16. Oktober 2024
Markenrecht

„Black Friday“ – Schutzrechtsverwarnungen vor Löschung der Marke waren teilweise unberechtigt

Markenstreit um „Black Friday“: Der BGH hat die Warnschreiben an Händler vor Löschung der Marke als teilweise unberechtigt angesehen.

In einem Rechtsstreit betreffend die Marke „Black Friday“ hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 29. Mai 2024 – I ZR 145/23) nach endgültiger Löschung der Marke dazu Stellung genommen, wann eine Schutzrechtsverwarnung (hier: basierend auf der noch eingetragenen Marke) berechtigt ist und in welchen Fällen der Verwarnende für eine unberechtigte Verwarnung haftet. Über den Stand des Verfahrens zur Löschung der Marke „Black Friday“ haben wir bereits berichtet.

Aufgrund zahlreicher Löschungsanträge hatte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) die Marke „Black Friday“ im Jahr 2018 vollständig gelöscht. In der anschließenden gerichtlichen Auseinandersetzung hatte der BGH im Jahr 2021 die Löschung der Marke nur teilweise, nämlich für den Handel mit elektronischen Waren und Werbeleistungen, bestätigt, sie für eine erhebliche Anzahl von weiteren Waren und Dienstleistung jedoch aufrechterhalten (BGH, Beschluss v. 27. Mai 2021 –I ZB 21/20). Zuletzt hatte das Kammergericht die Marke auf Antrag der Betreiberin der Plattform www.blackfriday.de (Gall Marketing GmbH) mit Wirkung zum 25. April 2019 für verfallen erklärt (Kammergericht, Urteil v. 14. Oktober 2022 – 5 U 46/21). Die Marke wurde inzwischen vom DPMA endgültig und vollständig gelöscht. 

Warnschreiben an Händler

Die chinesische Markeninhaberin (Super Union Holdings Ltd.) und deren österreichische Lizenznehmerin (Black Friday GmbH) hatten in den Jahren 2016 und 2017 vielfach sowohl die Betreiberin der Plattform www.blackfriday.de als auch Unternehmen verwarnt, die auf diese Plattform in eigenen Angeboten verlinkten, Angebote auf der Plattform eingestellt hatten oder den Begriff „Black Friday“ selbst in eigenen Angeboten verwendet hatten. In einem Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf stritt nun die Betreiberin der Plattform mit der Markeninhaberin und deren Lizenznehmerin über diese Warnschreiben.  

Die Klage der Plattforminhaberin auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht wurde zunächst vom Landgericht Düsseldorf abgewiesen. Das OLG Düsseldorf gab der Berufung der Plattforminhaberin dagegen vollumfänglich statt (OLG Düsseldorf, Urteil v. 19. Januar 2023 – 20 U 143/21).

Der BGH hat das Urteil des OLG Düsseldorfs in weiten Teilen bestätigt.

Keine Markenverletzung durch bloßes Einstellen von Angeboten auf der Plattform

Der BGH bestätigt, dass allein die Inanspruchnahme eines markenverletzenden Dienstleistungsangebots (hier der Plattform www.blackfriday.de) durch dritte Unternehmen keine rechtsverletzende Benutzung der Marke für diese Dienstleistungen iSv § 14 Abs. 2 MarkenG darstellt. Denn allein durch das Einstellen von Angeboten auf dieser Plattform benutzten die Unternehmen die Marke nicht selbst im geschäftlichen Verkehr. Der BGH stellt klar, dass die darauf abzielenden Schutzrechtsverwarnungen schon deswegen unberechtigt waren.

Markenverletzung durch Setzen von Hyperlinks auf die Plattform scheitert an Löschung der Marke für Werbedienstleistungen

Weiterhin beschäftigte sich der BGH mit dem Setzen von Hyperlinks auf die Plattform www.blackfriday.de. Der BGH äußerte sich in diesem Zusammenhang jedoch nicht zu der umstrittenen Frage, ob sich eine Markenverletzung bereits aus dem Setzen eines Hyperlinks auf die Seite ergab. Vielmehr ließ er die Markenverletzung bereits daran scheitern, dass die Plattformbetreiberin selbst die Marke nicht verletzt habe. Denn der Markenschutz für Werbedienstleistungen, wie sie von der Plattformbetreiberin erbracht werden, sei rückwirkend durch die (Teil)Löschung der Marke „Black Friday“, wie vom BGH in 2021 bestätigt, entfallen.

Eigene Verwendung der Marke durch die Händler konnte die Marke verletzen; Verfall der Marke ließ den Markenschutz nicht rückwirkend entfallen

Die Verwendung des Zeichens „Black Friday“ in der eigenen Werbung der Unternehmen konnte hingegen markenverletzend sein, so der BGH. Zwar sei der Schutz der Marke teilweise aufgrund der Teillöschung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eintragung entfallen (§ 52 Abs. 2 MarkenG). Maßgeblich war für den BGH allerdings, dass die Marke für die von den Unternehmen angebotenen Dienstleistungen nicht gelöscht worden war, sondern nur für bestimmte Werbedienstleistungen der Klasse 35 und den Handel mit Elektro- und Elektronikwaren, nicht aber für andere Waren und Handelsdienstleistungen. Der vollständige Verfall der Marke, der schließlich zu ihrer vollständigen Löschung führte (Kammergericht, Urteil v. 14. Oktober 2022 – 5 U 46/21), sei für die Beurteilung, ob eine Markenverletzung vorgelegen habe oder nicht, nicht maßgeblich. Denn der Verfall führe – anders als die Löschung der Marke nicht dazu, dass der Markenschutz rückwirkend entfällt (§ 52 Abs. 1 MarkenG).

