26. Juni 2013
Zoom oder nicht Zoom? – Zum Verwertungsrecht für Fotos von einem Grundstück
Real Estate Urheberrecht

Zoom oder nicht Zoom? – Zum Verwertungsrecht für Fotos von einem Grundstück

Der Grundstückseigentümer bestimmt allein über die kommerzielle Verwertung der von seinem Grundstück aus angefertigten Fotografien seiner Bauwerke und Gartenanlagen – und zwar auch dann, wenn er den Zugang zu privaten Zwecken gestattet hat. So entschied der BGH im Beschluss vom 1. März 2013 (V ZR 14/12).

Der BGH setzt seine nicht unumstrittene Linie fort, Grundstückseigentümer gegen kommerzielle Fotografien seiner Grundstücke und die Verwertung solcher Fotografien durch Dritte zu schützen, sofern das jeweilige Foto von dem betroffenen Grundstück aus entstanden ist und der Eigentümer nicht zuvor in das Fotografieren und die kommerzielle Verwertung durch den Dritten eingewilligt hat.

Der Fall

Geklagt hatte eine öffentlich-rechtliche Stiftung, die rund 150 ehemals preußische Schlösser und andere historische Bauten und dazu gehörige Gartenanlagen bewahrt, pflegt und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Sie wendet sich dagegen, dass eine Fotoagentur Fotos von Kulturgütern, die der Klägerin gehören, ohne ihre entgeltpflichtige Zustimmung vermarktet.

Die Klägerin verfolgt die Unterlassung der weiteren Verbreitung und Vermarktung der entsprechenden Fotos sowie Auskunft über deren Anzahl und die mit den Bildern erzielten Einnahmen. Außerdem fordert sie Schadenersatz für vergangene und zu erwartende Schäden.

Der BGH bestätigt das erstinstanzliche Urteil weitestgehend. Der Eigentümer wird durch die Verwertung von Fotografien seines Grundstücks, die ohne seine (entgeltliche) Zustimmung innerhalb des Grundstücks aufgenommen wurden, in seinem Eigentum beeinträchtigt. Er kann nach § 1004 Abs. 1 BGB verlangen, die Verwertung solcher Fotografien zu unterlassen.

Unterschied zwischen Hausrecht und Eigentum

Ein Unterlassungsanspruch setze das Eigentum der Klägerin an den Anwesen voraus; Besitz daran reiche nicht aus. Grundlage des Anspruchs sei nämlich nicht das Hausrecht der Klägerin, sondern deren Eigentum. Das Hausrecht gebe dem Besitzer nur das Recht, darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt.

Im vorliegenden Fall gehe es um etwas anderes: Die Klägerin verwehre der Beklagten eben nicht das Betreten ihrer Anwesen, sondern die Verwertung von Fotografien ihrer Grundstücke, die von diesen aus ohne Zustimmung des Eigentümers angefertigt wurden. Für Fotografen ist diese Unterscheidung eine wichtige Klarstellung, da sie ihre Genehmigungen nicht vom Mieter oder Pächter, sondern direkt vom Eigentümer einholen müssen.

Kritik und „Missverständnisse″

Der BGH wendete sich explizit an Kritiker seiner Rechtsprechung und diagnostiziert bei diesen drei Missverständnisse:

 

  • Zum Zuweisungsgehalt des Grundstückseigentums gehöre auch das Recht, darüber zu entscheiden, wer das Grundstück betreten darf und zu welchen Bedingungen. Dies schließe die Entscheidung darüber mit ein, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet. Weicht derjenige, der das Grundstück mit Einwilligung des Eigentümers betritt, von dessen Nutzungsvorgaben ab, handele es sich um eine Eigentumsbeeinträchtigung.

 

  • Zudem vermittle der Abwehranspruch des Grundstückseigentümers diesem zwar das Recht, über die Verwertung von auf dem Grundstück angefertigten Fotos zu entscheiden. Damit werde dem Grundstückseigentümer aber kein eigenständiges Recht am Bild der eigenen Sache zuerkannt.

