17. April 2015
Vorratsdatenspeicherung
Datenschutzrecht

Update Vorratsdatenspeicherung

Der Streit um die Vorratsdatenspeicherung geht in eine neue Runde. Ergänzend zum Beitrag vom 18.03.2015 weisen wir auf die jüngsten Entwicklungen hin.

Der Streit um die Vorratsdatenspeicherung geht in eine neue Runde. Ergänzend zu unserem Beitrag zu diesem Thema vom 18.03.2015 weisen wir daher auf die jüngsten politischen Entwicklungen hin.

Neueste Entwicklungen

Am Mittwoch hat Justizminister Heiko Maas (SPD) in Berlin die „Leitlinien des BMJV zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchsstpeicherfrist für Verkehrsdaten″ veröffentlicht. Dem ging eine Einigung mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) voraus.

Der Inhalt der Leitlinien

Die Leitlinien lassen sich im Wesentlichen in zehn Punkten zusammenfassen. In aller Kürze:

  1. Gespeichert werden dürfen: Genau bezeichnete Verkehrsdaten im Rahmen eines Telekommunikationsvorgangs (insbesondere Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer eines Anrufs, bei Mobilfunk auch die Standortdaten, IP-Adressen inklusive Zeitpunkt und Dauer der Vergabe einer IP-Adresse).
  2. Speicherverbot für Kommunikationsinhalte, aufgerufene Internetseiten, Daten von Diensten der elektronischen Post.
  3. Speicherfrist: Vier Wochen für Standortdaten, in allen übrigen Fällen zehn Wochen.
  4. „Engdefinierten Strafverfolgungszwecke„: Die gespeicherten Daten sollen die Strafverfolgungsbehörden abrufen dürfen. Den Ländern soll ermöglicht werden, in ihren jeweiligen Polizeigesetzen Abrufbefugnisse im Falle tatsächlicher Anhaltspunkte für „konkrete schwerste Gefahren“ zu regeln (insbesondere terroristische Straftaten und Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter wie Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung).
  5. Ausnahmen für sog. Berufsgeheimnisträger (z.B. Seelsorger, Ärzte, Rechtsanwälte) vorgesehen.
  6. Richtervorbehalt: Der Abruf gespeicherter Daten soll einen Richtervorbehalt erfordern. Eine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft soll hingegen nicht bestehen.
  7. Transparenz: Betroffene sollen grundsätzlich (spätestens nach Ende der Prüfung der abgerufenen Daten) über die Maßnahme informiert werden.
  8. Datensicherheit: Die gespeicherten Daten sind im Inland zu hosten. Anbieter müssen diese vor unbefugtem Zugriff durch geeignete Sicherheitsmaßnahmen sichern. Nach Ablauf der Speicherfrist sind die Daten zu löschen. TK-Anbieter, die dem nicht nachkommen oder Daten nicht hinreichend sichern, sollen mit Sanktionen belegt werden.
  9. Neuer Straftatbestand: Überdies soll der Straftatbestand der „Datenhehlerei″ geschaffen werden, um Regelungslücken zu schließen.
  10. Entschädigung: Es sollen finanzielle Entschädigungsregelungen für die TK-Anbieter geschaffen werden (für Abrufe oder bei unverhältnismäßiger Kostenlast).

Erste Reaktionen sind kritisch

Die Reaktionen auf die Leitlinien sind wie nicht anders zu erwarten gespalten.

Während beispielsweise der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt, die Leitlinien gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung als einen „guten Kompromiss″ lobte und nur die Speicherfrist von maximal zehn Wochen als zu kurz bewertete („Dazu müssen die Gerichte personell und technisch entsprechend ausgestattet werden.“), kritisieren Datenschützer die Eingriffe in das informelle Selbstbestimmungsrecht und das Fernmeldegeheimnis der Nutzer durch die anlasslose Speicherung von Daten.

Aus den Reihen der FDP sowie vom früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum (ebenfalls FDP) werden in diesem Zusammenhang sogar das spätere Erheben einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Aussicht gestellt.

Fazit

Die Leitlinien werden für die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs zur Vorratsspeicherung von zentraler Bedeutung sein. Neben den Bürgern ist die aktuelle Entwicklung auch für TK-Anbieter bedeutsam. Um für eine eventuelle Umsetzung einer Speicherpflicht gewappnet zu sein ist zu raten, frühzeitig zu prüfen, ob bzw. inwiefern sie durch eine mögliche Einführung der Vorratsdatenspeicherung ggf. ihre Prozesse anpassen müssten.

Ein Ende des Streits um die Vorratsdatenspeicherung ist gleichwohl noch nicht gesetzt. Zumal – sollte es tatsächlich zu einer (erneuten Verfassungsbeschwerde kommen – das Bundesverfassungsgericht bereits mit Urteil vom 2. März 2010 vorherige Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung wegen Verletzung des Telekommunikationsgeheimnisses gemäß Art. 10 Abs. 1 GG für verfassungswidrig erklärt hatte (1 BvR 256/08, 1 BvR 263/08, 1 BvR 586/08).

Der Fortgang der Debatte bleibt mit Spannung abzuwarten. Einstweilen lässt sich festhalten, dass dieser „Kompromiss″ der Großen Koalition wohl weder die Befürworter noch die Gegner der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung zufrieden gestellt hat.

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