20. Januar 2014
International Vergaberecht

EU-Parlament beschließt Änderung der Vergaberichtlinien

Am 15. Januar 2014 hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit die Richtlinien zur Neuregelung des Vergaberechts angenommen. Die Richtlinien sollen das Vergaberecht einfacher und moderner machen.

Nunmehr bedarf es nur noch der Zustimmung durch den Europäischen Rat, die allerdings als Formalie anzusehen ist,  und der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt, damit die Novellierung in Kraft treten kann. Damit wird noch im Februar dieses Jahres gerechnet. Damit befindet sich ein Prozess auf der Zielgeraden, der bereits Anfang 2011 mit Vorlage des Grünbuchs der Europäischen Kommission über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens eingeleitet worden war.

Eine Reihe der von der Kommission verfolgten Änderungen waren politisch sehr umstritten und wurden daher ausgeklammert oder abgeschwächt.

Drei neue Richtlinien

Insgesamt besteht das Paket aus drei Richtlinien. Die bisherige Vergabekoordinierungsrichtlinie (Richtlinie 2004/18/EG) und die Sektorenrichtlinie (Richtlinie 2004/17/EG) werden jeweils durch eine neue Richtlinie ersetzt.

Neu ist die Richtlinie zur Konzessionsvergabe, mit der ein umfassendes Regelungsregime für die Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen sowie von Aufträgen durch die Konzessionäre geschaffen wird (dazu berichteten wir bereits). Bislang hatte es auf EU-Ebene lediglich einzelne Bestimmungen in der Vergabekoordinierungsrichtlinie zur Baukonzession gegeben.

Ziel der Novellierung ist die Modernisierung und Vereinfachung des Vergaberechts. Die neuen Vorschriften bringen allerdings eine erhebliche Ausweitung der Regelungsdichte mit sich.

Wichtige  Neuerungen im Überblick:

  • Die Anwendung des formellen Vergaberechts auf Dienstleistungskonzessionen sowie umfassendere europarechtliche Vorgaben für die Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen. Angesichts des großen Widerstands der Kommunen und in der Bevölkerung wurde der Bereich der Trinkwasserversorgung vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen.
  • Regelungen zur Inhouse-Vergabe und zu interkommunalen Kooperationen. Die Regelungen übernehmen wesentliche Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Richtlinientext und sind deshalb im Hinblick auf die Rechtssicherheit zu begrüßen.
  • Der Anwendungsbereich des Verhandlungsverfahrens wird erweitert.
  • Regelungen zur „Selbstreinigung″ im Fall schwerwiegender Verfehlungen von Anbietern.
  • Für Entwicklungsaufträge wird das neue Verfahren der Innovationspartnerschaft eingeführt.
  • Aufweichung der strikten Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien, wenn die Qualifikation des ausführenden Personals für die Qualität der zu erbringenden Leistung entscheidende Bedeutung hat (z.B. bei Planerverträgen).
  • Konkretisierungen zur Anwendung des Vergaberechts auf Vertragsänderungen.
  • Einführung vergabefremder Aspekte in das Verfahren, insbesondere im Hinblick auf umweltpolitische und soziale Belange.

Angesichts der immer weitergehenden Detaillierung der Vergaberechtsvorschriften kann man durchaus kritisch hinterfragen, ob diese Novellierung ihr Ziel erreicht: die Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung.

Die Praxis kann sich nun zwei Jahre lang auf das neue Vergaberecht vorbereiten, da die Richtlinien nach Inkrafttreten innerhalb dieses Zeitraums in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Tags: Bau- und Dienstleistungskonzession Konzessionsvergabe Novellierung Sektorenrichtlinie Vergabekoordinierungsrichtlinie