Handelsregister einzureichen ist. Zweck dieser Pflicht ist es, den Gläubigern der beteiligten Rechtsträger eine Prüfung zu ermöglichen, ob sie Sicherheit verlangen möchten.

Eine Umwandlung kann nämlich zu einer Verschlechterung der Stellung von Gläubigern der beteiligten Rechtsträger führen. Da sie eine Umwandlung rechtlich nicht verhindern können, schafft das Recht dadurch einen Ausgleich, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen Sicherheit verlangen können. Die Gläubiger können dies prüfen, indem sie Einblick in die Schlussbilanz nehmen.

Inhalt, Aufstellung, Prüfung und Feststellung der Schlussbilanz

Die Schlussbilanz ist inhaltlich im Grunde nichts Besonderes: Sie ist eine Bilanz des übertragenden Rechtsträgers, für die die handelsrechtlichen Vorschriften über die Aufstellung, Prüfung und Feststellung gelten. Das heißt: Wenn der übertragende Rechtsträger der Pflicht zur Abschlussprüfung unterliegt, ist auch die Schlussbilanz nach Aufstellung zu prüfen. Die Schlussbilanz muss außerdem festgestellt sein und von sämtlichen hierzu handelsrechtlich berufenen Personen unterzeichnet sein, zum Beispiel im Falle einer GmbH von sämtlichen Geschäftsführern.

Ist die Schlussbilanz etwas anderes als der letzte Jahresabschluss?

Die Schlussbilanz kann, muss aber nicht der Bilanz im letzten Jahresabschluss entsprechen. Die Praxis strukturiert eine Umwandlung meist so, dass der letzte Jahresabschluss zugleich als Schlussbilanz für die Umwandlung dienen kann.

Das ist eine Frage der Fristen. Das Gesetz sieht nämlich vor, dass der Stichtag der Schlussbilanz nicht mehr als acht Monate vor der Anmeldung der Umwandlung zur Eintragung in das Handelsregister liegen darf. Das heißt, dass ein Unternehmen ab dem Ende eines Geschäftsjahrs acht Monate Zeit bekommt, eine Umwandlung noch auf Basis und mit steuerlicher Rückwirkung auf den letzten Jahresabschluss durchzuführen.

Die Regelung senkt die Transaktionskosten für eine Umwandlung in ganz erheblichem Maße. Liegt kein Jahresabschluss vor, der die Frist von acht Monaten wahrt, muss eine gesonderte Schlussbilanz auf einen entsprechenden Stichtag aufgestellt, ggf. geprüft und festgestellt werden. Das ist umwandlungsrechtlich zulässig, kommt aber wegen der damit einhergehenden Kosten in der Praxis nur selten vor.

Bestimmung der Acht-Monats-Frist – umgekehrte Anwendung der BGB Vorschriften

Zu Unklarheiten führt immer wieder die Frage, wie die Acht-Monats-Frist eigentlich zu bestimmen ist. Wenn zum Beispiel Stichtag der Schlussbilanz der 28. Februar ist, kann die Anmeldung bis 31. Oktober und nicht etwa nur bis zum 28. Oktober eingereicht werden.

Die Schwierigkeit der Bestimmung liegt darin, dass zwar die Vorschriften des BGB entsprechend gelten, jedoch rückwärts angewendet werden müssen: Es wird nicht – wie üblich – vom Stichtag an ein Fristablauf in der Zukunft berechnet, sondern vom Tag der Anmeldung zurückgerechnet auf den frühestmöglichen Stichtag der Schlussbilanz.

Der Super-GAU: Eine zu „alte″ Schlussbilanz

Die Praxis plant Umwandlungsprojekte stets so, dass keine Unklarheit entsteht, ob die Acht-Monats-Frist eingehalten ist. Nichts wäre schlimmer als das Scheitern eines Umwandlungsprojekts, nur weil die Frist nicht eingehalten wurde. So manche Fehler einer Umwandlung sind nämlich heilbar, eine zu „alte″ Schlussbilanz hingegen nicht. Die an einer Umwandlung beteiligten Rechtsträger müssen daher das ganze Projekt neu aufsetzen, wenn das Registergericht feststellt, dass die Schlussbilanz zu „alt″ ist.

Die Schlussbilanz als zentrales Element der steuerlichen und wirtschaftlichen Abgrenzung

Insgesamt ist es also die Schlussbilanz, die eine Umwandlung und die wirtschaftliche und steuerliche Abgrenzung zwischen den an der Umwandlung beteiligten Rechtsträgern mit Leben füllt. Das Umwandlungsrecht macht es den wirtschaftlich an einer Umwandlung Beteiligten leicht, indem es eine Umwandlung auf Basis des – ohnehin aufzustellenden, ggf. zu prüfenden und festzustellenden – Jahresabschlusses als Schlussbilanz ermöglicht.

Dennoch ist im Einzelfall besonders darauf zu achten, dass die gesetzlichen Form- und Fristbestimmungen für eine Schlussbilanz eingehalten werden. Zeigt sich nach der Anmeldung ein nicht heilbarer Fehler der Schlussbilanz, kann die ganze Umwandlung scheitern. Das ist insbesondere ärgerlich und kann auch zu großen Schäden führen, wenn die einzelne Umwandlungsmaßnahme – wie häufig – nur eine Maßnahme einer ganzen Serie von Maßnahmen zur Unternehmensrestrukturierung ist.

Unsere Beitragsreihe stellt wichtige Aspekte rund um das Umwandlungsrecht nach dem UmwG vor. Hier zeigen wir die Möglichkeiten einer Unternehmensumstrukturierung auf, stellen einzelne Aspekte heraus, schildern Herausforderungen und skizzieren die ein oder andere Lösungsidee. Bisher erschienen ist ein Überblick über die umwandlungsrechtliche Verschmelzung, ein Beitrag zum Verschmelzungsvertrag sowie zum Formwechsel. Weiter haben wir die Möglichkeiten im Rahmen einer Unternehmensspaltung, die partielle Gesamtrechtsnachfolge sowie den Ablauf einer Spaltung erläutert. Zuletzt sind wir auf die Schlussbilanz sowie die Besteuerung von Umwandlungen eingegangen und haben die arbeitsrechtlichen Besonderheiten bei der Umwandlung dargestellt.

Tags: Schlussbilanz Umwandlungsrecht UmwG