Der Umgang mit psychischen Belastungen bei der Arbeit tritt in die nächste Runde.
Wir hatten bereits Anfang des Jahres berichtet, dass die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) sich dem Schutz und der Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung widmet – ein Thema, dem sich kein Arbeitgeber in der kommenden Zeit wird entziehen können.
Schon im Herbst des vergangenen Jahres entschied sich die Bundesregierung, den Schutz vor „psychischen Belastungen″ ausdrücklich in das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) aufzunehmen. Im Rahmen des „Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen″, dem nach dem Bundestag Ende Juni in der vergangenen Woche nun auch der Bundesrat zugestimmt hat, ist dies jetzt erfolgt:
- Danach muss der Arbeitgeber die Arbeit so gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben und die „physische und psychische″ Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.
- Ausdrücklich werden nun im Katalog möglicher Gefährdungen, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu untersuchen sind, „psychische Belastungen″ aufgeführt.
Für Unternehmen gilt es nun, die bisherige Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz zu prüfen und die Gefährdungsbeurteilung um die Thematik psychischer Belastungen zu erweitern.
Die Änderung des Arbeitsschutzgesetzes ist eine Klarstellung geltenden Rechts. Es geht nicht erst jetzt los. Was jetzt in das Arbeitsschutzgesetzt geschrieben wird, galt seit Inkrafttreten des Gesetzes. Für Unternehmen gilt es seit 1996, die Gefährdungsbeurteilung um die Thematik psychischer Belastungen zu erweitern. Das Arbeitsschutzgesetz verlangt die Minderung von Gefährdungen. Da war es schon seit langem egal, ob das ein über Ihrem Kopf schwebendes Klavier war oder eine drohende psychische Fehlbelastung.
Das ist richtig! Und doch erwähnte bislang lediglich die Bildschirmarbeitsverordnung in § 3, dass psychische Belastungen im Rahmen der Gefährdungsunterweisung ermittelt werden sollten. Daher hat der Gesetzgeber die Änderung im Arbeitsschutzgesetz auch nur „Klarstellung“ genannt. Viele Unternehmen widmen sich dem Thema aber erst jetzt – für viele bedeutet das „Neuland“.
Gut, dass auch Sie die Klarstellung klarstellen 🙂 Richtig ist auch, dass die Bildschirmarbeitsverordnung in § 3 (mit Bezug zum § 5 ArbSchG) Gefährdungsbeurteilungen für psychische Belastungen fordert. Der Gesetzgeber nahm jetzt die Klarstellung im Arbeitsschutz vor, weil die große Mehrheit der Arbeitgeber (etwa 80% in Deutschland) sich entschieden hatten, psychische Belastungen bisher zu ignorieren. Die Anarchie im Arbeitsschutz ging nun wohl doch zu zu weit. Selbst die BDA weist in ihrem sehr guten Praxisleitfaden zur Beurteilung psychischer Belastungen darauf hin, dass das schon in der Vergangenheit Pflicht war.
Wichtig ist: Die Gesetzesänderung erteilt Betriebsleitungen, die bisher psychische Belastungen in vorschriftswidriger Weise nicht in ihren Arbeitsschutz einbezogen hatten, keine Absolution. Sie bleiben in der Verantwortung für Schäden, die sie mit diesem Verhalten angerichtet haben könnten. Der Tatbestand der Mißachtung der Regeln des ganzheitlichen Arbeitsschutz bleibt in diesen Fällen bestehen.