Als erstes Gericht hält es das OLG Nürnberg u.U. für ausreichend, wenn der sog. „Kündigungsbutton“ erst nach vorherigem Login erreichbar ist.
Unternehmen, die Verbrauchern den Abschluss von entgeltlichen Dauerschuldverhältnissen im Internet anbieten (z.B. Abos), müssen nach deutschem Recht einen „Kündigungsbutton“ bereitstellen. Dieser soll Verbraucher*innen die Vertragsbeendigung im Internet erleichtern. Nach § 312k Abs. 2 BGB ist insofern eine „gut lesbare“ Schaltfläche erforderlich, die mit den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder einer entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Über diese Schaltfläche müssen die Verbraucher*innen unmittelbar zu einer Bestätigungsseite geführt werden, auf der Angaben zu der Kündigung gemacht werden können.
LG Köln: Anmeldeerfordernis vor Kündigung unzulässig
Zudem schreibt § 312k Abs. 2 S. 4 BGB bezüglich der Erreichbarkeit des Buttons vor, dass die Schaltfläche „ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich“ sein muss. Bislang wurden diesen formellen Kriterien zur Erreichbarkeit des Kündigungsbuttons streng ausgelegt. Sowohl die Rechtsprechung (Landgericht Köln, Beschluss v. 29. Juli 2022 – 33 O 355/22) als auch die Mehrzahl der Stimmen in der juristischen Fachliteratur haben im Einklang mit der Gesetzesbegründung vertreten, dass der Kündigungsbutton ohne einen vorherigen Login auf der jeweiligen Website erreichbar sein müsse.
Durch die vorherige Abfrage eines Kundenpasswortes werde, so zum Beispiel das Landgericht Köln, eine Hürde aufgebaut, die die Kündigung erheblich erschwere. Wenn die*der Verbraucher*in zum Beispiel das Passwort vergesse, sei zumindest vorübergehend die Ausübung das Kündigungsrecht ausgeschlossen.
OLG Nürnberg: Login vor Kündigungsmöglichkeit u.U. zulässig
Das OLG Nürnberg teilt diese strenge Auffassung nicht (Urteil v. 30. Juli 2024 – 3 U 2214/23). Nach der obiter dictum geäußerten Ansicht der Nürnberger Richter kann ein erst nach Login erreichbarer Kündigungsbutton unter Umständen ausreichen:
Nach Auffassung des Senats sprechen (…) gute Argumente dafür, es als unschädlich anzusehen, dass der Kündigungsbutton erst nach einem Login sichtbar und nutzbar ist, wenn die Nutzung des Dienstes, welcher Gegenstand des Dauerschuldverhältnisses ist, seiner Natur nach ohnehin ein Login erfordert. Der Gesetzgeber dürfte solche Fallgestaltungen nicht vor Augen gehabt und berücksichtigt haben. Muss der Nutzer sich ohnehin regelmäßig einloggen, kann bei typisierender Betrachtung, davon ausgegangen werden, dass er die notwendigen Anmeldedaten stets parat hat.
Die Eingabe dieser Anmeldedaten, so das Gericht weiter, sei nicht weniger aufwändig als die für die Bestätigungsseite gesetzlich vorgegebenen Eckdaten für die Kündigungserklärung, z.B. eindeutige Bezeichnung des Vertrags und Angaben zur Identifizierung der kündigenden Person (§ 312k Abs. 2 S. 3 BGB). In diesen Konstellationen sei der Kündigungsbutton auch bei Anmeldeerfordernis „unmittelbar und leicht zugänglich“ im Sinne des § 312k Abs. 2 S. 4 BGB.
Pragmatische Ansicht des OLG ist zu begrüßen
Die Ansicht des OLG Nürnberg ist praxistauglich und zweckmäßig. Verbraucher*innen wird es in der Regel leichter fallen, sich beim jeweiligen Dienst anzumelden, als zum Beispiel für die Kündigung eine Kunden- oder Vertragsnummer herauszusuchen. Auch die vom OLG angeregte Differenzierung zwischen Diensten, bei denen die vertragsgegenständlichen Leistungen ohnehin erst nach Login abgerufen werden können, und anderen Diensten, macht Sinn. So würde sachgerecht z.B. zwischen Games- oder Streamingplattformen, die ausschließlich eingeloggt genutzt werden können und Fitnessstudio-Mitgliedschaften, die keinen Login zur Nutzung erfordern, unterschieden.
Für betroffene Unternehmen ist jedoch weiterhin Vorsicht bei der praktischen Umsetzung des § 312k BGB geboten. Der Kündigungsbutton hat sich als „Hot Topic“ für Abmahnungen von Verbraucherzentralen herausgestellt. Und die Verbraucherschützer legen bisher (sehr) strenge Maßnahmen an die Umsetzung an. Die Entscheidung des OLG Nürnberg ist zwar klar formuliert, inhaltlich nachvollziehbar und berücksichtigt auch hinreichend die Interessen von Verbraucher*innen. Es bleibt gleichwohl abzuwarten, ob sich diese obiter dictum geäußerte Ansicht in der Rechtsprechung durchsetzen wird.
Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Benjamin Vogelsang erstellt.