Zwischenfazit: Der Gerichtshof kam also zu einer differenzierten Bewertung der Warnschreiben: Die Warnschreiben, die sich gegen die Verwendung der Marke in eigenen Werbeangeboten der Händler richteten, waren nach Ansicht des BGH rechtmäßig. Die Warnschreiben, die sich gegen das bloße Platzieren von Angeboten auf der Klägerplattform richteten und/oder gegen das Setzen von Hyperlinks auf die Plattform durch die Händler, waren hingegen unrechtmäßig, da keine Markenverletzungen vorlagen.  

Verschulden der Verwarnenden: Zahlreiche Löschungsanträge mussten Zweifel an der Bestandskraft von „Black Friday“ begründen

Der BGH beschäftigte sich anschließend mit der Frage, ob die rechtswidrigen Schutzrechtsverwarnungen schuldhaft erfolgten. Dabei spielt eine wichtige Rolle, dass die Marke „Black Friday″ zum Zeitpunkt der Warnschreiben noch im Register des DPMA eingetragen war, allerdings schon diverse Löschungsanträge gegen die Marke anhängig waren.

Der BGH bestätigte zunächst seine Rechtsprechung, nach der Schutzrechtsinhaber auf den Bestand ihrer Marke vertrauen können. Allerdings können unter besonderen Umstände Zweifel an der Bestandskraft der Marke aufkommen. Um einen solchen Fall habe es sich hier gehandelt, so der BGH.  Zweifel hätten sich daraus ergeben müssen, dass bereits zahlreichen Löschungsanträge gestellt worden waren und diese nicht offensichtlich unbegründet waren, denn die Löschungsanträge zielten darauf ab, dass der Begriff „Black Friday“ beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft habe. Aufgrund dieser Zweifel- so der BGH- hätten die Markeninhaberin und die Lizenznehmerin die Entscheidung über die Löschungsanträge abwarten und sich mit Schutzrechtsverwarnungen zurückhalten müssen.

Neu: Grundsätze zur Abnehmerverwarnung gelten auch für die Verwarnung von Kunden bei Verletzung einer Dienstleistungsmarke

Neu ist, dass der BGH in dem Urteil die gefestigten Grundsätze zur sog. Abnehmerverwarnung aus Produktmarken auch auf die Verwarnung aus Dienstleistungsmarken, die gegenüber Kunden erfolgt, die die Dienstleistung nutzen (hier: Kunden der Plattformbetreiberin) überträgt:

Möchte ein Schutzrechtinhaber den Abnehmer einer Ware verwarnen, trifft ihn nach gefestigter Rechtsprechung eine gesteigerte Pflicht, die Rechtslage genau zu prüfen. Dies hat seinen Grund darin, dass ein abgemahnter Abnehmer einer Ware eher geneigt ist, auf ein Konkurrenzprodukt auszuweichen als zu hinterfragen und zu prüfen, ob die Warnung wirklich rechtmäßig erfolgt, d.h. ob eine Markenverletzung überhaupt vorliegt (BGH, Urteil v. 11. Januar 2018 – I ZR 187/16 – Ballerinaschuh). Dadurch bestünde für den Produkthersteller die Gefahr eines existenzgefährdenden Eingriffs in seine bestehenden Kundenbeziehungen.

In dem Urteil spricht der Senat erstmals aus, dass dieser erhöhte Sorgfaltsmaßstab des verwarnenden Unternehmens auch für die Verwarnungen aus Dienstleistungsmarken gilt. Er gilt insbesondere dann, wenn nicht nur der Anbieter der Dienstleistung verwarnt wird, sondern auch dessen Kunden. Bei der Prüfung der Berechtigung zur Verwarnung von Kunden einer Dienstleistung ist demnach ebenfalls ein besonders hoher Sorgfaltsmaßstab anzuwenden. Insbesondere muss stets geprüft werden, ob diese Kunden die Marke selbst überhaupt verletzen.

Haftungsfallen bei Schutzrechtsverwarnungen vermeiden

Aus der BGH-Entscheidung ergeben sich einige wichtige Aspekte, die von Schutzrechtsinhabern beachtet werden sollten, wenn Verwarnungen aufgrund Markenverletzungen ausgesprochen werden sollen:

  • Für die Verwarnung von Kunden (Abnehmern) einer Dienstleistung gelten dieselben Maßstäbe wie bei der Abnehmerverwarnung:  Bevor eine Verwarnung ausgesprochen wird, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Marke durch den Kunden selbst überhaupt verletzt wird. Dies wird bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen eher in Ausnahmefällen der Fall sein, wie die differenzierten Ausführungen des BGH im Fall „Black Friday“ zeigen.  
  • Entfällt die Marke des verwarnenden Unternehmens (Markeninhaber oder Lizenznehmer) rückwirkend, wie im Fall einer Löschung aufgrund absoluter Eintragungshindernisse, so war die Schutzrechtsverwarnung unrechtmäßig.
  • Ob ein Verschulden des verwarnenden Unternehmens in Betracht kommt, hängt davon ab, ob dieses auf den Bestand seiner Marke vertrauen durfte. Dies ist bei eingetragenen Marken mit Bestandskraft regelmäßig der Fall. Zweifel können sich jedoch aufdrängen, wenn die Marke „angegriffen“ wurde. In diesem Fall hängt das Verschulden davon ab, ob sich berechtigte Zweifel am Bestand der Marke ergeben mussten. Der BGH nahm dies in Fällen von Löschungsanträgen gegen eine Marke an, die auf deren mangelnde Unterscheidungskraft gestützt waren. Eine Beurteilung wird aber regelmäßig im Einzelfall erfolgen müssen.
  • Andernfalls kann eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung eine Haftung zur Folge haben.

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