24. April 2013
SPE
Corporate / M&A International

Fahrt in eine ungewisse Zukunft – die SPE

2011 herrschte noch große Zuversicht, dass der Kanon der europäischen Gesellschaftsformen neben der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), der Europäischen Genossenschaft (SCE) und der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) bald um eine interessante Variante reicher sein würde – die Europäische Privatgesellschaft (SPE).

Als europäisches Pendant zur deutschen GmbH wäre sie für grenzüberschreitend tätige Unternehmen eine interessante Alternative, zumal der Gründungsaufwand nach den bisherigen Plänen sehr überschaubar sein würde. Ein hohes Maß an Vertragsfreiheit böte vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.

Schwierige Kompromissfindung

Doch die Verhandlungen über die Details der SPE innerhalb der EU verlaufen nach wie vor schleppend: So konnten sich 2011 die von der ungarischen Ratspräsidentschaft vorgelegten Kompromissvorschläge nicht durchsetzen. Angesichts der Widerstände in den Mitgliedsstaaten hat die Europäische Kommission das Thema SPE grundsätzlich zur öffentlichen Diskussion gestellt – im Rahmen der Konsultation zur Zukunft des Europäischen Gesellschaftsrechts im Frühjahr 2012.

Mehr als 85 Prozent der insgesamt 496 Teilnehmer äußerten sich inhaltlich zu diesem Abschnitt des Fragebogens und damit sogar 5 Prozent mehr als bei der Frage zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung! Grundsätzlich besteht also erhebliches Interesse an der Zukunft der SPE.

Lieber ein „Europa-Zertifikat″ für nationale Rechtsformen?

Im Ergebnis war die Mehrheit der Befragten für eine Zertifizierung nationaler Rechtsformen, wenn diese bestimmten auf europäischer Ebene festzulegenden Kriterien entsprechen. In der Literatur wird diese Alternative zur Schaffung einer supranationalen Rechtsform schon deswegen kritisch betrachtet, weil es ein völlig neues Instrument im System des europäischen Gesellschaftsrechts wäre. Ganz grundsätzlich wird schon die Kompetenz zur Schaffung eines solchen „Gütesiegels″ für nationale Gesellschaftsformen in Frage gestellt.

An zweiter Stelle sahen die Befragten die Überarbeitung des im Entwurf vorliegenden SPE-Statuts. Dies erschien ihnen sinnvoller als die Überarbeitung der Zwölften Richtlinie Gesellschaftsrecht zur Einführung einer vereinfachten Unternehmenscharta mit Regelungen für die Einmann-Gesellschaft und einer Änderung des Geltungsbereichs des SE-Statuts.

Aktionsplan – Wann folgt die Aktion?

Am 12. Dezember 2012 veröffentlichte die Europäische Kommission daraufhin den „Aktionsplan: Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen″. Darin heißt es:

„Die Kommission wird weiterhin am Follow-up zum SPE-Vorschlag arbeiten, um die grenzübergreifenden Möglichkeiten für KMU zu verbessern.″

Ob das ehrgeizige Ziel einer originär supranationalen Rechtsform dabei weiterhin verfolgt wird, ist offen. Die Europäische Kommission nimmt die Zurückhaltung der Konsultationsteilnehmer ganz explizit zur Kenntnis. Wohl auch deshalb stellt sie nun ganz allgemein Maßnahmen zur Verbesserung des administrativen und regulatorischen Rahmens, in dem kleinere und mittlere Unternehmen tätig sein können, in den Vordergrund, legt sich also noch nicht ansatzweise fest.

In Veröffentlichungen zum Thema stellen Experten ganz offen in Frage, ob für die Ergänzung des Kanons europäischer Gesellschaftsformen tatsächlich ein praktisches Bedürfnis besteht. Angesichts dieser grundsätzlichen Kritik an der Europäischen Privatgesellschaft SPE ist deren Zukunft also weiterhin äußerst ungewiss.

Tags: Europäische Privatgesellschaft Europäisches Gesellschaftsrecht EWIV KMU SE SPE supranationale Rechtsform