7. Januar 2025
Chiquita Banane Markenschutz geometrische Figur Unterscheidungskraft
Markenrecht

Das Chiquita-Etikett verliert vorerst seinen Markenschutz

Das EuG spricht dem Chiquita-Etikett die Schutzfähigkeit ab - Unternehmen werden damit zu mehr Kreativität bei der Markenfindung aufgefordert.

Das Europäische Gericht (EuG) hat mit Entscheidung vom 13. November 2024 (EuG T-426/23) der zu Gunsten der Chiquita Brands LLC eingetragenen Unionsbildmarke die Schutzfähigkeit für frische Früchte, inklusive Bananen, abgesprochen und hiermit noch einmal klargestellt, dass die Entscheidungen der Ämter zur markenrechtlichen Schutzfähigkeit von Zeichen keinerlei Rechtssicherheit zur Bestandskraft der dann eingetragenen Marken bieten.

Die Unionsbildmarke war bereits im Juni 2010 für verschiedene Waren der Klassen 29, 30, 31 und 32, insbesondere „frische Früchte“ eingetragen worden. 

Fast 10 Jahre nach Eintragung beantragte im Mai 2020 die Compagnie financière de participation beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Nichtigerklärung der Marke aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft für die eingetragenen Waren. Das EUIPO gab diesem Antrag im November 2021 für alle Waren statt und sah auch die von der Chiquita Brands LLC vorgelegten Benutzungsnachweise als nicht ausreichend zum Nachweis einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft in der Europäischen Union an.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte in Teilen Erfolg. Der Ansicht, dass die Marke rein beschreibend und demnach nicht schutzfähig sei, schloss sich die Beschwerdeabteilung des EUIPO nur für die Waren „frische Früchte“ an, da die Antragstellerin bzgl. der Schutzunfähigkeit der Marke für die weiteren eingetragenen Waren der ihr obliegenden Beweislast nicht ausreichend nachgekommen war.

Das EuG bestätigt nun in dem von der Chiquita Brands LLC angestrengten Klageverfahren die Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO, spricht der Unionsbildmarke die Schutzfähigkeit für frische Früchte ab und sieht die zum Nachweis der durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft der Marke vorgelegten Dokumente als nicht ausreichend an.

EUIPO – Kein Schutz für einfache geometrische Figuren und weitreichende Anforderungen an durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft

Die Löschungs- und auch Beschwerdeabteilung des EUIPO begründeten ihre Entscheidung bzgl. der mangelnden Schutzfähigkeit des Zeichens damit, dass es sich bei der streitgegenständlichen Bildmarke um eine einfache geometrische Figur in üblicher Farbgestaltung durch Verwendung von Primärfarben handle, welche grds. vom Verbraucher nicht als Ursprungshinweis wahrgenommen werde und der es demnach an originärer Unterscheidungskraft mangele. Hiermit setzte das Amt seine etablierte Entscheidungspraxis bzgl. der Schutzfähigkeit geometrischer Formen fort. 

Ebenfalls nicht überraschend, aber dennoch bemerkenswert ist die Argumentation, dass sowohl die ovale Form als auch die Farbgestaltung in Primärfarben üblicherweise zur Etikettierung von Obst genutzt würden. Die Zurückweisung grafischer Bildzeichen mit der Unterstellung ihrer Benutzung in einem ihrer Unterscheidungskraft beeinträchtigenden Kontext durch das Amt ist grds. nicht selten, gab jedoch durchaus schon Anlass zur Kritik. 

Die von der Markeninhaberin eingereichten Dokumente zum Nachweis der durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft wies das Amt als unzureichend zurück.

EuG bestätigt die Entscheidung des EUIPO 

Die gegen die Entscheidung eingereichte Klage der Markeninhaberin vorm EuG hat keinen Erfolg.

Das EuG bestätigt die Sichtweise der Beschwerdekammer des EUIPO vollumfänglich. Es hält an der Entscheidungspraxis fest, dass geometrischen Grundformen keine Unterscheidungskraft zukommt. Hierbei ist es unerheblich, ob die Form ein klares Oval ist oder, wie von der Klägerin geltend gemacht, ein Ovaloid. Auf die konkrete Benennbarkeit der Form kommt es demnach zur Anwendung der entsprechenden rechtlichen Grundsätze nicht an. Eine Darstellung einer geometrischen Grundfigur kann nur dann eine Identifizierungsfunktion erfüllen, wenn sie Elemente enthält, die geeignet sind, sie von anderen Darstellungen dieser Figur zu unterscheiden und die Aufmerksamkeit des Verbrauchers zu erregen. Solche spezifischen oder charakteristischen Elemente weist die streitgegenständliche Marke nach Ansicht des EuG nicht auf.

Der Möglichkeit einer erfolgreichen Argumentation mit minimalen Abweichungen von feststehenden geometrischen Formen zur Begründung der Schutzfähigkeit von Bildzeichen erteilt der EuG demnach eine klare Absage.

