29. August 2016
Gesellschafterstreit
Unternehmensnachfolge Corporate / M&A Private Clients

Gesellschafterstreit: Das kommt in den besten Familien vor

Zur Vermeidung eines langwierigen Gesellschafterstreits sind eine vorausschauende Planung und Vertragsgestaltung elementar.

Gesellschaften sind auf eine langfristige Zusammenarbeit der Gesellschafter ausgelegt, Familiengesellschaften häufig über Generationen hinweg. Wie alle dauerhaften Beziehungen sind auch gesellschaftsrechtliche Verhältnisse anfällig für Streit. Nicht selten entzünden sich Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer Unternehmensnachfolge. Langjährige Strukturen verändern sich mit den Nachfolgern und bringen Althergebrachtes ins Wanken.

Gerade in Familienunternehmen werden Streitigkeiten aufgrund der familiären Bindung besonders emotional geführt. Die Gefahr irrationaler Reaktionen und die Ausdauer, mit der ein Gesellschafterstreit geführt wird, ist höher als bei nicht familiär verbundenen Gesellschaftern. Wir zeigen typische Konfliktszenarien und Lösungen zur Streitvermeidung und Streitbeilegung auf.

Risiken bei Gesellschafterstreit: Blockade oder Existenzgefährdung

Streitigkeiten im Gesellschafterkreis sind zunächst für alle Beteiligten mühsam und zeitaufwändig. Problematisch werden solche Konflikte aber dann, wenn sie sich unmittelbar oder mittelbar auf das Unternehmen auswirken. Insbesondere in Familiengesellschaften sind die Gesellschafter meist diejenigen, die die strategischen Leitlinien für das Unternehmen vorgeben, wenn nicht alle oder einzelne Gesellschafter zugleich auch in der Unternehmensführung aktiv sind.

Sind die Gesellschafter über die Zukunft des Unternehmens uneinig und werden dadurch wichtige, zukunftsweisende Entscheidungen verhindert, kann dies die operative Führung der Gesellschaft ebenfalls blockieren. Möglicherweise zögert die Geschäftsführung bei Gesellschafterstreitigkeiten richtungsweisende Entscheidungen heraus, wenn sie erkennt, dass die Gesellschafter nicht hinter ihr stehen. Möglicherweise machen Gesellschafter Entscheidungen der Geschäftsführung wieder rückgängig. Im schlimmsten Fall kann ein nicht gelöster Gesellschafterstreit ein Unternehmen in seiner Existenz gefährden.

Solche Gesellschafterstreits gilt es durch vorausschauende Gestaltung zu verhindern. Auf die nachfolgenden typischen Konfliktfelder können sich Familienunternehmer vorbereiten.

Gemeinsames Ziel nicht aus den Augen verlieren

Gerade in familiengeführten Gesellschaften finden sich häufig Konstellationen, in welchen eine oder mehrere Personen die Mehrheit und damit faktisch das Sagen haben. Setzt die Mehrheit Entscheidungen gegen den Willen der Minderheit um, fühlen sich Minderheitsgesellschafter leicht umgangen. Die Gefahr besteht insbesondere, wenn die Mehrheitsgesellschafter auch in der operativen Geschäftsführung tätig sind. Der Gesellschafterstreit schaukelt sich hoch, wenn sich die zwei Fronten dauerhaft und unversöhnlich gegenüberstehen. In diesen Fällen verlieren die Streitparteien häufig das gemeinsame Ziel, nämlich die Sicherung des Fortbestandes und die Entwicklung des gemeinsamen Unternehmens, aus dem Auge und stellen persönliche Interessen in den Vordergrund.

Besonderes Konfliktpotential bieten auch Entscheidungen über die Zulassung oder die Begrenzung von Entnahmerechten. Hier spielt nicht nur der persönliche finanzielle Bedarf der einzelnen Gesellschafter eine Rolle, sondern auch das Interesse der Gesellschaft an ausreichender Finanzierung.

Abstimmung von gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen und persönlicher Nachfolgeplanung

Rücken für einen Gesellschafter mehrere Erben nach oder tritt gar ein „Patriarch″ ab, müssen sich die Mehrheitsverhältnisse neu sortieren. Das kann einerseits eine Chance sein, festgefahrene Strukturen aufzubrechen. Andererseits können sich neue Konfliktfelder zwischen den „alten″ und den „neuen″ Gesellschaftern ergeben.

Wird der Kreis der Gesellschafter über mehrere Generationen hinweg immer größer, wird es immer schwieriger, eine gemeinsame Basis zu finden. Das gemeinsame Ziel, das zwei oder drei Gründungsgesellschafter verbunden hat, ist nicht ohne weiteres auf die nächsten Generationen übertragbar. Die Regelungen zur Nachfolge in den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen und die persönliche Nachfolgeplanung der einzelnen Gesellschafter sind daher stets aufeinander abzustimmen.

Ausgewogene vertragliche Regelungen können Gesellschafterstreit vermeiden

Damit derartige Konflikte erst gar nicht entstehen, sollten der Gesellschaftsvertrag oder andere Vereinbarungen im Gesellschafterkreis möglichst ausgewogene Regelungen zur Willensbildung in der Gesellschaft enthalten. Informationsrechte für Gesellschafter, die nicht in der Geschäftsführung tätig sind, schaffen einen möglichst gleichen Wissensstand. Dadurch wird verhindert, dass sich einzelne Gesellschafter übergangen fühlen. Ein Katalog von Regelungsgegenständen, welche nur mit besonderen Mehrheiten beschlossen werden können, ermöglicht es der Minderheit, wesentliche Beschlüsse entscheidend mitzugestalten.

