21. Oktober 2016
CSR-Richtlinie Corporate Social Responsibility
Corporate Governance & Risk Compliance (ESG) Corporate / M&A

CSR-Richtlinie: Haftung für mangelnde Corporate Social Responsibility

Im Bundestag wurde am 20. Oktober 2016 die Umsetzung der CSR-Richtlinie diskutiert. Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen rückt in den Fokus.

Bis zum 6. Dezember 2016 ist die CSR-Richtlinie 2014/95/EU in nationales Recht umzusetzen. Die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen bekommt eine neue Qualität, weil die Berichterstattung darüber nun zwingend ist und nicht mehr nur auf freiwilliger Basis erfolgen wird. Der Regierungsentwurf vom 21. September 2016 wurde gestern Abend in erster Lesung im Bundestag diskutiert. Haften Vorstände und Aufsichtsräte demnächst also für mangelnde Corporate Social Responsibility?

Corporate Social Responsibility: Verantwortung durch Unternehmen

Für die Europäische Kommission bedeutet Corporate Social Responsibility, dass Unternehmen Verantwortung für ihren Einfluss und ihre Wirkung auf die Gesellschaft übernehmen.

Der Begriff stammt aus der Unternehmensethik, einem Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre. Die Unternehmensethik beschäftigt sich mit der Frage, welche Rahmenbedingungen es für wirtschaftliches Handeln gibt und welche Ziele, Werte und Normen dabei eine Rolle spielen oder spielen sollten. Es geht um moralisches Verhalten, nicht um rein zahlengetriebenes Wirtschaften.

In diesem Spannungsfeld nimmt das Europäische Parlament in der Präambel der CSR-Richtlinie einen klaren Standpunkt ein: Die Angabe nichtfinanzieller Informationen sei ein wesentliches Element der Bewältigung des Übergangs zu einer nachhaltigen globalen Wirtschaft, indem langfristige Rentabilität mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz verbunden wird. Verbraucher und Investoren sollen Zugang zu vergleichbaren Informationen bekommen, wobei gleichzeitig der Vielschichtigkeit sozialer Verantwortung an sich und der Vielgestaltigkeit der CSR-Konzepte in Unternehmen Rechnung getragen werden soll.

Anders als bei einer Gesetzesinitiative zur Corporate Social Responsibility aus dem Jahr 2012 wird der Hebel nicht bei der Verantwortlichkeit der Geschäftsführung angesetzt, sondern – etwas subtiler – im Reporting.

Die praktische Umsetzung der CSR-Richtlinie

Rechtlich geht es um die Abgabe einer sogenannten „nichtfinanziellen Erklärung″ in einem Teilbericht des Lageberichts oder in einem separaten Bericht. Eine Verletzung der Berichtspflicht kann zu einem Bußgeld führen, in bestimmten Fällen ist sie sogar strafbar.

Adressat dieser neuen Verpflichtung sind große kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungen mit im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmern. Ausnahmen gelten für solche Unternehmen, deren in der EU ansässiges Mutterunternehmen eine nichtfinanzielle Erklärung abgibt. Kleine und mittlere Unternehmen sollen möglichst von dem Verwaltungsaufwand, der durch die Berichtspflichten entsteht, verschont bleiben.

Inhaltlich sollen die Unternehmen über Konzepte, Instrumente und Due Diligence-Prozesse berichten, die sie zur Einschätzung von Risiken mit Blick auf Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange, Menschenrechtsverletzungen sowie Korruption und Bestechung haben. Und sie sollen berichten, welche Ergebnisse ihnen diese Konzepte und Prozesse geliefert haben, d.h. wo sie konkrete Risiken in diesen Bereichen sehen.

Ein Kritikpunkt in der Diskussion um die CSR-Richtlinie ist, dass unklar bleibt, wo der Einflussbereich des Unternehmens endet. Die Lieferkette, also Subunternehmer, Zulieferer und ähnliches, soll jedenfalls grundsätzlich noch in den Berichtsrahmen fallen. Wie stark der individuelle Einfluss eines Unternehmens auf diese Lieferkette ist, kann naturgemäß variieren. Ziel ist es, Risiken transparent zu machen. Die Hoffnung ist wohl, dass die Unternehmen dann auch alles unternehmen, um die zugrunde liegenden Probleme zu lösen oder zumindest darauf hinzuwirken.

Diskussion im Bundestag über CSR-Richtlinie

Es stellen sich also durchaus sehr politische Fragen im Zusammenhang mit den neuen Berichtspflichten und so wurde auch im Bundestag in erster Lesung kontrovers diskutiert. Die Grünen forderten bereits vor der Debatte in einem Antrag, die Berichtspflichten in dem von der CSR-Richtlinie vorgegebenen Rahmen durch Ausnutzung nationaler Spielräume weiter auszudehnen. Die Bundesregierung hingegen hatte angekündigt, die CSR-Richtlinie eins zu eins in deutsches Recht umzusetzen, also nicht über die dortigen Anforderungen hinauszugehen.

In der 196. Sitzung des Bundestags vom 20. Oktober 2016 wurde ab 21.15 Uhr erstmals dazu diskutiert. Eine wesentliche Frage war, ob auch Unternehmen mit über 250 Beschäftigten einbezogen werden sollten, da das Gesetz momentan nur etwa 300 Unternehmen in Deutschland betreffen würde. Es wurde mehrmals betont, es gehe neben der Verbesserung der Informationslage von Investoren darum, auch das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in deutsche Unternehmen zu stärken. Verwiesen wurde auch darauf, dass viele Unternehmen bereits jetzt freiwillig Bericht erstatten, etwa unter den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Der Regierungsentwurf und der Antrag der Grünen wurde zur weiteren Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen. Einige Anmerkungen zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom 11. März 2016 wurden im Regierungsentwurf bereits aufgegriffen. So ist nun beispielsweise ausdrücklich vorgesehen, dass Verweise auf Angaben im Lagebericht ausdrücklich zulässig sind. Die befürchtete Doppelberichterstattung würde dadurch verhindert.

Erstmals relevant werden die neuen Berichtspflichten für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen, d.h. die ersten nichtfinanziellen Erklärungen sind in 2018 für 2017 abzugeben. In den betroffenen Unternehmen müssen dafür spätestens jetzt die Reportinglinien ergänzt oder neu aufgestellt werden. Die Diskussion, was genau im Detail zu berichten ist, wird in der Praxis weitergehen.

Update: Umsetzung der SCR-Richtlinie

In der 221. Sitzung des Bundestags vom 9. März 2017 wurde die Umsetzung der CSR-Richtlinie beschlossen. Wir zeigen die wichtigsten Punkte auf!

Unsere Beitragsserie „Corporate Governance & Risk Compliance″ startet mit Themen wie Frauenquote im VorstandÄnderungen in der Compliance und beim Deutscher Corporate Governance Kodex sowie den aktuellen ARUG II und DCGK. Weiter ging es mit der CSR-Richtlinie, den Vorstandspflichten und Nachhaltigkeitsaspekten in der Gesellschaftsverfassung. Weiter befasst haben wir uns mit der ESG-Due Diligence und dem Greenwashing. Zuletzt sind wir auf das neue ElektroG sowie Nachhaltigkeit im Vorstandsvergütungssystem eingegangen.

Tags: Corporate Social Responsibility CSR-Richtlinie Gesellschaftsrecht Sustainability