Zum anderen bestätigt das EuG die Beschwerdekammer darin, dass die Farbkombination aus gelb und blau in keiner komplexen Weise kombiniert sei und zudem üblicherweise für die Kennzeichnung der streitgegenständlichen Waren „frische Früchte“ benutzt werde. Bezüglich letzterem argumentiert das EuG nicht mit der oftmals kritisierten Floskel, dass das EUIPO Sachkunde ausgeübt habe, sondern beruft sich auf konkret vorgelegte Beweismittel der Compagnie financière de participation, welche die häufige Benutzung ähnlicher Etiketten im Fruchtsektor belegen. Das EuG bleibt demnach dem Grundsatz treu, dass einfache Hintergrundfarben nicht geeignet sind, einer Marke aus sich heraus Unterscheidungskraft zu verleihen.

Auch hinsichtlich der hohen Anforderungen an einen durch Benutzung erlangten Markenschutz bestätigt das EuG die Wertung des EUIPO und hält damit an den sehr strikten Grundsätzen fest. Chiquita war es lediglich gelungen, im Wesentlichen Benutzungsnachweise für Belgien, Deutschland, Italien und Schweden beizubringen, ohne darzulegen, warum die Marktsituation in den anderen Mitgliedsstaaten die gleiche ist. Der Nachweis der durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft muss sich allerdings auf die gesamte EU beziehen. Hierbei muss zwar nicht zwangsläufig für jedes Land ein einzelner Nachweis erbracht werden. Länderübergreifende Beweismittel sind zum Beispiel bei grenzüberschreitendem Vertrieb oder Marketing in Bezug auf gleichsprachige bzw. kulturell verwandte Länder zulässig. Die entsprechenden Verbindungen der Länder müssen jedoch explizit nachgewiesen werden. Marktbefragungen in nur wenigen Ländern, wie vorliegend vier, sind hierbei nicht ausreichend. 

Für verlässlichen Markenschutz ist Kreativität gefragt

Die Entscheidung des EuG ist erneut als Reminder an Unternehmen zu sehen, bei der Markenwahl kreativ zu werden und auf die Verwendung von Standardformen und -farben zu verzichten. Unternehmen sollten bei der Gestaltung ihrer Marken darauf achten, dass diese nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch rechtlich schutzfähig sind. Andernfalls drohen auch viele Jahre nach Eintragung und Etablierung der Marke auf dem Markt noch empfindliche Konsequenzen. Eine „Heilung“ der mangelnden originären Unterscheidungskraft durch Nachweis der durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft ist nur in den wenigsten Fällen erfolgreich, da die Anforderungen an den Umfang der Benutzung sehr hoch sind und demnach nur von den wenigsten Markeninhabern zu erfüllen sein werden.

Für Unternehmen bleibt demnach Folgendes zu beachten:

  1. Gestaltung von Marken: Marken sollten über eindeutige und charakteristische Merkmale verfügen, die sie von allgemeinen geometrischen Formen oder gängigen Farbgestaltungen abheben. Kreative Designelemente, die über das Gewöhnliche hinausgehen, können dazu beitragen, die originäre Unterscheidungskraft zu stärken.
  2. Markenstrategie: Eine frühzeitige und umfassende Prüfung der Schutzfähigkeit geplanter Marken ist dringend erforderlich. Dabei sollten nicht nur gestalterische und ästhetische Aspekte berücksichtigt werden, sondern auch rechtliche Kriterien und potenzielle Konflikte mit bestehenden Marken. 
  3. Waren- und Dienstleistungsklassen: Die Schutzfähigkeit einer Marke kann je nach Waren- oder Dienstleistungsklasse unterschiedlich beurteilt werden. Unternehmen sollten daher eine differenzierte Strategie entwickeln, die die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Klasse berücksichtigt.
  4. Markenanmeldungen: Der Schutz als eingetragene Marke ist essenziell. Vor Benutzung der Marke sollten demnach in allen Ländern, in denen eine Nutzung intendiert ist, die Rechte an diesen gesichert werden.

Ist das Chiquita-Etikett nun für alle frei nutzbar?

Auch für Chiquita, hat die vorliegende Entscheidung nun weitreichende Bedeutung. Zwar ist die Etikettenform durch weitere Wort-/Bildmarken geschützt. Die aktuelle Entscheidung hat allerdings auch auf die Schutzfähigkeit der Bildbestandteile der registrieren Wort-/Bildmarken Auswirkung. Gegen die Benutzung der ovalen Etikettenform in der blau/ gelben Farbgestaltung durch einen Wettbewerber wird Chiquita auch auf Basis dieser Marken nicht vorgehen können. 

Der Schutzumfang dieser Marken beschränkt sich nun, aus rein markenrechtlicher Sicht auf die übrigen Bildelemente sowie die schutzfähigen Wortbestandteile. Weitergehende Anspruchsmöglichkeiten aus entsprechenden UWG-Vorschriften könnten jedoch, je nach Ausgestaltung der Labels durch die Konkurrenzunternehmen, durchaus bestehen.

Aufgrund der Bedeutung der Marke für die Chiquita Brands LLC ist davon auszugehen, dass diese die Angelegenheit dem EuGH vorlegen werden. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Verfahren dann weitergehende Erkenntnisse bringt.

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