Bei größeren Änderungen im Gesellschafterkreis oder auch bei wesentlichen Strukturänderung in der Gesellschaft empfiehlt es sich, die bestehenden Vereinbarungen kritisch daraufhin zu überprüfen, ob sie für die aktuellen Verhältnisse in der Gesellschaft weiterhin geeignet sind. Dies setzt allerdings voraus, dass sämtliche Gesellschafter bereit sind, bestehende Vereinbarungen anzupassen. Dabei dürfen sie nicht nur den eigenen Vorteil verfolgen, sondern sollten gemeinsam an einer für alle Gesellschafter und für das Unternehmen vorteilhaften und ausgewogenen Lösung arbeiten.

Gesellschafterstreit: Familientage können Diskussionskultur schaffen

Denn auch noch so ausgewogene vertragliche Regelungen können nicht verhindern, dass Mehrheits- oder Minderheitsgesellschafter die ihnen zustehenden Rechte missbrauchen. Als präventive Maßnahme hat sich die Abhaltung eines sogenannten Familientags bewährt, auf dem außerhalb der Gesellschafterversammlung grundlegende Themen besprochen werden können.

Diese Versammlung muss sich nicht notwendig auf den Kreis der Gesellschafter beschränken, sondern kann z.B. auch die Kinder und zukünftigen Nachfolger umfassen. Findet der Familientag regelmäßig statt, auch in Zeiten, in denen noch keine grundlegenden Streitigkeiten bestehen, kann eine gemeinsame Basis geschaffen werden, auf die im Streitfall zurückgegriffen werden kann. Der Familientag schafft eine gemeinsame Diskussionskultur. So können emotionale Eskalationen und manche Gesellschafterstreitigkeiten vermieden werden.

Grundlegende Themen, die auf dem Familientag oder auf andere Weise im Gesellschafterkreis besprochen wurden und die erzielten Ergebnisse, können in einer Gesellschaftervereinbarung festgehalten werden. Auf diese Weise erhält das gemeinsam erarbeitete Ziel auch eine gewisse vertragliche Verbindlichkeit.

Möglichkeiten der Konfliktlösung bei einem Gesellschafterstreit

Dennoch werden sich nicht alle Konflikte im Vorfeld verhindern lassen. Kommt es zum Gesellschafterstreit, kann auf verschiedene Mechanismen der Konfliktlösung zurückgegriffen werden.

Ein Gesellschafterstreit betrifft meist nicht nur persönliche Themen der Gesellschafter, sondern auch schutzwürdige Interessen des Unternehmens. Es ist daher nicht im Interesse der Beteiligten, dass persönliche und mitunter vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Die gesellschaftsinterne Konfliktlösung durch einen Gesellschafterausschuss, Beirat oder Familienrat hat den Vorteil, dass der Gesellschafterstreit nicht nach außen getragen wird. Wird der Gesellschafterstreit durch eine oder mehrere Personen gelöst, die die Streitparteien kennen, wird diesen Personen oftmals größeres Vertrauen entgegengebracht. Dies setzt jedoch voraus, dass man sich im Vorfeld Gedanken über eine sinnvolle Besetzung dieser Organe gemacht hat und die Personen von allen Beteiligten akzeptiert sind. Nicht zuletzt können die Kosten der Streitbeilegung durch eine gesellschaftsinterne Lösung niedrig gehalten werden.

Die externe Beilegung eines Gesellschafterstreits hat dagegen den Vorteil, dass eine neutrale Instanz entscheidet, die keiner der Streitparteien nahesteht. In einem vertraulichen Mediations- oder Schlichtungsverfahren können die Gesellschafter unter professioneller Anleitung eines Mediators oder Schlichters versuchen, den Streit selbst zu lösen. Dies gelingt jedoch nur, wenn die Beteiligten ein gewisses Maß an Kompromissbereitschaft haben. Anderenfalls bleibt nur der Gang vor ein staatliches Gericht oder Schiedsgericht.

Vorausschauende Planung und Vertragsgestaltung

Den Konflikt im Kreis der Gesellschafter wird man im Vorfeld nie verhindern können. Durch vorausschauende Planung und Vertragsgestaltung können die Gesellschafter aber ein Umfeld schaffen, in welchem Konflikte möglichst ohne Schaden für das Unternehmen gelöst werden können.

Unsere Beitragsreihe stellt wichtige Aspekte rund um das Thema Unternehmensnachfolge dar. Angefangen mit dem Gesellschaftsvertrag, folgt der Unternehmensverkauf an Finanzinvestoren und an strategische Investoren sowie ein Beitrag zum möglichen Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen. Weitere Beiträge handeln vom Erbschaftsteuerrecht und den Auswirkungen auf Familienunternehmen, dem Minderjährigen als Unternehmensnachfolger und der Betriebsaufspaltung bei der Unternehmensübertragung. Weiter haben wir uns mit der Möglichkeit einer Familienstiftung an sich und ihrer steuerrechtlichen Besonderheiten beschäftigt. Zuletzt kamen Antworten auf Fragen rund um das Unternehmertestament und zum Pflichtteilsrecht sowie zum Güterstand der Gesellschafter und dem internationalen Erbrecht in der Unternehmensnachfolge. Bei Fragen zögern Sie nicht, mit unserer Expertin Frau Birgit Schneider in Kontakt zu treten.

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