6. Juli 2020
Telefonnummer Widerrufsbelehrung
Wettbewerbsrecht (UWG) Commercial

„Verfügbare“ Telefonnummer muss in die Widerrufsbelehrung

Der EuGH konkretisiert den Inhalt der Widerrufsbelehrung, wenn der Onlinehändler eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme zur Verfügung stellt.

Onlinehändler sind nicht zwangsläufig verpflichtet, Verbrauchern eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme zur Verfügung zu stellen. Entscheidet ein Händler sich aber für die Nutzung dieses Kommunikationsmittels, muss er auch in seiner Widerrufsbelehrung darauf hinweisen. Dies stellte der EuGH auf eine Vorlagefrage des BGH hin klar (Urteil v. 14. Mai 2020 – C-266/19).

Unvollständige Widerrufsbelehrung gab Anlass für Unterlassungsklage

Im zu entscheidenden Fall hatte ein Anbieter von Erotikartikeln gegen einen Wettbewerber geklagt, es zu unterlassen, auf seiner Website bei den Informationen zum Widerrufsrecht für Verbraucher keine Telefonnummer anzugeben.

Der beklagte Onlinehändler verwendete auf seiner Website die gesetzliche Musterwiderrufsbelehrung. Dort hatte er jedoch keine Telefonnummer angegeben, obwohl er über einen Telefonanschluss verfügte und die Telefonnummer auch im Impressum sowie im unteren Bereich der Startseite seiner Webseite gut sichtbar darstellte.

Die Instanzgerichte sahen darin eine Verletzung des Verbraucherschutzrechts und gaben der Unterlassungsklage statt. Da die maßgeblichen deutschen Vorschriften auf EU-Vorgaben zum Verbraucherschutz beruhen, setzte der BGH  das Verfahren zunächst aus und legte dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung der europäischen Regelung zur Vorabentscheidung vor.

Telefonnummer ist „verfügbar“, wenn sie für den Kontakt zum Verbraucher genutzt wird

Onlinehändler müssen Verbraucher nach den gesetzlichen Vorgaben unter anderem über das Verfahren zur Ausübung des gesetzlichen Widerrufsrechts informieren. Der Unternehmer kann diese Informationspflicht dadurch erfüllen, dass er die im Gesetz vorgesehene  Muster-Widerrufsbelehrung zutreffend ausfüllt und dem Verbraucher in Textform übermittelt.

In den Gestaltungshinweisen zu dieser Muster-Widerrufsbelehrung heißt es zu den Kontaktinformationen des Unternehmers:

Fügen Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und, soweit verfügbar, Ihre Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse ein.

Ein entsprechender Hinweis findet sich wortgleich in Anhang I zur Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU), auf dem die deutsche Muster-Widerrufsbelehrung beruht Im Streitfall ging es nun also darum, wie der in der Richtlinie verwendete Begriff der „Verfügbarkeit“ zu verstehen ist.

Der BGH legte dem EuGH daher die Frage vor, ob eine Telefonnummer im Sinne des Gestaltungshinweises „verfügbar“ ist, wenn der Unternehmer sie im Rahmen des Impressums nennt oder auf der Startseite seines Internetauftritts klar und deutlich darstellt.

Weiterhin wollte der BGH wissen, ob die Telefonnummer auch dann „verfügbar“ ist, wenn der Unternehmer den Telefonanschluss zwar geschäftlich nutzt, nicht aber für den Abschluss von Fernabsatzverträgen verwendet und daher auch nicht zur Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen in Form einer Entgegennahme von Widerrufserklärungen vorhält.

Der EuGH fasste beide Vorlagefragen zusammen und entschied, dass die Telefonnummer dann „verfügbar“ ist, wenn dem Verbraucher durch die Darstellung auf der Website suggeriert wird, dass der Unternehmer die Telefonnummer für den Kontakt zum Verbraucher nutzt. Daraus folgt dann, dass der Unternehmer in diesem Fall die Telefonnummer auch in seiner Widerrufsbelehrung nennen muss, wenn er das Muster verwendet.

Auf die Wahrnehmung des Verbrauchers kommt es an

Im konkreten Fall gab der beklagte Händler die Telefonnummer auf seiner Webseite im Impressum und im unteren Bereich der Startseite an. Der durchschnittliche Verbraucher könne nach Ansicht des EuGHs daher davon ausgehen, dass der Unternehmer die Telefonnummer (auch) für seinen Kontakt mit Verbrauchern nutzt. Der Onlinehändler müsse folglich auch in seiner Widerrufsbelehrung auf die Telefonnummer hinweisen, damit der Verbraucher ihm die Ausübung seines Widerrufsrechts auch telefonisch mitteilen kann.

Auch das Musterformular birgt Risiken

Der Fall verdeutlicht, dass Onlinehändler auch bei Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung keineswegs automatisch auf der sicheren Seite sind. Auch hierbei kommt es auf die richtige Gestaltung im Einzelfall an. Händler sollten in jedem Fall prüfen, ob sie ihre Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung angeben, wenn sie den Verbrauchern an anderer Stelle eine Kontaktmöglichkeit per Telefon anbieten.

Unrichtige oder unvollständige Widerrufsbelehrungen können sonst – wie im Fall des Erotikartikel-Anbieters – schnell zur Abmahnung durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände führen.

Bietet ein Unternehmer aber den Verbrauchern gar keine telefonische Kontaktmöglichkeit an, bleibt es nach der bisherigen EuGH-Rechtsprechung zunächst dabei, dass es dann auch keine Pflicht zur Einrichtung eines Telefonanschlusses gibt.

Eine Änderung der Rechtslage ist allerdings schon in Sicht: Durch das EU-Maßnahmenpaket „New Deal for Consumers“ wurde die maßgebliche Verbraucherrechte-Richtlinie dahingehend geändert, dass ab Mai 2022 immer (anstatt nur „soweit verfügbar“) eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung anzugeben ist.

Tags: Kontakt Telefonnummer vefügbar Widerrufsbelehrung

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