17. Mai 2011
Arbeitsrecht

Paukenschlag aus Erfurt im Befristungsrecht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) macht mit einer jüngeren Entscheidung im Befristungsrecht als „Ersatzgesetzgeber″ Schlagzeilen, indem es seine bisherige Rechtsprechung zum so genannten Anschlussverbot überraschend geändert hat (Urt. v. 06.04.2011 –  7 AZR 716/09, PM 25/11).

Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist an sich bis zu zwei Jahren zulässig. Das gilt allerdings nicht, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristeter oder unbefristeter Arbeitsvertrag bestanden hat (§ 14 Abs. 2 S. 1, 2 TzBfG). In diesem Fall entstand nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG ein „lebens­längliches“, d.h. zeitlich unbegrenztes Anschlussverbot, das unabhängig von der Art der vorherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers in dem Betrieb eingreift und eine sachgrundlose Befristung sperrt. Noch im Sommer 2009 hatte das BAG diese Ansicht ausdrücklich bestätigt.

Unter Berücksichtigung der politischen Mehrheitsverhältnisse gab es immer wieder Über­legung­en, das Anschlussverbot im TzBfG gesetzlich zu be­grenzen. Zuletzt wurde im Koalitionsvertrag vom 26.10.2009 angekündigt, dass eine (gegebenenfalls erneute) sachgrundlose Befristung zugelassen wird, wenn seit der Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber mindestens 1 Jahr vergangen ist.

Nun hat der 7. Senat des BAG dem Gesetzgeber „vorgegriffen″ und den Anwendungsbereich des An­schluss­verbotes eingeschränkt (Urt. v. 06.04.2011 – 7 AZR 716/09 PM 25/11). Eine „Zuvor-Beschäfti­gung“ sei ausgeschlossen, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliege. Die Anwendung des Anschlussverbotes sei nur insoweit gerechtfertigt, als dies zur Verhinderung von Befristungsketten erforderlich sei. Das sei bei lange Zeit zurückliegenden früheren Beschäftigungen typischer­weise nicht mehr der Fall. Hier rechtfertige der Gesetzeszweck die Beschränkung der Vertrags­freiheit der Arbeitsvertragsparteien und die damit verbundene Einschränkung der Berufs­wahl­freiheit des Arbeitnehmers nicht. Die Gefahr miss­bräuchlicher Befristungsketten bestehe regelmäßig nicht mehr, wenn zwischen dem Ende des früheren Arbeits­verhältnisses und dem sachgrundlos befristeten neuen Arbeitsvertrag mehr als drei Jahre lägen. Dieser Zeit­raum entspreche auch der gesetzgeberischen Wertung, die in der regelmäßigen zivilrechtlichen Verjährungs­frist zum Ausdruck komme.

Das BAG hat mit seiner aktuellen Entscheidung im positiven Sinne in das bisherige Befristungsrecht einge­griffen, indem es das gesetzliche Anschlussverbot nunmehr einschränkend auslegt. Diese Rechtsprechungsänderung dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass im Jahr 2009 die bisherige Zusammensetzung des Senats geändert wurde und der Vorsitz gewechselt hat. Letztlich bleibt zu hoffen, dass der Gesetz­geber – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – nicht weiter untätig bleibt, sondern die zeitliche Begrenzung des Anschlussverbotes einer klaren gesetz­lichen Regelung zuführt und dabei bestehende Gestaltungsspielräume zu Gunsten einer arbeitgeberfreundlichen flexibleren Handhabung von sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen nutzt.

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