12. April 2013
Wettbewerbsrecht (UWG)

Grundpreisangabe bei kostenloser Zugabe („2 Flaschen GRATIS“)

Nachdem sich das OLG Köln bereits im „Kölner Pizzastreit“ mit der Reichweite der Grundpreisangabenpflicht beschäftigen durfte (wir berichteten hier und hier), sah sich die Kammer ein gutes Jahr später mit einer weiteren Grundpreisproblematik konfrontiert, die für die Werbeindustrie von allgemeinem Interesse sein dürfte (OLG Köln, Urteil vom 29. Juni 2012 – 6 U 174/11).

Worum ging es diesmal?

Klägerin war eine Verbraucherzentrale, Beklagte war eine bekannte Lebensmittelhandelskette. Die Beklagte bewarb in zwei Zeitungsbeilagen Erfrischungsgetränke, und zwar jeweils Kästen mit 12 1-Liter-Flaschen verschiedener, vom Kunden auf Wunsch zusammenzustellender Marken (Cola, Limonade, etc.). In der Werbung befand sich der Zusatz:

„Beim Kauf eines Kastens erhalten Sie zusätzlich 2 Flaschen GRATIS″,

bzw.

„2 Flaschen GRATIS beim Kauf eines Kastens″ .

Der Preis wurde mit „7,99“ angegeben (Endpreis). Zudem war neben der Endpreisangabe der Slogan „Ihr Preisvorteil: 35 %!“ abgedruckt. In beiden Anzeigen wurde der Literpreis mit „0,57“ angegeben (Grundpreis). Der Literpreis von 0,57 Euro war von der Beklagten auf Basis von 14 Flaschen (12 Flaschen in der Kiste plus 2 Flaschen Zugabe, also 7,99 Euro : 14 = 0,57 Euro) berechnet worden.

Die Verbraucherzentrale rügte dies und meinte, die Berechnung hätte nur anhand der 12 Flaschen im Kasten erfolgen dürfen, ohne Einbeziehung der beiden Gratis-Flaschen. Folge hieraus wäre ein etwas höherer Grundpreis (0,67 Euro) gewesen (7,99 Euro : 12 = 0,67 Euro).

Grundpreis ist unter Einbeziehung der zusätzlichen Einheiten zu berechnen

Nach Auffassung des OLG Kölns hat die Beklagte den Grundpreis in der beanstandeten Werbung korrekt ausgezeichnet (das heißt Berechnung anhand der 14 Flaschen):

„Wird Letztverbrauchern Ware in Fertigverpackungen dergestalt angeboten, dass zusätzlich zu der Anzahl der beworbenen Einheiten (hier: ein Kasten Erfrischungsgetränke mit 12 1-l-Flaschen) weitere Einheiten (hier zwei Flaschen) gratis abgegeben werden, so ist der Grundpreis unter Einbeziehung dieser zusätzlichen Einheiten zu berechnen. (amtlicher Leitsatz)″

Das Gericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

„(…) Die Norm des § 2 PAngV verfolgt das Ziel, einen Preisvergleich auch in solchen Fällen zu ermöglichen, in denen das Produkt auf dem Markt in verschiedenen Quantitäten angeboten wird. Dem Verbraucher soll im Interesse der Preisklarheit eine leichtere Übersicht über die Preisgestaltung für vergleichbare Warenangebote und damit eine vereinfachte Möglichkeit zum Preisvergleich verschafft werden (…). Dieses Ziel wird durch die von dem Kläger erstrebte Berechnung des Grundpreises allein für die zu bezahlenden 12 Flaschen nicht erreicht. Der Umstand, dass der Kunde nur 12 Flaschen zu bezahlen hat, ändert nämlich nichts daran, dass er tatsächlich nicht nur 12, sondern 14 Flaschen erhält. Angesichts dessen kann die erstrebte Vereinfachung von Preisvergleichen mit anderen Angeboten von Erfrischungsgetränken nur dann erreicht werden, wenn auch die zusätzlich gratis angebotenen beiden Flaschen bei der Berechnung des Grundpreises mitgezählt werden. Der Kunde wird nämlich in den Preisvergleich trotz ihrer unentgeltlichen Abgabe auch die beiden „gratis″-Flaschen einbeziehen, weil sie für ihn denselben Gegenwert wie die zu bezahlenden Flaschen haben. Er erhält für den angegebenen Preis von 7.99 EUR nicht 12 Flaschen, sondern 14 und wird daher bei einem Preisvergleich mit anderen Angeboten auch nicht nur 12, sondern eben alle tatsächlich erhaltenen 14 Flaschen zugrunde legen.“ (OLG Köln, a.a.O, Hervorh. d. Verf.)

Der Rechtsauffassung der Klägerin hielt das Gericht folgende Erwägung entgegen:

„Demgegenüber würde die Grundpreisangabe das gesetzgeberische Ziel (nahezu) nicht erreichen, wenn von der Beklagten mit dem Kläger verlangt würde, der Berechnung lediglich 12 Flaschen zugrunde zu legen. Der sich dann ergebende höhere Betrag von 0,67 EUR wäre für einen realistischen und praktikablen Preisvergleich, der aus den vorstehenden Gründen die tatsächlich erhaltene Menge an Getränken berücksichtigen muss, fast untauglich. Der Kunde müsste, um einen brauchbaren Vergleich vornehmen zu können, seinerseits die beiden Flaschen in den Grundpreis aufwendig einrechnen, um die vom Gesetz erstrebte Vergleichsgrundlage zu haben. Das wäre mit dem gesetzlichen Ziel einer Vereinfachung der Vergleichbarkeit verschiedener Angebote nicht zu vereinbaren.“ (OLG Köln, a.a.O, Hervorh. d. Verf.)

Unsicherheiten bleiben

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG Köln weist zu Recht darauf hin, dass

„die Revision (…) (entsprechend der übereinstimmenden Anregung beider Parteien) zuzulassen [ist], weil die Frage der Berechnung des Grundpreises in der gegebenen Fallkonstellation – soweit ersichtlich – noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung war.″

Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die Entscheidung des OLG Kölns bestätigen wird.

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