16. Juli 2012
Internationale Zuständigkeit
Europarecht

Warum ein deutsches Gericht englische Pressemitteilungen nicht lesen muss

Die grenzenlose Welt der Internet macht das Leben häufig leicht: Mit einem Klick kann man sich über ein Unternehmen in Indien informieren, um dann nach einer kurzen Recherche über ein traditionelles afrikanisches Rezept online einen Flug nach Kansas City zu buchen. Die Welt kommt also über das Internet nach Hause. Doch manchmal wird es dadurch erst so richtig kompliziert: In welchem Land muss man gegen missliebige Pressemitteilungen vorgehen, die ein Wettbewerber im Internet veröffentlicht?

Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für angeblich persönlichkeitsrechtsverletzende oder lauterkeitswidrige Aussagen auf ausländischen Websites beschäftigt die Gerichte immer wieder. Einmal mehr hatte nun das OLG Frankfurt darüber zu befinden, ob es für die lauterkeitsrechtliche Beurteilung einer englischsprachigen Pressemitteilung zuständig war (Urteil vom 24.05.2012, Az. 6 U 103/11).

Die beanstandete Pressemitteilung befand sich auf einer .com-Seite. Riefen Nutzer diese Seite von Deutschland aus auf, wurden diese automatisch auf die deutschsprachige Version der Website geleitet. Die beanstandete Pressemitteilung befand sich dort nicht – weder in deutscher noch in englischer Sprache. Die Pressemitteilung war nämlich ausschließlich auf der englischsprachigen Version der Website zu finden.

Nutzer aus Deutschland konnten zwar auch die englischsprachige Version der Website ansteuern. Dies setzte allerdings voraus, dass über ein Drop down-Menü die englische Sprachfassung der Website aktiv angewählt werden musste. Nach den Voreinstellungen der Website waren solche „Ausflüge″ für Nutzer aus Deutschland als Standard aber nicht vorgesehen.

Daher verneinte das OLG Frankfurt abweichend von der Vorinstanz seine internationale Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO: Für die internationale Zuständigkeit bei Wettbewerbsverletzungen ist es nach dieser Vorschrift erforderlich, dass der Erfolgsort im Inland belegen ist. Nach Auffassung des OLG Frankfurt fehlt es aber daran, wenn der Internet-Auftritt, der die mögliche Wettbewerbsverletzung enthält, sich bestimmungsgemäß nicht im Inland auswirken soll.

Für den vorliegenden Fall stellte das OLG Frankfurt sinngemäß diese Formel auf: Eine Unterseite einer Website in englischer Sprache ist nicht für das Inland (= Deutschland) bestimmt, wenn zugleich auch eine deutschsprachige Unterseite existiert. Daran ändert sich nach Auffassung des Gerichts auch nichts, wenn in der auf der englischen Unterseite veröffentlichten Pressemitteilung ein in Deutschland ansässiges Unternehmen namentlich genannt wird und dieses gegen die Pressemitteilung vorgehen möchte.

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