31. März 2017
Einheitliches Patentgericht
Patentrecht & Gebrauchsmusterrecht

Das einheitliche Patentgericht steht kurz vor dem Start

Nach langer Zeit und politischer Ungewissheit durch den Brexit steht das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht nun kurz vor dem Start.

Nach langer Vorlaufzeit und großer politischer Ungewissheit durch den Brexit steht das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht nun kurz vor den entscheidenden Ratifikationen durch Deutschland und das Vereinigte Königreich. Sollte der gegenwärtige Zeitplan des Vorbereitungskomitees eingehalten werden, kann das einheitliche Patentgericht (UPC) seine Arbeit bereits im Dezember 2017 aufnehmen.

Das deutsche Gesetzgebungsverfahren hierzu ist weit fortgeschritten. Am heutigen Tag hat der Bundesrat zwei der notwendigen Gesetze (Gesetzentwürfe hier und hier, die Beschlüsse des Bundesrates hier und hier) beschlossen. Das dritte und letzte Gesetz steht vor seiner finalen Lesung im Bundestag. Zugleich ist der politische Wille zur Ratifikation nunmehr auch im Vereinigten Königreich vorhanden. Die notwendige Gesetzgebung könnte parallel zur deutschen noch im April abgeschlossen sein. Vier Monate nach Hinterlegung der beiden Ratifikationsurkunden aus diesen Ländern tritt das Übereinkommen in Kraft.

Was aber bedeutet diese Entwicklung für die Inhaber von europäischen Patenten und welche Chancen und Risiken birgt das neue einheitliche Patentsystem?

Übergangszeit und Sunrise Period

Das Übereinkommen bestimmt im Verbund mit der Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht, dass sämtliche bestehenden europäischen Patente dem neuen Patentregime unterfallen. Allerdings nur, soweit sie mit den gleichen Ansprüchen für alle am einheitlichen Patentsystem teilnehmenden Mitgliedstaaten erteilt wurden.

Das hat für Rechteinhaber weitreichende Folgen: Beschränkungen des Patents und Nichtigkeitserklärungen durch das einheitliche Patentgericht wirken für alle teilnehmenden Staaten. Das Fallenlassen einzelner Länderanmeldungen und die damit verbundene Kostenersparnis ist zudem nicht mehr möglich. Nichtigkeitsklagen können vor dem einheitlichen Patentgericht zentral anhängig gemacht werden.

Opt-Out: Die Chance, Schutzrechte aus dem Einheitspatent heraus zu nehmen

Um diese Folgen für einen Übergangszeitraum abzumildern, sieht das Übereinkommen  für einen Zeitraum von zunächst sieben Jahren vor, dass Inhaber europäischer Patente ihre Schutzrechte aus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens herausnehmen können (Opt-Out). Dieser Zeitraum kann allerdings gegebenenfalls durch den Verwaltungsausschuss um bis zu sieben weitere Jahre verlängert werden.

Das Opt-Out erfolgt durch Mitteilung an die Kanzlei des einheitlichen Patentgerichts. Ein solches Opt-Out ist allerdings nur so lange möglich, wie keine Klage wegen Verletzung des Patents oder gegen seine Rechtsbeständigkeit vor dem einheitlichen Patentgericht anhängig gemacht worden ist.

Zudem kann das Opt-Out so lange rückgängig gemacht werden, wie noch keine Klage aus dem oder gegen das Patent vor einem nationalen Gericht erhoben worden ist. Schließlich ist es während der Übergangszeit trotz Anwendbarkeit des Übereinkommens, also auch ohne Opt-Out, weiterhin möglich, Klagen gegen das Patent – oder aus dem Patent – vor nationalen Gerichten anhängig zu machen.

Opt-Out bereits vor Inkrafttreten des einheitlichen Patentgerichts möglich

Das Opt-Out wird bereits vor der Arbeitsaufnahme des einheitlichen Patentgerichts, nach jetzigem Zeitplan ab September 2017, möglich sein (sunrise period). In dieser Phase können Rechteinhaber unabhängig von den Zufälligkeiten der Klageerhebung ein Opt-Out erklären und ihr Portfolio nach den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ausrichten.

Patentstrategien sind spätestens jetzt anzupassen

Sofern noch nicht geschehen, sollten Rechteinhaber ihre Portfolios dahingehend überprüfen, ob sie sich ganz oder zumindest teilweise dem neuen Patentregime unterwerfen wollen. Alternativ können sie zunächst auch das gewohnte und bewährte europäische Patentsystem weiter für sich nutzen.

Für ein Opt-Out kann auch sprechen, dass weder das Verfahrensrecht noch das vor dem einheitlichen Patentgericht anzuwendende materielle Patentrecht bisher erprobt sind. Gerade in zentralen Fragen – wie bei der Definition der mittelbaren Patentverletzung – muss sich erst noch eine gefestigte Rechtsprechung herausbilden, bevor Prozessrisiken klarer abgeschätzt werden können.

Auf der anderen Seite bildet die mögliche Durchsetzung des Patents gegen Verletzer im Territorium aller teilnehmenden Staaten eine große Chance für die effektive Bekämpfung von Verletzern.

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