7. Mai 2014
begriffliche Ähnlichkeiten
Markenrecht

Märchenhafter Markenstreit: Rotkäppchen und der böse Wolf aus Alicante

Märchen kommen ja bekanntlich nicht völlig ohne Grausamkeiten aus. Erträglich wird dies aber regelmäßig durch das Wissen, dass am Ende alles seine gerechte Ordnung wiederfindet, die Bösen bestraft werden und die Guten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage leben. Im echten Leben ist dem nicht immer so. Dies zeigt die Entscheidung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM) zur Frage der Verwechslungsgefahr der Marken „Rotkäppchen″ und „Red Riding Hood″ (Widerspruchsentscheidung vom 27. März 2014, Az.: B 2 177 817).

Ein spanischer Markenanmelder hatte vor dem Gemeinschaftsmarkenamt in Alicante die Gemeinschaftsmarkenanmeldung „Red Riding Hood″, CTM 11 299 831, für Waren der Klasse 33 (also auch für alkoholische Getränke) angemeldet. Hiergegen hatte die deutsche Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm aus mehren ihrer „Rotkäppchen″-Marken Widerspruch eingelegt. Auch diese Marken sind für alkoholische Getränke in Klasse 33 geschützt.

„R″ wie „rot″ und „red″

Die Widerspruchsabteilung des HABM ließ sich durch so viel Märchenhaftes nicht beirren: Bei einem Vergleich der Zeichen „Rotkäppchen″ und „Red Riding Hood″ sah das HABM lediglich hinsichtlich des Anfangsbuchstabens „R″ eine Übereinstimmung. Darüber hinaus seien die Zeichen visuell und klanglich unähnlich.

Hinsichtlich der begrifflichen Ähnlichkeit der Zeichen stellte das HABM zutreffend fest, dass „Red Riding Hood″ die englische Übersetzung von „Rotkäppchen″ sei. Nachdem allerdings die englischsprachigen Verbraucher das Wort „Rotkäppchen″ nicht als Übersetzung von „Red Riding Hood″ verstünden und umgekehrt dasselbe für die deutschsprachigen Verbraucher gelte, seien die Zeichen „Rotkäppchen″ und „Red Riding Hood″ begrifflich unterschiedlich.

Vor diesem Hintergrund kam das HABM vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Zeichen „Rotkäppchen″ und „Red Riding Hood″ insgesamt unähnlich seien. Eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr der beiden Zeichen kam so nicht mehr in Betracht.

Wie weit reicht der Markenschutz bei Übersetzungen?

Die Entscheidung des HABM verdeutlicht nochmals, dass der markenrechtliche Schutz eines Zeichens in einer Sprache nicht zwingend Schutz gegen Übersetzungen dieses Zeichens in eine andere Sprache bietet. Voraussetzung für einen solchen sehr weiten Markenschutz ist nämlich regelmäßig, dass der fremdsprachige Begriff von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden wird. Das HABM weist in seiner Entscheidung vom 27. März 2014 darauf hin, dass diese Situation in der Praxis regelmäßig nur in zwei Fallgruppen in Betracht kommt:

  • Fallgruppe 1: Der betroffene fremdsprachige Begriff ist zum Bestandteil der eigenen Sprache geworden.
  • Fallgruppe 2: Die zeichenrechtliche Kollisionslage besteht in einem Mitgliedsstaat der EU, der über zwei Amtssprachen verfügt, und die betroffenen Zeichen stammen aus diesen Amtssprachen.

Gerade für Inhaber von Konsumgütermarken ergibt sich daraus die Überlegung, ob für ausländische Märkte nicht auch fremdsprachige Übersetzungen der eigenen Marke geschützt werden sollten.

Übersetzung häufig nicht eindeutig

Bei „naheliegenden″ Sprachen, wie dem Englischen für den deutschsprachigen Raum, ist die Übersetzung häufig kein Problem. Das vorliegende Beispiel von „Rotkäppchen″ und „Red Riding Hood″ illustriert dies. Denkt man jedoch an fernere Märkte, wie beispielsweise China, fällt die Frage nach der „richtigen″ Übersetzung schon schwerer: Mandarin oder Pidgin, Transliteration oder Transkription – hier bleibt für Markeninhaber und Markenpiraten gleichermaßen viel Raum.

Tags: begriffliche Ähnlichkeit Rechtsprechung Red Riding Hood Rotkäppchen Transliteration Übersetzung Verwechslungsgefahr Widerspruch