10. Dezember 2018
Sanierungsgewinne steuerfrei
Restrukturierung und Insolvenz Steuerrecht

Die Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne tritt in Kraft

Mit dem "Jahressteuergesetz 2018" treten die Regelungen zur körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen in Kraft.

Als Reaktion auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18. November 2016 wurde im Rahmen des Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (sog. Anti-Lizenzbox-Gesetz) eine neue Regelung zur Steuerbefreiung von Sanierungserträgen geschaffen. Die Neuregelung ist auch rückwirkend auf Fälle anwendbar, in denen Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise nach dem 8. Februar 2017 (Tag der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH) erlassen wurden.

Jedoch stellte der Gesetzgeber das Inkrafttreten der neuen Regelung ursprünglich unter den Vorbehalt der formalen Zustimmung durch die EU-Kommission. Im Sommer 2018 bestätigt die EU Kommission schließlich in einem sog. „Comfort Letter“, dass sie keine Bedenken dagegen habe, dass in Deutschland Sanierungsgewinne steuerfrei gestellt werden. Eine formale Zustimmung erfolgte jedoch nicht. Der deutsche Gesetzgeber sah sich daher zum Handeln gezwungen und strich das Erfordernis der formalen Zustimmung durch die EU-Kommission.

Steuerbefreiung der Sanierungsgewinne

Der Sanierungsertrag wird steuerfreigestellt, d.h. soweit Schulden zum Zwecke der Sanierung durch die Gläubiger ganz oder zum Teil erlassen werden. Dies gilt zum Beispiel für einen Erlassvertrag, ein negatives Schuldanerkenntnis oder einem Schuldenerlass in einem Insolvenzplan, soweit er nicht auf Liquidation und Zerschlagung gerichtet ist. Auch bei entsprechenden Maßnahmen im Zusammenhang mit vorinsolvenzlichen Sanierungen ist eine Steuerbefreiung nun möglich.

Eine steuerbegünstigte Sanierung ist dagegen nicht möglich, um dem Schuldner einen schuldenfreien Übergang in sein Privatleben oder den Aufbau einer anderen Existenzgrundlage zu ermöglichen.

Die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung bleiben unverändert

Die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung entsprechen nach der Gesetzesbegründung denen des Sanierungserlasses bzw. der Vorgängervorschrift des § 3 Nr. 66 EStG a.F., die ihrerseits auf der langjährigen Rechtsprechung des RFH und des BFH beruhen. Das bedeutet, es müssen

  • Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens,
  • Sanierungseignung des Schuldenerlasses und
  • Sanierungsabsicht der Gläubiger

vorliegen.

Kein Antragserfordernis für Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

Im Gegensatz zum von der Finanzverwaltung praktizierten Sanierungserlass ist ein Antrag nicht mehr erforderlich. Die Steuerfreiheit ist ohne Ermessenspielraum der Finanzbehörde durch diese zu gewähren.

Neu ist ebenfalls, dass die Steuerfreiheit auch für die Gewerbesteuer gilt. Damit entfällt die aufwendige Abstimmung mit den Städten und Gemeinden.

Hebung stiller Lasten

Die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns setzt voraus, dass steuerliche Wahlrechte im Sanierungsjahr und im darauffolgendem Jahr steuermindernd ausgeübt werden. Ziel soll es sein, dass der Sanierungsertrag zunächst mit Verlusten verrechnet wird, die aus steuermindernden Wahlrechten entstehen. Dies gilt z.B. für Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert, die in der Steuerbilanz wahlweise ausgeübt werden können.

Nichtabziehbarkeit der Sanierungskosten

Betriebsausgaben, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Sanierungsertrag stehen, dürfen nicht abgezogen werden. Dies gilt z.B. für Sanierungskosten wie den Sanierungsplan oder die Sanierungsberatung sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Besserungsschein.