 

  • Schließlich gebe das Urheberrecht des Fotografen diesem zwar ein ausschließliches Recht zur Verwertung gegenüber Dritten. Gegenüber dem Grundstückseigentümer vermittele es dem Fotografen aber keine Befugnisse. Und auch die Informationsfreiheit sieht der BGH nicht gefährdet, da die Klägerin jedem den kostenlosen Zugang zu ihren Anwesen zu nicht-kommerziellen Zwecken gewähre.

Hinweise für Urheber

Vor der Entscheidung über die kommerzielle Verwertung von Fotografien von Grundstücken, Gebäuden oder Gärten ist folglich die Zustimmung des Grundstückseigentümers einzuholen, wenn das Foto innerhalb der Grundstücksgrenzen entstanden ist. Bisher wurde dieses Thema aus der Sicht des Urheberrechts in der (Fach-)Literatur diskutiert (siehe etwa die diversen Zitate im Urteil).

Im Folgenden soll es vielmehr um die grundstücksrechtlichen Hintergründe gehen, wie man unter Beachtung der vorstehenden Rechtsprechung als Urheber seine Position absichern kann. Denn nicht immer gibt es Zäune oder andere sichtbarer Merkmale, die den Grenzverlauf vor Ort markieren. Was ist also zu tun, um auf der sicheren Seite zu sein?

 

  • Ist optisch unklar, wo die Grenze verläuft, führt ein Auszug aus dem sogenannten Liegenschaftskataster weiter, aus dem die rechtlich relevanten Grundstücksgrenzen hervorgehen. Solche Liegenschaftskarten sind relativ einfach, allerdings gegen eine geringe Gebühr, bei den jeweils landesrechtlich zuständigen Stellen (meist bei den Geoinformationsämtern) zu erhalten. Anhand dieser Karten wäre dann zu ermitteln, ob das Foto innerhalb oder außerhalb der Grundstücksgrenze entstanden ist.

 

  • Stellt sich heraus, dass ein Foto von innerhalb des fraglichen Grundstücks gemacht wurde, ist der jeweilige Eigentümer vor der kommerziellen Verwertung zu kontaktieren und gegebenenfalls das geforderte Entgelt zu entrichten. Wie oben dargestellt, ist es nicht ausreichend, einen etwaigen Pächter oder Mieter vor Ort zu kontaktieren.

 

  • Lässt sich nicht anhand öffentlich zugänglicher Informationen ermitteln, wer Eigentümer ist, hilft nur ein Blick in das jeweilige Grundbuch. Hierzu ist dem Grundbuchamt ein sogenanntes berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht nachzuweisen. Dieses kann in den hier behandelten Fällen auf das dargestellte BGH-Urteil und die Notwendigkeit der Einholung einer Zustimmung des Eigentümers vor der Verwertung des Bildes gestützt werden. Das Einsichtsrecht beschränkt sich jedoch nur auf die Information, wer Eigentümer ist – und erstreckt sich nicht auf die sonstigen im Grundbuch vermerkten Rechte und Belastungen des Grundstücks (etwa Leitungsrechte oder Grundschulden).

Dies mögen sehr aufwendige Arbeitsschritte sein, die sich nicht bei jedem Bild lohnen. Die kommerzielle Abwägung zwischen diesem Aufwand und dem Verwertungspotential des jeweiligen Bildes hat jeder Urheber selbst zu treffen. Dabei dürfte auch zu berücksichtigen sein, ob damit zu rechnen sein wird, dass der jeweilige Eigentümer einen Rechtsstreit anstrengen wird und welche Kosten dafür anfallen würden beziehungsweise wie hoch ein etwaiges Entgelt als Vergütung für die Eigentümerzustimmung sein würde.

Tags: Abwehranspruch BGH Eigentumsbeeinträchtigung Fotografien Grundstückseigentum kommerzielle Verwertung Rechtsprechung