28. Januar 2013
Globe
Aktienrecht

„Aktienrechtsnovelle 2013″ zum Thema „Corporate Social Responsibility″?

Hinter dem aktuellen Gesetzentwurf steckt ein Aspekt der aktuellen Debatte zum Thema "Corporate Social Responsibility" (CSR) und Unternehmensführung.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes″ lautet der Titel einer Gesetzesinitiative aus der Mitte des deutschen Bundestages vom 28. November 2012 (BT-Drs. 17/11686). Um die Antwort auf die Titel-Frage gleich voranzustellen: Nein, es handelt sich hierbei nicht um eine neue „Aktienrechtsnovelle 2013″; zumal sich die ″Aktienrechtsnovelle 2012″ derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren befindet.

Definition der Corporate Social Responsibility in Deutschland

Vorweg ist einzuschieben, dass Corporate Social Responsibility nach „gemeinsamen Verständnis in Deutschland″ (Beschluss des Nationalen CSR-Forums vom 28. April 2009) derzeit wie folgt definiert wird:

CSR bezeichnet die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen über gesetzliche Anforderungen hinaus. CSR steht für eine nachhaltige Unternehmensführung im Kerngeschäft, die in der Geschäftsstrategie des Unternehmens verankert ist. CSR ist freiwillig, aber nicht beliebig.

Der Gesetzentwurf vom 28. November 2012

Zurück zum vorgelegten Gesetzentwurf, der sich knapp wie folgt zusammenfassen lässt: Bezweckt ist die Ergänzung bzw. Konkretisierung der Sorgfaltspflicht und der Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, d. h. der derzeitigen Regelung in § 93 Absatz 1 Aktiengesetz:

Die Vorstandsmitglieder haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Eine Pflichtverletzung liegt nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. …

Nach der Vorstellung der Initiatoren soll nunmehr die bisherige gesetzliche Regelung um den folgenden Satz ergänzt werden:

… Eine Pflichtverletzung liegt zudem nicht vor, wenn das Vorstandsmitglied eine unternehmerische Entscheidung auf Grundlage menschenrechtlicher, sozialer oder ökologischer Standards getroffen hat, zu deren Einhaltung sich die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich verpflichtet hat.

Darf der Vorstand nach derzeitiger Rechtslage nicht „Gutes″ tun?

Eine nähere Auseinandersetzung mit dem konkreten Wortlaut ist entbehrlich, da dieser in dieser Form wohl kaum in das Aktiengesetz einfließen wird. Die spannende Frage ist vielmehr: Warum bedarf es überhaupt dieser Ergänzung? Darf der Vorstand nicht „Gutes″ tun? Ist dem Vorstand die Umsetzung von „Corporate Social Responsibility″ nicht gestattet?

Hiervon scheinen die Initiatoren dieser Gesetzesinitiative auszugehen. Die Einfügung sei notwendig, da Gesetz, Rechtsprechung und Literatur hierauf keine Antworten geben würden:

Alternativ [Anm.: zum vorgelegten Gesetzentwurf (siehe oben)] könnte eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung eine derartige Konkretisierung der Pflichten des Vorstandes einer Aktiengesellschaft bewirken. Einschlägige Rechtsprechung existiert dazu derzeit jedoch nicht. Ebenso findet sich in der juristischen Fachliteratur kein Verweis auf diese Problematik.

Der Bundesgerichtshof in Strafsachen zum verwandten Thema „Spenden″

So drastisch wie geschildert stellt sich die tatsächliche Situation indes nicht dar. Das Thema ist sehr wohl Gegenstand von Erörterungen in der Literatur.

Des Weiteren lohnt sich die Lektüre der in Strafsachen ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 6. Dezember 2001 zum verwandten Thema „Untreue durch Zuwendungen [Spenden] aus dem Vermögen einer Aktiengesellschaft″ (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 – StR 215/01).

Demzufolge sind dem Vorstand per se weder (i) Sponsoring oder (ii) Spenden noch (iii) reines Mäzenatentum untersagt. Vielmehr stehen derartige Aktivitäten im Leitungsermessen des Vorstands. Begrenzt wird dieses weite Ermessen im Wesentlichen dadurch, dass derartige Aktivitäten im Rahmen einer Gesamtschau (i) einen gewissen betrieblichen Bezug aufweisen müssen, d. h. am Unternehmensgegenstand ausgerichtet sein müssen, und (ii) nach Größe und finanzieller Situation des Unternehmens (Ertrags- und Vermögenslage) angemessen sein müssen. Unzulässig sind jedenfalls ausschließlich am privaten Eigeninteresse des handelnden Vorstandsmitglieds ausgerichtete Leistungen des Unternehmens.

Corporate Social Responsibility im Ermessen des Vorstands

Im Ergebnis dürfte es keinen Unterscheid machen, ob der Vorstand Betriebsmittel in Form von Spenden aus der Hand gibt oder – unterstellt, dass dies mit Corporate Social Responsibility-Aktivitäten einhergeht – auf Gewinnchancen, Betriebs- bzw. Beschaffungskostensenkungen oder sonstige Einsparungspotentiale verzichtet.

Somit lassen sich die vorgenannten Grundsätze zum Thema „Spenden″ im Kern auf das Thema „Corporate Social Responsibility″ übertragen. Dem Vorstand sind Corporate Social Responsibility-Aktivitäten im Grundsatz sehr wohl erlaubt. Natürlich wird man hierbei vom Vorstand ein gewisses Augenmaß verlangen müssen.

Wie im Privaten gilt auch für Unternehmen der Grundsatz, dass man es sich leisten können muss. Zwischen sicher erlaubt und sicher untersagt gibt es einen Grenzbereich, dessen Erörterung den Rahmen dieses Blog-Beitrags jedoch sprengen würde. Solche Grauzonen mögen ein gewisses Unbehagen hervorrufen, jedoch sind sie einer Ermessensentscheidung immanent. Zudem entsteht eine gewisse Unsicherheit bereits dadurch, dass sich der Versuch, den Begriff Corporate Social Responsibility zu definieren, bei genauer Betrachtung als kompliziert und komplex herausstellt.

Im Übrigen ist die sicherlich noch intensiver zu führende Diskussion letztendlich auch wichtig, um das öffentliche Bewusstsein und die Akzeptanz für Corporate Social Responsibility zu fördern. Leichter fällt die Beurteilung freilich dann, wenn die Satzung des Unternehmens zulässigerweise zu dem Thema Stellung nimmt.

Tatsächlich schwieriger zu beantworten ist hingegen die Frage, ob und inwiefern der Vorstand zu CSR-Aktivitäten verpflichtet ist bzw. ob er dazu gesetzlich verpflichtet werden sollte. Schließt man sich der eingangs geschilderten CSR-Definition an, scheint Letzteres ausgeschlossen, denn was gesetzlich verpflichtend ist, kann logischerweise nicht mehr über gesetzliche Anforderungen hinausgehen und fällt damit nicht mehr in den Bereich CSR.

Ausblick und Hintergründe zur Corporate Social Responsibility

Die weitere Diskussion und Entwicklung des Themas „Corporate Social Responsibility″ und Unternehmensführung, insbesondere auf europäischer Ebene im Rahmen der EU-Strategie (2011 bis 2014), bleibt mit Spannung abzuwarten.

Aktuelle und weiterführende Informationen hierzu finden Sie unter:

Tags: Corporate Social Responsibility CSR