10. Juli 2015
Framing
Urheberrecht

Der BGH interpretiert den EuGH: Framing ist bei illegaler Quelle rechtswidrig

Der BGH hat in einem Fall zum Framing aus illegaler Quelle an die Berufungsinstanz zurückverwiesen. Zwei Sätze in der Pressemitteilung machen hellhörig.

Wer sich aus den üblichen Nachrichtenquellen im Internet informiert, dürfte nach dem sog. BestWater-Beschluss des EuGH letzten Oktober den Eindruck gewonnen haben, dass Framing jetzt immer ganz legal möglich sei. Unter Juristen, die sich öfter mit Entscheidungen des EuGH befassen, hatte der Beschluss des EuGH jedoch mehr Fragen aufgeworfen, als er geklärt hat.

Zunächst kurz: Was ist Framing?

Als „Framing″ wird das Einbetten von fremden Videos, Fotos oder anderen Inhalten auf der eigenen Website bezeichnet, so dass sie dort direkt betrachtet werden können. Die Framing-Inhalte liegen dabei allerdings weiterhin auf der Website, auf der sie ursprünglich hochgeladen wurden und werden von dort auch abgerufen. Im konkreten Fall wurde ein YouTube Video als Inline-Frame eingebettet. Die Kläger sahen hierin eine Verletzung ihrer Urheberrechte. 

Framing aus einer illegaler Quelle beschäftigt Juristen schon lange

Eine Sache blieb bei dem BestWater-Beschluss im Herbst besonders unklar: Wie ist Framing einzuordnen, wenn der Inhalt, der per Framing eingebunden wird, ohne Zustimmung des Rechtsinhabers ins Netz gelangt ist? Dazu hatte der EuGH sich nicht direkt geäußert.

Der BGH hat nun in dem Verfahren „Die Realität″ offenbar dennoch den Versuch unternommen, dem Beschluss des EuGH eine Antwort auf diese Frage abzulesen. In der Pressemitteilung zu dem Urteil von gestern sind folgende zwei Sätze zu lesen:

Den Ausführungen des EuGH ist nach Ansicht des BGH […] zu entnehmen, dass […] eine öffentliche Wiedergabe erfolgt, wenn keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt. Danach hätten die Beklagten das Urheberrecht am Film verletzt, wenn dieser ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei „YouTube″ eingestellt war.

Die Tragweite dieser Aussage ist (jedenfalls in der Theorie) immens, besonders, wenn man sich vor Augen führt, dass der EuGH Linking und Framing gleich behandelt: Ist ein Medieninhalt rechtswidrig im Netz, so würdejeder, der den Inhalt auf seinen Seiten einbettet oder auch nur darauf verlinkt, selbst rechtswidrig handeln und könnte dafür abgemahnt werden.

Einen Schutz guten Glaubens gibt es hier nicht. Da man vielen Inhalten im Netz nicht ohne weiteres ansieht, ob sie auch wirklich ganz legal dort zu finden sind, bestünde bei Framing und Linking also eine latente Abmahngefahr. Diese dürfte viele dazu bewegen, Linking und Framing insgesamt zu meiden. Das Netz würde sich ohne Zweifel verändern.

EuGH wird 2016 abschließend zur Framing-Frage entscheiden

In der Praxis ist all das aber noch nicht gesagt. Aus der Pressemitteilung wird auch deutlich, dass der BGH erkannt hat, dass mit dem holländischen Vorlageverfahren „GS Media BV″ die Frage schon vor den EuGH gebracht wurde. Der BGH hat zugleich zu verstehen gegeben, dass er das Verfahren eigentlich aussetzen würde, bis der EuGH die Frage über das Framing einer rechtswidrigen Quelle entschieden hat. Dies hat er nur deshalb nicht getan, weil in dem seinem Fall bestritten und damit nicht einmal geklärt ist, ob das Video überhaupt ohne Zustimmung des Rechtsinhabers hochgeladen wurde. Es könnte also sein, dass es im deutschen Verfahren gar nicht darauf ankommt. Daher lag es nahe, zurückzuverweisen.

Bei den üblichen Verfahrenszeiten vor dem EuGH wird die holländische Vorlagefrage in der zweiten Jahreshälfte 2016 entschieden werden. Was der EuGH dann auch immer entscheiden wird, es wird die derzeit unklare Rechtslage beenden. Die Einschätzung des BGH dürfte bis dahin im Ergebnis weitgehend ohne Relevanz bleiben. Innerhalb dieser überschaubaren Zeitspanne wird kein neues Verfahren in Deutschland bis zu einem Abschluss kommen. Bestehende Verfahren dürften nicht selten ausgesetzt werden. Und sobald der EuGH entschieden hat, ist die Interpretation des BGH entweder bestätigt oder irrelevant.

Balance zwischen Urheberrechten und Funktionalität des Internets schwierig zu finden

Nicht ausgeschlossen ist, dass der EuGH das Einbetten rechtswidriger Quellen weder für zulässig hält, wie manche Autoren von Netzzeitungen, noch für rechtswidrig, wie der BGH. Es geht immerhin um die Balance zwischen der gerechten Beteiligung von Urhebern an den Gewinnen der Verwertung ihrer Werke einerseits und der Funktionsfähigkeit des Internets andererseits, für die jedenfalls Verlinkungen ein zentraler Bestandteil sind. Es wäre dem Gericht zu wünschen, einen Weg zu finden, der beide Interessen angemessen berücksichtigt. Leicht wird das nicht.

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