24. April 2018
Kaufpreisanpassungsklausel M&A
Mergers & Acquisitions (M&A)

Post M&A-Streitigkeiten-Teil 4: Kaufpreisanpassungsklauseln mit Unsicherheiten verbunden

Trotz hohen Detaillierungsgrads führen Kaufpreisanpassungsklauseln regelmäßig zu Streitigkeiten.

In den meisten Fällen geht ein Unternehmen nicht bereits am Tag der Unterzeichnung des Unternehmenskaufvertrags auf den Käufer über, sondern erst einige Wochen oder Monate später. Dies liegt insbesondere daran, dass der Vollzug des Unternehmenskaufvertrags in der Regel erst möglich ist, wenn die Transaktion von den Kartellbehörden freigegeben wurde.

Kaufpreisanpassungsklauseln dienen dann dazu, die Veränderungen des Unternehmens bis zum Vollzug des Kaufvertrags abzubilden, indem sie detaillierte Regeln für die Aufstellung einer Stichtagsbilanz auf den Vollzugstag vorsehen. Denn zwischen Unterzeichnung und Vollzug wird das Unternehmen üblicherweise noch vom Verkäufer geführt, der auch Anspruch auf den Gewinn des Unternehmens in dieser Zeit hat. Doch hierin liegt genau das Problem: Der Verkäufer ist dazu verleitet, diese Übergangszeit zu nutzen, um den Kaufpreismechanismus durch „kreative Maßnahmen″ zu seinen Gunsten zu beeinflussen, so dass sich aus der Stichtagsbilanz ein hoher Kaufpreis ergibt.

Buchführungs- und Bilanzierungspraxis

Häufig ist in dem Unternehmenskaufvertrag recht lapidar vorgesehen, dass die bisherige Bilanzierungs- und Buchhaltungspraxis bei der Erstellung der Stichtagsbilanz berücksichtigt und fortgeführt werden soll. Streit entbrennt dann über die Frage, was unter dem Begriff „bisherige Bilanzierungs- und Buchführungspraxis″ zu verstehen ist, insbesondere wenn sich diese in dem betroffenen Unternehmen in der Vergangenheit oft geändert hat.

Fortführung der Geschäftspraxis

Zur Absicherung des Käufers wird oft vereinbart, dass der Verkäufer verpflichtet ist, die Geschäfte bis zum Vollzug in Übereinstimmung mit der bisherigen Geschäftspraxis fortzuführen. Was genau mit bisheriger Geschäftspraxis gemeint ist, ist jedoch kaum zu definieren. Im Nachgang zum Vollzug bemängeln die Käufer deswegen, dass die bisherige Geschäftspraxis vom Verkäufer nicht eingehalten wurde, etwa in Bezug auf Zahlungsfristen oder Rechnungsstellung.

Bewertungsvorschriften

Auch über die maßgeblichen Bewertungsvorschriften kommt es häufig zum Disput, insbesondere in Fällen, in denen das veräußerte Unternehmen in der Vergangenheit keine testierten Jahresabschlüsse veröffentlicht hat.

Working Capital, Net Debt oder Net Cash

Zu Streitigkeiten kommt es ebenso oftmals über vermeintlich klare Begriffe, wie Working Capital, Net Cash oder Net Debt. Denn diese Begriffe sind allesamt weder im IFRS noch im US-GAAP oder im HGB klar definiert. Käufer und Verkäufer haben dann naturgemäß unterschiedliche Auffassungen darüber, was in die einzelnen Positionen gehört oder eben nicht.

Definitionen

Darüber hinaus sind es in manchen Unternehmenskaufverträgen leider auch unpräzise Definitionen, die eine eindeutige Ermittlung des Kaufpreises erschweren. Begriffe wie „alte Vorräte″ oder „wichtige Instandhaltungsmaßnahmen″ klingen bei den Vertragsverhandlungen eingängig, sind dann, wenn es um konkrete Berechnungen geht, jedoch kaum hilfreich.

Locked-Box-Kaufpreis zur Vermeidung sämtlicher Unklarheiten

Selbstverständlich können die genannten Streitpunkte durch präzise Begriffswahl, klare und gegebenenfalls umfangreiche Definitionen und die Beifügung einer Musterstichtagsbilanz deutlich reduziert werden – ausräumen lassen sich jegliche Unklarheiten jedoch nicht. Wollen Verkäufer und Käufer sämtliche Unklarheiten vermeiden, kommt als Alternative zu einer Kaufpreisanpassung eine sogenannte Locked-Box in Betracht. Bei der Locked-Box einigen sich die Parteien bereits bei Unterzeichnung des Unternehmenskaufvertrags auf eine konkrete Stichtagsbilanz, so dass der Kaufpreis „locked″ ist. Der Kaufpreis wird dann zugunsten des Verkäufers für den Zeitraum bis zum Vollzug verzinst. Der Verkäufer ist wiederum verpflichtet, bis zum Vollzug kein Vermögen aus dem Unternehmen zu entnehmen und Maßnahmen oberhalb bestimmter Schwellenwerte nur mit vorheriger Zustimmung des Käufers vorzunehmen.

In dieser Blogreihe werden einige Besonderheiten und Probleme bei Streitigkeiten zwischen Verkäufern und Käufern aus und in Zusammenhang mit Unternehmenskaufverträgen dargestellt; die sogenannten Post M&A-Streitigkeiten. Während sich der erste Teil unserer Reihe mit den Vorteilen von Schiedsklauseln befasst hat, beschäftigte sich der zweite Teil mit der Frage, worüber oftmals der Streit zwischen Käufer und Verkäufer entbrennt. Im dritten Teil sind wir auf die Garantieansprüche des Käufers und im vierten Teil auf Kaufpreisanpassungsklauseln eingegangen.

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