24. August 2017
Green Bond
Sustainable Finance (ESG) Banking & Finance

Green Bonds – Kapitalmarkt mit grünem Gewissen?

Die Finanzierung von Umweltschutz-Projekten über Green Bonds verzeichnet ein starkes Wachstum. Wir geben einen Überblick über dieses Kapitalmarktinstrument.

Das für jedermann günstig finanzierbare Elektroauto muss genauso wenig wie die energieeffiziente computergesteuerte Stadt ein Wunschtraum ferner Zukunft bleiben. Die Umsetzung dieser und anderer nachhaltiger grüner Projekte hat bereits begonnen und wird durch Kapitalmarktinstrumente, die unter dem Begriff Green Bond bekannt sind, finanziert.

Ein Green Bond ist ein Bond, der sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass die Emissionserlöse für grüne Zwecke verwendet werden. Die Definition des „grünen Zwecks″ ist weit zu verstehen. Dem Innovationsgeist der Emittenten sind im Grunde keine Grenzen gesetzt: entscheidend ist allein, dass der Emissionserlös für den Umweltschutz verwendet wird.

Im Prinzip funktioniert der Green Bond wie jeder andere Bond auch. Ein Emittent, der für bestimmte Zwecke – hier im Speziellen die eingangs geschilderten grünen Zwecke – Kapital benötigt, beschafft sich dieses durch die Begebung eines Bonds am Kapitalmarkt. Die Gestaltung von Struktur, Rendite und Risikoprofil eines Green Bonds weist, mit Ausnahme der Festlegung der Verwendung der Emissionserlöse für grüne Zwecke, keine Besonderheiten gegenüber anderen Bonds auf.

Welche Projekte können über Green Bonds finanziert werden?

Die durch Green Bonds geschaffenen Finanzierungsmöglichkeiten für grüne Projekte sind im Grunde unbegrenzt.

Um den Green Bond zu verstehen, ist es entscheidend, sich zu vergegenwärtigen, dass der Kapitalmarkt grundsätzlich ein Markt wie jeder andere ist und somit durch das Prinzip von Angebot und Nachfrage geprägt wird. Der Markt bestimmt, ob und zu welchen Konditionen Emittenten Geld bei potentiellen Investoren aufnehmen können.

In der Praxis sehen wir Unternehmen und Banken, aber auch Staaten, Länder, Städte und Gemeinden als Emittenten grüner Bonds.

Vom Hybridauto bis zum Offshore Windpark: große Bandbreite an finanzierten Projekten

Finanziert werden die unterschiedlichsten Projekte: so zum Beispiel riesige Infrastrukturprojekte zur Förderung und Erzeugung von nachhaltiger Energie, wie die Finanzierung von Solaranlagen und Offshore Windparks. Genauso kann aber auch der Bau eines Green Buildings als Ausgangspunkt für eine moderne und nachhaltige Stadt über Green Bonds finanziert werden. Dasselbe gilt für Automobilhersteller, die über Green Bonds Konsumentenkredite für den Kauf von umweltschonenden Hybridautos finanzieren.

Weitere Praxisbeispiele sind Ladestationen für Elektroautos, der Erwerb umweltschonender öffentlicher Transportmittel, der Ausbau von Fahrradwegen oder energiesparende Straßenbeleuchtungen.

Wie die vorgenannten Beispiele zeigen, ist die Bandbreite an Projekten, für die eine Finanzierung über Green Bonds zur Förderung nachhaltigen und ökologischen Wachstums bereits genutzt wird, enorm groß.

Kurzfristige Gewinnerwartungen bestimmen den Erfolg der Green Bonds nicht allein

Der Kapitalmarkt ist maßgeblich von wirtschaftlichen Faktoren bestimmt. Vor allem die kurzfristige Gewinnerwartung der Anleger ist treibende Kraft dafür, ob sich bestimmte Wertpapiere – wie der Green Bond – am Kapitalmarkt durchsetzen.

Andere Einflussfaktoren sind politische oder gesellschaftliche Entwicklungen. Verkündet der amerikanische Präsident, dass die USA aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen, spiegelt sich diese Aussage unmittelbar am Kapitalmarkt wider. Der Kurs von Wertpapieren kann aufgrund dieser Aussage unmittelbar steigen oder fallen.

Neben der rein kurzfristigen Gewinnerwartung können aber auch mittel- und langfristige Renditeziele oder ideelle Werte individuelle Anlegeentscheidungen prägen. Ziele wie Klimaschutz und der nachhaltige Umgang mit Ressourcen können ebenfalls maßgeblich für eine Anlageentscheidung sein.

Vor diesem Hintergrund ist es eine spannende und interessante Entwicklung, dass der Markt für grüne Anlagen gegenwärtig enorme Wachstumsraten aufweist.

Starkes Marktwachstum in Industrie- und Schwellenländern 

Insbesondere in Schwellenländern wie China oder Indien ist zu beobachten, dass der Markt für Green Bonds rasant wächst. Diese Länder geraten aufgrund der übermäßigen Beanspruchung der Umwelt durch die Industrie an die Grenzen ihres wirtschaftlichen Wachstums. Es wurde erkannt, dass der Auf- und Ausbau umweltschonender Infrastruktur notwendig ist, um weiteres und gleichzeitig nachhaltiges Wachstum sicherzustellen.

