15. April 2011
EuGH
Markenrecht

Kleine Ursache, große Wirkung: Nationale Verbote der rechtswidrigen Benutzung einer Gemeinschaftsmarke wirken unionsweit

Die Gemeinschaftsmarke stellt für viele Rechtsinhaber ein beliebtes Instrument dar, um vergleichsweise günstig einen umfassenden Markenschutz für alle europäischen Mitgliedsstaaten zu erhalten. In puncto Anmeldung und Eintragung war die Gemeinschaftsmarke auch sehr einfach handzuhaben. Weniger rosig sah es jedoch für viele Rechtsinhaber aus, wenn es an die Verfolgung von Markenverletzern über die jeweiligen nationalen Grenzen hinaus ging.

Zwar sieht Art. 93 GMV die Errichtung sogenannter Gemeinschaftsmarkengerichte in allen Mitgliedsstaaten vor. Diese Gerichte sind nach dem Willen des europäischen Normgebers auch für die Entscheidung über im Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder sogar aller Mitgliedstaaten begangene oder drohende Verletzungshandlungen zuständig. Dennoch waren die Rechtsinhaber in der Vergangenheit häufig gezwungen, in jedem Staat, in welchem ihre Rechte aus der Gemeinschaftsmarke verletzt wurden, gesondert gegen die Verletzer vorzugehen, da die Gerichte keine Anordnungen über die jeweiligen Staatsgrenzen hinaus treffen wollten. Ein überaus zeit- und geldaufwendiger Prozess für die betroffenen Rechtsinhaber.

Ein neues Urteil des EuGH (Urteil vom 12.04.2011, Rechtssache C-235/09) dürfte zu einer deutlichen Effektivitätssteigerung des Vorgehens gegen europaweite Verletzungen der Gemeinschaftsmarke führen. Aufgrund einer Vorlagefrage des französischen Cour de Cassation hat der EuGH entschieden, dass ein Verbot der Fortsetzung von Verletzungshandlungen durch ein Gemeinschaftsmarkengericht von Gesetzes wegen im gesamten Gebiet der Europäischen Union wirkt. Diese unionsweite Verbotswirkung muss noch nicht einmal ausdrücklich in dem Urteil ausgesprochen werden, sie ist vielmehr der Regelfall. Umgekehrt müssen daher die Gemeinschaftsmarkengerichte für den Fall, dass eine Verletzung tatsächlich nur in einigen ausgewählten Mitgliedsstaaten begangen wurde oder droht, das Verbot ausdrücklich auf diese beschränken. In den von dem Verbot umfassten Mitgliedsstaaten besteht die Verpflichtung des jeweiligen Staates, das Urteil des ausländischen Gemeinschaftsmarkengerichts wie ein Urteil eines nationalen Gerichts anzuerkennen.

Darüber hinaus sind die Gemeinschaftsmarkengerichte verpflichtet, Zwangsmaßnahmen anzuordnen, welche die Einhaltung des aufgestellten Verbots sichern. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen die Zwangsmittel stets in demselben territorialen Umfang angeordnet werden, wie das Verbot. Und auch mit Hinblick auf die Zwangsmittel gilt, dass die betroffenen Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, das verhängte Zwangsmittel nach den Regeln und Modalitäten ihres jeweiligen nationalen Rechts zu vollstrecken.

Die grenzüberschreitende Durchsetzung von Gemeinschaftsmarkenverletzungen könnte somit zukünftig deutlich erleichtert werden – ein schönes nachträgliches Geburtstagsgeschenk für die Gemeinschaftsmarke!

Tags: EuGH Gemeinschaftsmarke Gemeinschaftsmarkengericht Rechtsprechung Verletzung