29. Oktober 2010
Sportrecht

„Hartplatzhelden″ feiern Sieg in der Nachspielzeit

Ein Spiel hat 90 Minuten, ein Rechtsstreit teilweise drei Instanzen und gejubelt werden sollte erst nach erfolgtem Abpfiff – durch den Schiedsrichter oder durch die Richter in den roten Roben. Jubeln dürfen seit gestern die Betreiber der Domain www.hartplatzhelden.de, denn der BGH hat die Klage des Württembergischen Fußballverbands e.V. auf Unterlassung wegen der Zugänglichmachung kurzer Filmausschnitte von Amateurfußballspielen in letzter Instanz abgewiesen (I ZR 60/09).

Dabei hatte es für die „Hartplatzhelden″ lange nicht gut ausgesehen: 0:2 hatte man zurückgelegen, nachdem sowohl das LG Stuttgart (41 O 3/08) als auch das OLG Stuttgart in zweiter Instanz (2 U 47/08) der Klage des Fußballverbands stattgegeben und einen wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz für Amateurfußballspiele bejaht hatten.

Für viele kam dieser Rückstand überraschend, schienen die „Hartplatzhelden″ doch gut aufgestellt. Online wird eine Plattform zur Verfügung gestellt, auf der Nutzer selbst aufgenommene Filme von Spielszenen bei Amateurfußballspielen einstellen und Filme Dritter bewerten können. Eine Prominentenjury zeichnet regelmäßig die besten Szenen aus. Durch Schaltung von Werbeanzeigen werden Einnahmen generiert. Ein mit dieser innovativen Idee verbundenes rechtliches Risiko wegen der Verletzung von Rechten Dritter war kaum ersichtlich. Denn obwohl immer wieder kontrovers diskutiert, hat der Gesetzgeber noch kein unmittelbares Leistungsschutzrecht an Sportveranstaltungen geschaffen, weshalb Sportveranstalter die kommerzielle Verwertung des Events mithilfe des Hausrechts sichern müssen. Auf diese Weise kann der Besuch einer Veranstaltung von Bedingungen, bspw. die Anfertigung von Foto- oder Filmaufnahmen zu unterlassen, abhängig gemacht und Dritte können von der Veranstaltung ausgeschlossen werden. Derartige Auflagen sind indes bei Amateurspielen kaum praktikabel und existierten vorliegend auch nicht.

Dennoch war dem Württembergischen Fußballverband e.V. die kommerzielle Verwertung von Szenen aus Amateurspielen durch Dritte ein Dorn im Auge, wollte er wegen der getätigten Investitionen im Amateursport doch allein berechtigt sein, die finanziellen Früchte in diesem Bereich zu ernten. Er berief sich daher darauf, dass die „Hartplatzhelden″ ein geschütztes Leistungsergebnis in unlauterer Art und Weise nachahmen und damit nach § 4 Nr. 9 b) UWG wettbewerbswidrig handeln. Damit sollten die vermeintlich ungerechten Lücken des unmittelbaren Leistungsschutzrechts doch noch geschlossen werden.

Die Stuttgarter Gerichte spielten mit und erweiterten damit den Schutzbereich des § 4 Nr. 9 UWG erheblich. Denn um die Wertungen des unmittelbaren Leistungsschutzrechts nicht durch die Hintertür – über das UWG – einfach zu umgehen, kann sog. ergänzender Leistungsschutz über das UWG grds. nur gewährt werden, wenn dies durch lauterkeitsrechtlich erhebliche Interessen gerechtfertigt ist. Dass die Stuttgarter Gerichte die besondere Unlauterkeit allein damit begründet haben, dass ein mit Kosten und Mühen geschaffenen Produkt nachgeahmt wird, war wenig überzeugend. Unlauterkeitsmerkmale wie ein Imagetransfer oder die Behinderung eines Wettbewerbers sind schließlich nicht ersichtlich und werden von den Gerichten auch nicht angeführt. Ebenso zweifelhaft war die Feststellung, dass die Zugänglichmachung von Filmen mit Spielszenen eine Nachahmung von Leistungen des Fußballverbands sein soll. Die Leistung eines Verbands liegt in der Vorbereitung und Organisation von Spielen, hat aber mit dem Fußballspiel selbst, den Spielzügen, Toren und anderen Szenen nichts zu tun. Dass dieser Spielablauf als schützenswerte Leistung des Fußballverbands angesehen worden ist, ist daher weithin auf Unverständnis gestoßen.

Dies galt offenkundig auch für die Robenträger des BGH, die die vorangegangenen Entscheidungen durch ihr gestriges Urteil „zurückgepfiffen″ und den „Hartplatzhelden″ zu einem späten, aber nicht unverdienten Sieg verholfen haben. In der Pressemitteilung heißt es:

„Maßgeblich dafür war, dass die Veröffentlichung der Filmausschnitte entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keine nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG unlautere Nachahmung eines geschützten Leistungsergebnisses darstellt. Die vom Kläger erbrachte Leistung der Organisation und Durchführung der Fußballspiele bedarf im Übrigen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs keines solchen Schutzes. Der Kläger kann sich über die ihm angehörigen Vereine eine entsprechende wirtschaftliche Verwertung der Fußballspiele in seinem Verbandsgebiet dadurch hinreichend sichern, dass Besuchern der Fußballspiele Filmaufnahmen unter Berufung auf das Hausrecht untersagt werden. Unter diesen Umständen hat der BGH ein besonderes Ausschließlichkeitsrecht von Sportverbänden auch unter den weiteren vom Kläger herangezogenen Gesichtspunkten verneint.”

Damit bleibt mir nur noch zu sagen: „Ich habe fertig!″

Tags: Amateurspiele BGH Fussball Hartplatzhelden Nachahmung