8. Februar 2013
Wettbewerbsrecht (UWG)

Beim Feierabendbier entfällt jetzt das Rechnen

Ein Pizzaservice tut so einiges: Backen, liefern, verkaufen – und das zu jeder Tag- und Nachtzeit. Um sein Angebot publik zu machen, wirbt er selbstverständlich kräftig dafür. Und zwar über möglichst viele Kanäle – der Markt ist schließlich hart umkämpft! So wird der Verbraucher nicht nur über das Internet, sondern auch ganz klassisch mit Postwurfflyern über das Pizzaangebot informiert. Dumm nur, wenn ein solcher Flyer in die (aus Sicht des Pizzabäckers) „falschen Hände“ gerät und es in dem Flyer mit den Vorgaben der Preisangabenverordnung nicht ganz so genau genommen wird.

Worum geht es?

Angegriffen wurde ein Werbeflyer, in dem ein Pizzalieferdienst neben Waren, die frisch zubereitet werden (Pizza, Salate, Aufläufe), auch Produkte wie Wein, Bier und Eiscreme feilbot. Neben sog. Kombi-Angeboten bestehend aus einer Pizza und einem Getränk („Party-Paket“) wurden Getränke und Eiscreme auch einzeln angeboten. Der Flyer wies für die nicht im Kombi-Paket angebotenen Getränke sowie für die Eiscreme lediglich den Endpreis (§ 1 PAngV), nicht aber den Grundpreis (hier: Preis/Liter, § 2 PAngV) aus.

So geht das nicht,…

…urteilte nun auch der BGH und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz (BGH WRP 2013, 182 – Traum-Kombi; Vorinstanz: OLG Köln, Urt. v. 1.6.2011 – Az. 6 U 220/10 – wir berichteten hier).

Die Werbung wurde wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe nach der Preisangabenverordnung gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 2 PAngV untersagt. Denn: Wie soll der preisbewusste Verbraucher ohne den Grundpreis die Bier-, Wein- und Eispreise mit den Angeboten der Mitbewerber vergleichen können?

Keine Pflicht zur Grundpreisangabe bei Kombinationsangeboten

Der BGH stellte zunächst klar, dass für die im Werbeflyer enthaltenen Kombi-Angebote – hier: „Party-Paket“ bestehend aus einer Familienpizza und einem kleinen Fässchen Bier  -  die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV greift. Nach dieser Vorschrift

„besteht keine Verpflichtung zur Nennung des Grundpreises für Waren, die verschiedenartige, nicht miteinander vermischte oder vermengte Erzeugnisse enthalten. Für solche zusammengesetzten Angebote – beispielsweise für ein Gebinde aus einer Flasche Wein und einer Käse- oder Schinkenspezialität – muss kein Grundpreis angegeben werden, obwohl für jedes von dem Angebot umfasste Erzeugnis bei gesonderter Abgabe der Grundpreis nach § 2 Abs. 1 PAngV genannt werden müsste.“

Lieferdienst ist kein Dienstleister – Jedenfalls nach der PAngV

Soweit die grundpreispflichtigen Waren (Getränke, Eis) jedoch – wie vorliegend im Werbeflyer geschehen – auch gesondert angeboten und beworben würden, bestehe die Pflicht zur Grundpreisangabe fort. Diese Pflicht entfalle auch nicht durch § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV, wonach die Grundpreisangabenpflicht nicht auf Waren anzuwenden ist, die „im Rahmen einer Dienstleistung angeboten werden“.

Der BGH erläutert, dass ein Lieferdienst kein Warenangebot „im Rahmen einer Dienstleistung“ erbringe. Das Gericht führt hierzu aus:

„§ 9 Abs. 2 Nr. 4 PAngV entbindet den Unternehmer grundsätzlich nicht, für Waren, die er seinen Kunden im Rahmen eines Lieferservice anbietet und die an sich unter die Bestimmung des § 2 Abs. 1 PAngV fallen, den Grundpreis anzugeben. Bei den vom Antrag erfassten Lebensmitteln – Bier, Wein und Eiscreme – handelt es sich um Waren in Fertigpackungen, für die die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises besteht. Allein der Umstand, dass der Unternehmer anbietet, diese Waren dem Kunden nach Hause zu liefern, führt nicht dazu, dass das Angebot i. S. von § 9 Abs. 2 Nr. 4 PAngV „im Rahmen einer Dienstleistung“ erfolgt.“

Die Transportdienstleistung trete in diesem Fall gegenüber der Lieferung der Waren zurück. Damit der Ausschlusstatbestand des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV Anwendung finden kann, müsse es sich bei dem Angebot im Sinne der Vorschrift vielmehr um

„ein Angebot [handeln], das von der Dienstleistung und nicht von der Warenlieferung geprägt ist“.

Der Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 2 Nr. 4 PAngV sei eher zugeschnitten auf Gaststätten,

„deren Angebot sich nicht nur darauf bezieht, dass Speisen zubereitet und dargereicht werden und dem Gast Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, in denen er die zubereiteten Speisen verzehren kann, sondern auch darauf, das beispielsweise Getränke in der Flasche, also in Fertigpackungen, oder offen, also als nach Volumen bemessene Verkaufseinheit ohne Umhüllung, angeboten werden. Hier trete die Lieferung der Getränke gegenüber den Dienstleistungen klar in den Hintergrund.“

Dem Grundpreis sei Dank!

Als Verbraucher möchte man nun rufen: „Danke, BGH!“ Endlich kann man nach einem harten Arbeitstag ohne große Rechenaufgaben prüfen, ob man sein verdientes Feierabendbier beim Pizzaservice (0,33 Liter) gleich mitbestellt, oder doch lieber den halben Liter am (günstigeren?) Kiosk um die Ecke kauft. Es sei denn, der Kiosk nimmt es mit dem Grundpreis auch nicht so genau…

Tags: BGH Endpreis Grundpreis Lieferdienst Pizzaservice Rechtsprechung Traum-Kombi Verbraucherschutz § 2 PAngV § 9 PAngV