14. Juni 2013
Ehrenamtstärkungsgesetz
Private Clients Steuerrecht

Ehrenamtsstärkungsgesetz in Kraft getreten

Am 28. März 2013 ist das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (zuvor auch als Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz bezeichnet) verkündet worden. Die Neuregelungen betreffen insbesondere die gemeinnützigkeits-, spenden- und zivilrechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinnützige Stiftungen und Vereine. Nachfolgend die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Änderungen im Zivilrecht

Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung: Die sogenannte Verbrauchsstiftung („eine Stiftung die für eine bestimmte Zeit errichtet und deren Vermögen für die Zweckverfolgung verbraucht werden soll“) ist künftig zivilrechtlich anerkennungsfähig, soweit die Stiftung für einen im Stiftungsgeschäft festgelegten Zeitraum von mindestens 10 Jahren bestehen soll.

Durch die Ergänzung des § 4 GmbHG um einen Satz 2 wird nunmehr gesetzlich klargestellt, dass eine gemeinnützige GmbH den Rechtsformzusatz „gGmbH“ tragen darf.

Nach dem neuen § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB, der auch auf Stiftungen anzuwenden ist, gilt: „Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig.“ Eine etwaige Vergütung von Organmitgliedern muss damit zukünftig auch zivilrechtlich in der Satzung ausdrücklich vorgesehen werden. Die Neuregelung tritt zum 1. Januar 2015 in Kraft, damit besteht insbesondere für nicht gemeinnützige Stiftungen und Vereine Handlungsbedarf.

Die Haftungsprivilegierung des § 31a BGB (Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit) gilt seit der Reform nicht nur für ehrenamtlich tätige Mitglieder des Vorstandes, sondern auch für die Mitglieder anderer Organe und besondere Vertreter im Sinne des § 30 BGB, sofern diese keine oder eine Vergütung in Höhe von maximal 720 Euro jährlich für ihre Tätigkeit erhalten. Dies gilt entsprechend für Mitglieder des Stiftungsvorstands, Kuratoriums oder Beirats sowie für besondere Vertreter der Stiftung und auch für Vereinsmitglieder bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen satzungsgemäßen Vereinsaufgaben.

Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht

Seit dem 1. Januar 2013 ist eine zeitnahe Mittelverwendung dann gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei (statt bisher einem) Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.

Der neue § 62 AO bündelt mit Wirkung zum 1. Januar 2014 die Vorschriften zur Rücklagen- und Vermögensbildung. Es ist dann möglich, eine Wiederbeschaffungsrücklage für zur Zweckverwirklichung erforderliche Wirtschaftsgüter zu bilden. Die Bildung der freien Rücklage kann innerhalb von zwei Jahren nachgeholt werden, wenn die Rücklage in einem Jahr nicht ausgeschöpft wurde. Schließlich wird der Zeitraum, in dem neu gegründete Stiftungen nach ihrer Errichtung die sogenannte Ansparrücklage bilden können, künftig auf vier Jahre erweitert.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2013 wird der Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit der Personen, die von einer Körperschaft mit mildtätigen Zwecken unterstützt werden, vereinfacht: Für Empfänger von Sozialleistungen wird vermutet, dass der Nachweis bei Vorlage von Leistungsbescheiden oder Bestätigungen der Sozialleistungsträger erbracht ist. Ist aufgrund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen unterstützt werden, kann auf Antrag auf den Nachweis verzichtet werden (etwa bei Kleiderkammern, Suppenküchen oder „Tafeln“).

Durfte bislang eine gemeinnützige Körperschaft zeitnah zu verwendende Mittel nicht dazu verwenden, eine andere gemeinnützige Körperschaft mit Vermögen auszustatten (sogenanntes Endowment-Verbot), wird dies mit Wirkung zum 1. Januar 2014 in bestimmtem Umfang und unter bestimmten Voraussetzungen gestattet.

