19. Januar 2015
Rechner
Markenrecht

All Stars: Ohne Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen kein Schadensersatz!

Der Markeninhaber muss dem Gericht genügend Grundlagen für eine Schadensschätzung liefern, um entgangenen Gewinn darzulegen. Praktisch ist das kaum möglich.

Der Markeninhaber, der nach der widerrechtlichen Benutzung seiner Marke als Schadensersatz seinen entgangenen Gewinn verlangt, muss dem Gericht genügend Grundlagen für eine Schadensschätzung liefern. Wenn er seine Berechnungsgrundlagen sowie Erlöse und Kosten nicht offenlegen möchte, wird er auf eine andere Berechnungsmethode ausweichen müssen.

Die Beklagte hatte im Jahr 2008 insgesamt 2025 Paar Schuhe, welche die eingetragenen Markenrechte der Klägerin verletzen, zu einem Preis von 39,99 EUR an Endkunden veräußert. Vor diesem Hintergrund begehrte die Klägerin im Wege der sogenannten Drittschadensliquidation den Ausgleich des ihrer Lizenznehmerin entgangenen Gewinns. Das ist ihr nach aktueller Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH GRUR 2007, 877 Rn 32 – Windsor Estate) möglich.

Zur Begründung führte die Klägerin an, dass ihre Lizenznehmerin in demselben Zeitraum eine entsprechende Anzahl ihrer „Original-Schuhe″ mit einer Gewinnmarge von 19,51 EUR hätte verkaufen können. Der entgangene Gewinn belaufe sich daher insgesamt auf 39.507,75 EUR. Die Beklagte trat dieser Art der Berechnung des entgangenen Gewinns entgegen.

Nicht jeder getäuschte Verbraucher würde zwingend bei Lizenznehmerin kaufen

Das Landgericht Köln gab der Beklagten recht und sprach der Klägerin lediglich den Verletzergewinn zu. Im Übrigen wies es die Klage ab, da die Klägerin nach Auffassung der Kammer den Ursachenzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem eigenen, ausgefallenen Gewinn nicht habe ausreichend darlegen können.

Zwar dürfte es zutreffend sein, dass Verbraucher nicht bereit sein für Schuhe, die nicht mit dem bekannten Zeichen der Klägerin gekennzeichnet sind, den von der Beklagten verlangten Betrag von 39,99 Euro zu bezahlen. Daraus könne aber nicht im Umkehrschluss entnommen werden, dass jeder Verbraucher, der ein Paar der von der Beklagten vertriebenen Schuhe erworben hat, andernfalls ein Paar Schuhe aus dem Vertrieb der Klägerin erworben hätte.

Umsatzzahlen haben lediglich indizielle Bedeutung

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin war nicht von Erfolg gekrönt. Das Oberlandesgericht Köln schloss sich (mit Urteil vom 24. Januar 2014, Az. 6 U 111/13 – Converse) der Auffassung des Landgericht Kölns an. Nach der Auffassung des Senats sei die Berechnung des entgangenen Gewinns nicht schlüssig. So käme den Umsatzzahlen der Beklagten lediglich indizielle Bedeutung zu. Es sei zu kurz gegriffen, die Umsatzzahlen der Beklagten mit ihrer Gewinnmarge zu multiplizieren. Die Klägerin treffe die Darlegungslast, dass der geltend gemachte Gewinn mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

Nach Ansicht des Senats hätte die Klägerin darlegen müssen, dass sie ihre Schuhe regelmäßig über vergleichbare Vertriebskanäle (hier: Verbrauchermärkte) wie die Beklagte vertreibe. Darüber hinaus dürfe sich der Markeninhaber nicht auf allgemeine Darlegungen zum mutmaßlichen Gewinn beschränken, sondern müsse produktbezogene Ausführungen machen. Er sei daher grundsätzlich gehalten, die Kalkulation für seine Markenware zu offenbaren. Insbesondere müsse der Markeninhaber Erlöse und produktbezogene Kosten einander gegenüberstellen. Der Vortrag einer allgemeinen Gewinnspanne genüge nicht.

Diese Informationen wollte die Klägerin nicht preisgeben und hielt die vom Senat aufgestellten Anforderungen für unzumutbar. Das Oberlandesgericht Köln begegnete diesem Einwand mit dem Hinweis, dass der Markeninhaber nicht gezwungen sei seinen konkreten Schaden als entgangenen Gewinn zu beziffern. Ihm stehe der Weg der abstrakten Schadensberechnung (Lizenzanalogie, Verletzergewinn) offen.

Weg frei für die abstrakte Schadensberechnung

Der Senat setzt mit seiner Entscheidung strenge – aber zutreffende – Maßstäbe. In der Praxis dürfte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln zur weiteren Stärkung der im gewerblichen Rechtsschutz zur Verfügung stehenden abstrakten Schadensersatzberechnung führen. Kaum ein Markeninhaber ist bereit, vor Gericht sowie dem Verletzer die Grundlagen seiner Kalkulation zu offenbaren.

Wer gleichwohl zukünftig den entgangenen Gewinn als Schadensersatz geltend machen will, wird bereit sein müssen die Grundlagen seiner Kalkulation für Markenwaren zu offenbaren, insbesondere Erlöse und auf die konkreten (oder vergleichbaren) Produkte bezogene Kosten.

Tags: entgangener Gewinn Kalkulationsgrundlage Schadensersatz Schadensschätzung Verbrauchermärkte
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Katherina Viethmeier