Verluste gehen in Höhe des Sanierungsertrags unter

Neu ist ebenfalls, dass der Sanierungsertrag abzüglich der Sanierungskosten die Verluste mindert. Denn Ziel ist, dass eine Doppelbegünstigung von Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen und Fortführung von Verlustvorträgen ausgeschlossen ist. Dies bedeutet, dass Verluste in Höhe des geminderten Sanierungsertrags untergehen. Dazu hat das Gesetz eine zwingende Reihenfolge des Verlustverbrauchs vorgesehen. Zeitlich sind Verlustpositionen aus dem Sanierungsjahr, Vorjahren und dem Folgejahr betroffen.

Ist danach noch ein Restbetrag vorhanden, kann dieser bei einer nahestehenden Person die Verluste mindern und zum Untergang bringen. Diese Regelung dient der Verhinderung von Missbräuchen. Das Gesetz will Übertragungen treffen, durch die Sanierungsertrag und Verlustpotenziale getrennt werden. So z.B. die Einbringung eines Betriebs samt Schulden in eine Tochter-Kapitalgesellschaft unter Verbleib von Verlustvorträgen bei der Mutter-Kapitalgesellschaft.

Unsere Beitragsreihe informiert rund um die Restrukturierung eines Unternehmens innerhalb und außerhalb einer Insolvenz. Den Auftakt machte eine Einführung in die Unternehmensinsolvenz und -restrukturierung. In den folgenden Beiträgen beleuchteten wir die Haftung von Geschäftsführern bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung sowie das Insolvenzgeld und die Insolvenzgeldvorfinanzierung in der Praxis. Des Weiteren widmeten wir uns der Reform zum neuen Insolvenzanfechtungsrecht, der Insolvenzantragspflicht und den Insolvenzgründen für Unternehmen. Anschließend berichteten wir über die Entscheidung des EuGH zum Beihilfecharakter der Sanierungsklausel sowie die Vorverlagerung des Zeitpunkts der Zahlungsunfähigkeit. Daraufhin setzten wir uns mit dem Ablauf des Insolvenzantrags und des Insolvenzeröffnungsverfahrens und dem Insolvenzantrag durch Gläubiger auseinander. Danach wurde die Insolvenzforderung vs. MasseforderungVerkürzung des Schutzes durch D&O – Versicherungen und Forderungen und Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz betrachtet. Weiter erschienen Beiträge zum Insolvenzantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit – Entmachtung des Gesellschafters oder Haftungsfalle für die Geschäftsführung, zu Gläubigerrechten in der Krise oder Insolvenz des Schuldners, zu Gläubigerausschuss und Gläubigerversammlung sowie zu Pensionsansprüchen des beherrschenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers in der GmbH-Insolvenz. Es folgten Beiträge zum Schutz vor der Insolvenzanfechtung durch Bargeschäfte und der Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne. Anschließend erschien ein Beitrag zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters sowie Beiträge zum fehlenden Fiskusprivileg in der vorläufigen Eigenverwaltung, der ESUG Evaluation und zur Mindestbesteuerung in der Insolvenz. Auch erschienen Beiträge zur Aufrechnung in der Insolvenz, zu Aus- und Absonderungsrechten und zum Insolvenzplanverfahren sowie zum Lieferantenpool. Weiter haben wir zu Folgen und Wirkungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, über das Konzerninsolvenzrecht und die Treuepflichten in der Krise sowie Cash Pooling als Finanzierungsinstrument im Konzern berichtet. Zuletzt klärten wir über die Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für Zahlungen in der Krise, über das  französische Insolvenzverfahren, die Procédure de Sauvegarde und Sauvegarde financière accélérée, sowie die Forderungsanmeldung und Haftung von Geschäftsleitern für Verletzungen von Steuerpflichten auf. Ebenfalls zeigen wir die Grundlagen von Sanierungskonzepten und Sanierungsgutachten auf und gehen auf das Verhältnis von Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld ein. Zuletzt haben wir uns mit dem Datenschutz im Asset-Deal beschäftigt. 

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