Mit Wirkung zum 29. März 2013 wird das bisherige Verfahren der vorläufigen Bescheinigung durch ein formelles Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit ersetzt. Künftig werden diese per Verwaltungsakt sowohl für die Besteuerung der gemeinnützigen Körperschaft als auch für die Besteuerung der Steuerpflichtigen, die Zuwendungen an die Körperschaft erbringen, bindend festgestellt.

Seit dem 29. März 2013 dürfen gemeinnützige Körperschaften nur dann Zuwendungsbestätigungen („Spendenbescheinigungen“) ausstellen, wenn das Datum der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid oder des Freistellungsbescheids nicht länger als fünf oder die Feststellung der Satzungsmäßigkeit nicht länger als drei Kalenderjahre zurückliegt und bisher kein Freistellungsbescheid oder keine Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid erteilt wurde.

Änderungen im Spendenrecht

Nach dem neuen § 10 b Abs. 1 a Satz 1 EStG kann der erhöhte Abzugsbetrag („Sonderabzug“) von 1 Million Euro nun ausdrücklich nur für Zuwendungen in „das zu erhaltende Vermögen“ einer Stiftung („Vermögensstock“) in Anspruch genommen werden. Dies gilt ausdrücklich nicht für Zuwendungen in das verbrauchbare Vermögen einer Stiftung. Spendenrechtlich erfährt die Verbrauchsstiftung damit keine volle Gleichstellung. Zusammenveranlagte Ehegatten können den besonderen Abzugsbetrag künftig ausdrücklich bis zu einem Gesamtbetrag von pauschal 2 Millionen Euro beanspruchen. Es kommt also nicht mehr darauf an, aus wessen Vermögen die Zuwendung stammt.

Bei (Sach-)Zuwendungen aus Betriebsvermögen wird die Zuwendungshöhe nach dem bei der Entnahme angesetzten Wert zuzüglich der auf die Entnahme entfallenden Umsatzsteuer bestimmt.

Die Haftung für die Fehlverwendung von Spendenmitteln wurde angepasst: Künftig haftet derjenige, der veranlasst, dass Zuwendungen nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken verwendet werden, für die entgangene Steuer nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.

Die spendenrechtlichen Neuregelungen sind rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten.

Erhöhung der Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale

Ebenfalls zum 1. Januar 2013 in Kraft getreten sind die Erhöhung der Übungsleiterpauschale von 2.200 auf 2.400 Euro sowie die Erhöhung der sogenannten Ehrenamtspauschale von 500 auf 720 Euro.

Auswirkungen für die Praxis

Für bestehende steuerbegünstigte Stiftungen gilt es, die neuen Möglichkeiten bei der Rücklagenbildung und Fördertätigkeit in die Praxis umzusetzen und gegebenenfalls die Satzung entsprechend anzupassen. Im Hinblick auf das zivilrechtliche Erfordernis einer ausdrücklichen Vergütungsregelung sind Satzungsanpassungen bis spätestens 31. Dezember 2014 zu veranlassen. Bei dieser Gelegenheit bietet es sich an, Satzungsverweise auf Regelungen der AO an die neuen Paragraphen anzupassen.

Bestehende steuerbegünstigte Körperschaften haben die Wahl, ob sie die Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit nach § 60 a AO beim zuständigen Finanzamt beantragen oder die Erteilung von Amts wegen im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer abwarten. Jedenfalls ist künftig im Rahmen von Satzungsänderungen darauf zu achten, dass bei Anpassungen im gemeinnützigkeitsrechtlich relevanten Bereich die Vorgaben der Mustersatzung nach Anlage 1 zu § 60 AO eingehalten werden und eine erneute Feststellung aufgrund § 60 a Abs. 4 AO beantragt wird.

Im Hinblick auf die nicht aufgegriffenen Reformvorschläge gilt: Nach der Reform ist vor der Reform.

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