15. Juli 2016
Dokument, Missbrauchsverordnung
Aktienrecht

Marktmissbrauchsverordnung: Update und neue Dokumente

Die EU-Marktmissbrauchsverordnung ("MMVO") ist am 3. Juli 2016 in Kraft getreten. Zwischenzeitlich liegen neue Dokumente von BaFin und ESMA vor.

Aktualisierte FAQs der BaFin

Nachdem die BaFin bereits Anfang Juni FAQs zu Insiderlisten und Eigengeschäften von Führungskräften veröffentlicht hatte, liegen zwischenzeitlich auch FAQs zur Ad hoc-Publizität vor. Zudem hat die BaFin die FAQs zu Insiderlisten und zu Eigengeschäften von Führungskräften aktualisiert.

Begriff der in enger Beziehung stehenden Person bei „Doppelmandaten″

In den aktualisierten FAQs zu Eigengeschäften von Führungskräften hat die BaFin insbesondere zu der Frage Stellung genommen, ob es für die Einordnung als in enger Beziehung stehende Person ausreicht, dass ein Organmitglied bei einer anderen Gesellschaft Führungsaufgaben wahrnimmt, aber nicht an der Gesellschaft beteiligt ist.

Nach (vorläufiger) Rechtsauffassung der BaFin ist – vorbehaltlich einer abschließenden Klärung der neuen Rechtslage – bis auf weiteres davon auszugehen, dass allein die Wahrnehmung von Führungsaufgaben in einer anderen juristischen Person für diese keine Meldepflicht begründet, sofern die Führungskraft darüber hinaus kein signifikantes wirtschaftliches Interesse an dieser juristischen Person hat („reine Doppelmandate“).

Dies entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin, wonach über die Stellung als Führungskraft hinaus zu fordern ist, dass die Führungskraft an der anderen Gesellschaft mit mindestens 50 % beteiligt ist, mindestens 50 % der Stimmrechte an der Gesellschaft hält oder ihr mindestens 50 % der Gewinne der Gesellschaft zugerechnet werden.

Formular der BaFin zur Meldung von Eigengeschäften

Unmittelbar vor Inkrafttreten der MMVO hat die BaFin auf ihrer Homepage außerdem das Formular für die Meldung von Eigengeschäften im Word-Format veröffentlicht. Das Formular ist auf Deutsch und auf Englisch verfügbar.

Q&As der ESMA zu Closed Periods

Daneben hat die European Securities and Markets Authority („ESMA″) am 13. Juli 2016 Q&As zur MMVO veröffentlicht. Unter der Rubrik Eigengeschäfte von Führungskräften geht die ESMA auf den maßgeblichen Stichtag ein, von dem die Closed Periods zurückzurechnen sind.

Der Wortlaut der Marktmissbrauchsverordnung („Ankündigung″ eines Finanzberichts, in der englischen Fassung „Announcement″) lässt offen, ob es auf die tatsächliche Veröffentlichung des Finanzberichts oder auf eine – wie auch immer geartete – Ankündigung der Veröffentlichung ankommt.

Die bisher überwiegende Meinung hierzu war, dass es sinnvollerweise nur auf die tatsächliche Veröffentlichung des Finanzberichts ankommen könne. Die ESMA vertritt in ihren Q&As die Meinung, dass – zumindest im Hinblick auf die Jahresabschlusszahlen – maßgebend auch schon die Veröffentlichung von vorläufigen Geschäftszahlen sein könne (also nicht erst des Berichts selbst), wenn die veröffentlichten Zahlen einen gewissen Detaillierungsgrad haben.

Bis zu einer endgültigen Klärung der Frage durch die BaFin könnte es sich für die Führungskräfte empfehlen, höchst vorsorglich eine zusätzliche Closed Period im Vorfeld der Veröffentlichung vorläufiger Geschäftszahlen anzunehmen, falls eine solche erfolgt.

Behandlung von Fonds

Noch vor Inkrafttreten der Marktmissbrauchsverordnung wurden schließlich geringfügige Änderungen der Verordnung selbst beschlossen. Diese betreffen die Eigengeschäfte von Führungskräften nach Art. 19 MMVO in dem Fall, dass Aktien oder Schuldtitel des Emittenten in einem Fonds oder sonstigen Portfolio enthalten sind.

  • Nach dem neuen Art. 19 Abs. 1a MMVO besteht keine Meldepflicht für Führungskräfte oder mit diesen eng verbundene Personen im Fall des Handels des Meldepflichtigen mit Fondsanteilen, wenn die Aktie oder der Schuldtitel des Emittenten mit nicht mehr als 20% in einem Fonds oder sonstigen Portfolio gewichtet ist.
  • Darüber hinaus besteht keine Meldepflicht, wenn der Meldepflichtige die Zusammensetzung eines Fonds oder sonstigen Finanzinstruments nicht kannte oder kennen konnte und auch kein Grund zu der Annahme bestand, dass die Gewichtung der Aktien oder Schuldtitel des Emittenten die 20 %-Schwelle überschreitet. Allerdings werden vom Meldepflichtigen alle zumutbaren Anstrengungen erwartet, um die Zusammensetzung von Fonds bzw. Portfolios in Erfahrung zu bringen.
  • Keine Meldepflicht besteht schließlich hinsichtlich der Geschäfte des Fondsmanagers in den Fondsanteilen, wenn der Meldepflichtige keinen Einfluss auf die Investitionsentscheidungen des Fondsmanagers hat, d.h. der Fondsmanager vollen Ermessensspielraum bei der Anlageentscheidung hat und keine Weisungen oder Empfehlungen von den Anlegern erhält.

Die aktuell veröffentlichten Dokumente zeigen erneut, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es auch in Zukunft sukzessive zu weiteren Änderungen oder Verwaltungsempfehlungen im Hinblick auf die Marktmissbrauchsverordnung kommen wird. Wir werden Sie in unserem Blog hierzu weiter auf dem Laufenden halten.

Tags: Dokument Missbrauchsverordnung