23. März 2016
Datenschutz unerwünschte E-Mail Werbung
Datenschutzrecht

Unerwünschte E-Mail Werbung – P.S. Bitte keine Werbung

Automatisch generierte Bestätigungs-E-Mails mit Werbung können einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen.

Wenn der Betroffene den Erhalt von Werbung per E-Mail ausdrücklich nicht wünscht, sollte nach einem Urteil des BGH (vom 15. Dezember 2015, Az. VI ZR 134/15) dieser Widerspruch ernst genommen werden. Wird trotz des Widerspruchs weiterhin Werbung zugesandt, stellt dies eine rechtswidrige Handlung dar – selbst dann, wenn die Werbung nur in einer Bestätigungs-E-Mail erscheint.

Auf die Kündigung folgt Bestätigungs-E-Mail mit unerwünschter Werbung

Der Kunde eines Versicherungsunternehmens wandte sich mit der Bitte um Bestätigung einer von ihm ausgesprochenen Kündigung per E-Mail an das Versicherungsunternehmen. Das Versicherungsunternehmen bestätigte die E-Mail mit einer automatisch generierten Bestätigungs-E-Mail folgenden Inhalts:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihrer Mail. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre S. Versicherung

Übrigens: Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für S. Kunden. Infos und Anmeldung unter (…).

Neu für iPhone-Nutzer: Die App S. Haus & Wetter, inkl. push Benachrichtigungen für Unwetter und vielen weiteren nützlichen Features rund um Wetter und Wohnen: (…)

***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf. ***

Der Kunde beschwerte sich mit einer zweiten E-Mail über die am Ende der Bestätigungs-E-Mail befindlichen mit „Übrigens:“ eingeleiteten Hinweise, die ihn auf weitere Dienstleistungen und Produkte des Unternehmens aufmerksam machten. Das Versicherungsunternehmen reagierte darauf mit einer automatisch generierten Antwort-E-Mail, die am Ende erneut derartige Werbehinweise enthielt.

BGH: rechtswidriger Eingriff in allgemeines Persönlichkeitsrecht

Der BGH spricht dem Kunden auf der Grundlage dieses Sachverhalts einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu.

Auch ein von einer natürlichen Person unterhaltenes elektronisches Postfach sei Teil der Privatsphäre. Die Zusendung von E-Mails zum Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Empfängers greife in die geschützte Privatsphäre des Empfängers ein. Ähnlich dem Einwerfen von Werbematerial in Briefkästen, auf denen ausdrücklich der Hinweis „Bitte keine Werbung“ angebracht sei.

Der BGH kann im folgenden Fall dahinstehen lassen, ob der Regelung des Art. 13 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (Richtlinie 2002/58/EG)

aufgrund des Gebots zur richtlinienkonformen Auslegung dadurch Geltung zu verschaffen ist, dass sich ein Verstoß gegen diese Regelung stets als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt.

Art. 13 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation siehe vor, dass die Verwendung elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung nur bei vorheriger Einwilligung der Empfänger gestattet sei. Darauf komme es im vorliegenden Fall aber nicht an, da der Kunde jedenfalls im Rahmen seiner zweiten E-Mail dem Erhalt von Werbung widersprochen habe und das Versicherungsunternehmen dem nicht nachgekommen sei. Schon aus diesem Grund sei nach dem BGH eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Kunden gegeben.

Die unerwünschte E-Mail Werbung diente der mittelbaren Absatzwerbung

Dass es sich bei den Hinweisen auf die kostenlosen Unwetterwarnungen sowie der App um Werbung handelt, steht für den BGH außer Frage. Unbeachtlich sei die Tatsache, dass die von dem Versicherungsunternehmen angebotenen Serviceleistungen kostenlos seien. Sie betreibe mit ihren Hinweisen zumindest mittelbar Absatzwerbung.

Unbeachtlich sei auch, dass die Hinweise in der vom Kunden „erwünschten“ Bestätigungs-E-Mail erfolgten. Der BGH führt hierzu aus, dass die Eingangsbestätigung selbst zwar keine Werbung sei, dies habe aber nicht zur Folge, dass die in der E-Mail enthaltene Werbung gerechtfertigt sei. Das Versicherungsunternehmen habe hier die zulässige Eingangsbestätigung mit einer unzulässigen Werbemaßnahme verknüpft. Diese sei von keiner Einwilligung gedeckt gewesen.

Werbemaßnahmen: ein rechtliches Minenfeld

Die BGH Entscheidung bestätigt, dass Werbemaßnahmen gegenüber Verbrauchern für die Unternehmen immer schwieriger zu handhaben sind. Unternehmen müssen sich auf umso mehr Streitigkeiten einstellen, je weiter der BGH die Bereiche ausdehnt, die er vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht erfasst sieht.

Der BGH betont in seiner Entscheidung nochmals sein weites Verständnis vom Begriff der Werbung. Werbung umfasse demnach alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes der Produkte oder Dienstleistungen gerichtet seien. Auch mittelbare Absatzförderung genüge.

Ob es sich bei solchen Werbehinweisen um große Bannerwerbung oder um einen wie hier kurzen Zweizeiler zu neuen Produkten oder Dienstleistungen handelt, spielt nach der aktuellen Entscheidung keine Rolle.

Zwar gesteht der BGH zu, dass die vorliegenden Hinweise nur schwer als Werbebotschaften zu erkennen seien und der Empfänger mit wenig Aufwand Werbung und Information der E-Mail auseinanderhalten könnte. Mit Blick in die Zukunft vermag der BGH den „Zusätzen“ zu E-Mails an Verbraucher aber nichts Positives abgewinnen:

Denn im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierungsmöglichkeit arbeitssparende Versendungsmöglichkeit ist mit einem Umsichgreifen der Werbeart zu rechnen.

Werbefooter aus E-Mails entfernen

Nach der Entscheidung des BGH kann Unternehmen nur dazu geraten werden, auch kurze Werbefooter aus automatisierten E-Mails gegenüber Verbrauchern zu entfernen. Zumindest solange technisch nicht gewährleistet werden kann, dass Widersprüche der Verbraucher gegen Werbezusendungen sicher erkannt und beachtet werden.

Dass ausgesprochene Widersprüche zwingend zu berücksichtigen sind, gilt im Übrigen auch bei manuell erstellten Antwort-E-Mails. Unternehmen sollten entsprechende Vorkehrungen treffen und ihre Mitarbeiter anweisen. Unklar bleibt, wie sich das Verhältnis von Art. 13 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation und dem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gestaltet.

Bei einer Klärung dieser Frage dürfte allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass in Art. 13 Abs. 2 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation für Kundenkontakte eine Ausnahmeregelung der Direktwerbung für ähnliche Produkte oder Dienstleistungen angelegt ist, sofern den Kunden klar und deutlich die Möglichkeit eingeräumt wird, einer solche Nutzung bei Erhebung und bei jeder Übertragung der Kontaktinformationen zu widersprechen.

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