Allerdings ist auch in den Industrieländern ein deutlicher Anstieg bei der Begebung von Green Bonds festzustellen. Die Emission von Green Bonds durch Unternehmen wie Apple – mit einem Emissionsvolumen von 1,5 Mrd. US-Dollar im Jahr 2016 und 1 Mrd. US-Dollar im Juni 2017 – zeigt, dass das grüne Thema ein Thema ist, dessen ideeller und auch wirtschaftlicher Wert steigt. Der Emissionserlös des Apple-Bonds soll unter anderem dazu verwendet werden, nachhaltige Materialien und das Recycling von Smartphones zu erforschen.

Wie groß ist der Kapitalmarkt für Green Bonds?

Der Green Bond Markt ist ein sehr junger Markt. Im Jahr 2007 zählten die Europäische Investitionsbank und die Weltbank zu den ersten Emittenten von Green Bonds.

Unter Experten herrscht Einigkeit darüber, dass der Green Bond Markt ein stark wachsender Markt ist. Allerdings werden sehr unterschiedliche Zahlen zur Größe des Green Bond Markts veröffentlicht. Dies liegt unter anderem daran, dass es noch keine einheitlichen Marktstandards gibt und die Definition des „Green Bonds″ noch nicht abschließend rechtlich festgelegt ist. Experten gehen davon aus, dass im Jahr 2016 Green Bonds im Wert von ca. 65 bis 84 Milliarden Euro begeben wurden.

Die große Nachfrage nach Green Bonds spiegelt sich allerdings deutlich erkennbar im Markt wider. Die Begebung einer grünen Staatsanleihe durch die Republik Frankreich Ende 2016 mit einem Volumen von 7 Milliarden Euro war beispielsweise mehr als dreifach überzeichnet. Öffentlichen Quellen zufolge lagen Investorenangebote in Höhe von 23 Milliarden Euro vor.

Insgesamt ist der Green Bond Markt jedoch weiterhin als ein Nischenmarkt zu klassifizieren. Eine bekannte Ratingagentur ermittelte, dass der Green Bond Markt im Jahr 2016 nur ca. 1,4 Prozent des Emissionsvolumens des gesamten Bondmarkts ausmachte. Andere Marktteilnehmer schätzen, dass der Anteil von Green Bonds am weltweiten Bondmarkt sogar nur bei 0,1 Prozent liegt.

Wie funktioniert die Begebung eines Green Bonds im Detail? Was sind die maßgeblichen Grundlagen?

Die Dokumentation einer Green Bond Emission unterscheidet sich im Kern nicht von der Dokumentation anderer Bonds. Entscheidend ist, dass in den Wertpapierbedingungen festgelegt wird, wofür die Emissionserlöse verwendet werden. Auf diese Weise wird vertraglich festgelegt und sichergestellt, dass der jeweilige Emittent die Emissionserlöse für einen grünen Zweck verwendet.

Es existieren noch keine einheitlichen gesetzlichen Grundlagen für Green Bonds. Der Rahmen, in dem Green Bonds gegenwärtig begeben werden, wird vor allem durch eine Reihe von privaten Initiativen geprägt. Diese privaten Initiativen bemühen sich darum, transparente Grundlagen für den noch jungen Green Bond Markt zu schaffen. Zu nennen sind zum Beispiel die in Zusammenarbeit mit der International Capital Market Association (ICMA), führenden globalen Investmentbanken und anderen wichtigen Kapitalmarktteilnehmern aufgestellten Green Bond Principles.

Herausbildung von Marktstandards bestimmt durch Investoren

Es ist zu beobachten, dass sich unter anderem basierend auf den Green Bond Principles erste Marktstandards herausbilden. Diese sind vor allem durch die Anforderungen, die potentielle Investoren an Green Bonds stellen, bestimmt. Neben der Festlegung der Verwendung der Emissionserlöse in den Emissionsbedingungen erwarten potentielle Anleger zunehmend, dass die Emittenten ihre Green Bond-Strategie detailliert beschreiben und sich dazu verpflichten, während der gesamten Laufzeit des Green Bonds Berichtsstandards in Bezug auf die Verwendung der Emissionserlöse einzuhalten.

Schließlich wird es zunehmend üblich, Gutachten unabhängiger Dritter, die die Ergebnisse der Verwendung der Emissionserlöse und die Einhaltung der im Rahmen der Green Bond-Strategie des Emittenten definierten Green Bond-Kriterien überprüfen, zur Verfügung zu stellen.

In unserer Serie „Sustainable Finance″ sind wir eingegangen auf steuerliche Lenkungsmechanismen beim Erreichen von Nachhaltigkeitszielen, auf neue Pflichten in der Anlagenberatung, Offenlegungspflichten unter der Taxonomie-VO und auf „Green Bonds„.

Sehen Sie auch das Video aus der Edge Reihe zum Thema „Green Bonds: Neue Finanzierungsformen für grüne Umweltziele„.

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Tags: Green-Bond Kapitalmarkt Sustainability
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Orna Freifrau von Fürstenberg