2. September 2011
EuGH
Vergaberecht

Vergaberecht für Konzessionen?

Die EU-Kommission beabsichtigt seit langem, neue Vergabevorschriften für Konzessionen festzulegen. Insbesondere will sie die vergaberechtlichen Vorschriften auf Dienstleistungskonzessionen ausweiten. Bislang finden insoweit nur die allgemeinen Grundsätze der Dienstleistungsfreiheit Anwendung, die eine diskriminierungsfreie und transparente Vergabe vorschreiben (vgl.  hier). Regelungen in einer verbindlichen EU-Richtlinie wurden bislang von den Mitgliedsstaaten blockiert. Auch in Deutschland haben sich die Kommunen und kommunalen Unternehmen immer wieder gegen die Ausweitung des Vergaberechts auf Dienstleistungskonzessionen ausgesprochen.

Nunmehr liegt der Entwurf einer Richtlinie vor, dessen Veröffentlichung Mitte September 2011 geplant ist. Dieser Richtlinienvorschlag sieht vor, dass die Vergabekoordinierungsrichtlinie (Richtlinie 2004/18/EG) und die Sektorenrichtlinie (Richtlinie 2004/17/EG) geändert werden. Im Einzelnen sind folgende Änderungen vorgesehen:

  • Die Definition von Konzessionen wird präzisiert, wobei insbesondere Bezug genommen wird auf die Übernahme von Betriebsrisiken. Dazu wird erläutert, welche Art von Risiken hiervon erfasst sind und wie weit die Risikoübernahme gehen muss.
  • Die bisher für Baukonzessionen geltenden Regeln werden auf Dienstleistungskonzessionen sowie Konzessionsverträge im Sektorenbereich erstreckt. Vorgesehen sind danach die Pflicht zur Bekanntmachung der Ausschreibung von Konzessionen, deren Wert die Schwellenwerte überschreiten, die Festlegung von Mindestanforderungen an die mitzuteilenden Informationen sowie eine Mindestfrist für Teilnahmeanträge. Wie bisher für Baukonzessionen enthalten die Neuregelungen auch Anforderungen an die Vergabe von Aufträgen durch die Konzessionäre. Zudem kann der Konzessionsgeber Vorgaben machen, wonach eine bestimmte Prozentzahl von Unteraufträgen an Dritte zu vergeben ist.
  • Vorgesehen ist zudem eine Ausweitung der Rechtmittelrichtlinie auf sämtliche Konzessionen mit einem Wert oberhalb der Schwellenwerte. Hierdurch soll ein effektiver Rechtsschutz sichergestellt werden. Vorgesehen sind danach eine Stillhalteperiode, bevor der Zuschlag erteilt wird, und die Möglichkeit des Gerichts, bereits geschlossene Verträge aufzuheben.
  • Neu sind Vorgaben an die Zuschlags- und Auswahlkriterien. Diese Anforderungen sind weniger restriktiv als bei sonstigen öffentlichen Aufträgen. Sie müssen im Vorhinein bekannt gegeben werden und objektiv und diskriminierungsfrei sein. Weitere Anforderungen betreffen die Transparenz und Chancengleichheit im Verhandlungsverfahren.

Es ist mit erheblichen Widerständen insbesondere aus den Reihen der Kommunen und kommunalen Unternehmen zu rechnen. Der Anwendungsbereich ist auch nicht unerheblich. Erfasst wären auch Konzessionen im Bereich Energie, Transport und Telekommunikation. Da die Anforderungen des EuGH an ein diskriminierungsfreies und transparentes Verfahren bereits jetzt sehr hoch sind (vgl. dazu hier), würde die Richtlinie insoweit nur bedingt zu einer Verschärfung der Anforderungen führen. Selbst wenn man strengeren Anforderungen an Dienstleistungskonzessionen kritisch gegenüber steht, stellt sich daher die Frage, ob eindeutige Vorgaben nicht besser sind als der derzeitige Schwebezustand, in dem die Anforderungen durch eine mehr oder weniger eindeutige EuGH-Rechtsprechung und Guidelines der Kommission bestimmt werden. Die eigentlich merkbare Änderung ergibt sich aus der Erstreckung des Vergabenachprüfungsverfahrens auf Dienstleistungskonzessionen. Damit geht nicht nur ein erheblich effektiverer Rechtsschutz einher, sondern wird wegen drohender Nachprüfungsanträge von Mitbietern auch die Anwendung der rechtlichen Anforderungen durch die Vergabestellen gesteigert.

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