6. August 2012
equal-pay Anspruch
Arbeitsrecht

CGZP: Verweisung auf mehrgliedrigen CGB-Tarifvertrag schließt equal pay-Ansprüche aus

Bei equal pay-Verfahren, die von Zeitarbeitnehmern gegen ihren (ehemaligen) Arbeitgeber aufgrund der Tarifunfähigkeit der CGZP angestrengt wurden/werden, stellt sich in der Praxis oftmals die Frage, ob diese Ansprüche durch eine wirksame Bezugnahme auf die im März 2010 abgeschlossenen, so genannte mehrgliedrigen Tarifverträge bzw. aufgrund dort vereinbarten, aber regelmäßig nicht eingehaltenen Ausschlussfristen ausgeschlossen sind (wir berichteten). Dabei handelt es sich um insgesamt sechs eigenständige Tarifverträge, die auf der einen Seite vom Arbeitgeberverband AMP und auf der anderen Seite von der CGZP sowie fünf Einzelgewerkschaften des CGB abgeschlossen und in einer Urkunde zusammengefasst wurden.

Das LAG Rheinland-Pfalz hat nun eine Entscheidung des ArbG Mainz bestätigt, dass die arbeitsvertragliche Verweisung auf den mehrgliedrigen Manteltarifvertrag („MTV“) wirksam ist (Urt. v. 01.06.2012 – 9 Sa 24/12; siehe auch: ArbG Mainz, Urt. v. 29.11.2011 – 6 Ca 755/11). Diese ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst kommt es für die Beurteilung einer etwaigen Intransparenz darauf an, ob die in Bezug genommenen Regelungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Anwendung hinreichend bestimmbar sind. Eine inhaltlich unterschiedliche Fortentwicklung der im MTV zusammengefassten Tarifverträge lässt sich gegenwärtig nicht feststellen. Es liegt vielmehr nach wie vor ein einheitlicher Wortlaut vor. Eventuelle zukünftige Änderungen der im MTV zusammengefassten Einzeltarifverträge führen angesichts der gegenwärtig bestehenden wortidentischen Bestimmungen nicht zu einer bereits jetzt vorwegzunehmenden Unklarheit. Zweck des Transparenzgebots ist es zu verhindern, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster Vertragsbedingungen von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Diese Gefahr besteht vorliegend nicht. So lange es nur einen identischen Tarifvertragstext und eine Ausschlussklausel gibt, kann sich eine Unklarheit allenfalls darauf beziehen, aus welchem der Tarifverträge das jeweils gleiche Ergebnis konkret folgt. Es spricht zudem viel dafür, dass sich der vertraglichen Verweisung auch hinreichend deutlich entnehmen lässt, welcher Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis jeweils Anwendung finden soll, nämlich derjenige, in dessen Geltungsbereich hinein der Arbeitnehmer verliehen wird. Dafür lässt sich insbesondere Ziff. 1.4 des MTV anführen, der bestimmt, dass auf Arbeitnehmerseite der Tarifvertrag für Mitglieder der tarifvertragschließenden Gewerkschaften „in ihren jeweiligen fachlichen Organisationsbereichen“ gilt.

Nach Ansicht des LAG Rheinland-Pfalz stehen die im MTV vorgesehenen Ausschlussfristen equal pay-Ansprüchen entgegen, die in der Vergangenheit gegebenenfalls entstanden sein können, sofern der klagende Arbeitnehmer diese nicht rechtzeitig geltend gemacht hat. Die Verfallfristen sind dabei spätestens mit dem zweitinstanzlichen Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 zur Tarifunfähigkeit der CGZP angelaufen (später bestätigt durch BAG vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10). Die Geltendmachung weiterer Ansprüche in der Zukunft ist aufgrund der Bezugnahme auf einen (wirksamen) Tarifvertrag der Zeitarbeit ausgeschlossen.

Die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz zeigt, dass bei Personaldienstleistern, die nach Abschluss des mehrgliedrigen Tarifvertrags am 15.03.2010 mit den Zeitarbeitnehmern eine Änderungsvereinbarung mit einer angepassten Verweisungsklausel abgeschlossen oder bei neu begründeten Arbeitsverhältnissen unmittelbar auf diesen Bezug genommen haben, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Klage abgewiesen wird. Das LAG Rheinland-Pfalz schließt sich dabei ausdrücklich der bereits vom LAG Düsseldorf vertretenen Auffassung an, dass eine entsprechende Verweisung wirksam ist (Urt. v. 08.12.2011 – 11 Sa 852/11; siehe auch: ArbG Trier, Urt. v. 14.02.2012 – 3 Ca 880/11; Lützeler/Bissels, DB 2011, 1639). Dies wird von einigen Landesarbeitsgerichten z.T. abweichend beurteilt (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.09.2011 – 7 Sa 1318/11; LAG Niedersachsen, Urt. v. 19.04.2012 – 5 Sa 1607/11; ArbG Lübeck, Urt. v. 15.03.2011 – 3 Ca 3147/10), so dass in diesem Zusammenhang das letzte Wort aus Erfurt kommen wird. Gegen das Urteil des LAG Düsseldorf ist inzwischen die Revision eingelegt worden. Diese ist dort unter dem Az. 5 AZR 242/12 anhängig. Bis zu einer entsprechenden Entscheidung müssen Personaldienstleister bedauerlicherweise damit leben, dass – je nach betroffenem Gericht –eine Bezugnahmeklausel auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag als wirksam oder auch als unwirksam qualifiziert wird.

Tags: Ausschlussfrist Bezugnahmeklausel CGB CGZP equal pay mehrgliedriger Tarifvertrag Tarifunfähigkeit