28. Mai 2019
Warnhinweis Kostmetika
Wettbewerbsrecht (UWG)

OLG Dresden zu Warnhinweisen bei Nahrungsergänzungsmitteln

"Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker": Bei Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln irreführend.

„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ – wer kennt diesen Hinweis nicht. Handelt es sich aus Sicht der Verbraucher um einen Warnhinweis, der mögliche Einnahmerisiken verdeutlichen soll, begründet er aus Sicht der werbenden Unternehmen häufig eine lästige Pflicht.

Nicht so in einem Fall vor dem OLG Dresden: Eine Versandapotheke hatte nicht Arzneimittel mit dem Warnhinweis versehen, sondern ganz bewusst auch Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel. Zu Unrecht, wie das Gericht befand (OLG Dresden, Urteil v. 15. Januar 2019 – 14 U 941/18). Die Verwendung des Warnhinweises sei irreführend und damit unzulässig.

Warnhinweis bei Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln

Das OLG Dresden entschied, dass Kunden durch den Warnhinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ über wesentliche Merkmale von Kosmetikartikeln und Nahrungsergänzungsmitteln getäuscht würden. Die Wettbewerbszentrale hatte eine Versandapotheke abgemahnt, die Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel im Internet unter Verwendung des genannten Warnhinweises angeboten hatte.

Kern des Verfahrens war die Frage, ob die Verwendung des für Arzneimittel vorgeschriebenen Warnhinweises eine zur Täuschung geeignete Angabe über die wesentlichen Merkmale der Ware im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 UWG darstelle. Dies bejahte das Gericht. Kunden hätten die Vorstellung, die angebotenen Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel verfügten über besondere Eigenschaften und bedürften aus diesem Grund des sonst nur für Arzneimittel vorgeschriebenen Warnhinweises. Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel stellen jedoch grundsätzlich gerade keine Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes dar.

Täuschung über Wirksamkeit und Effizienz der angebotenen Produkte

Die hervorgerufene Fehlvorstellung beziehe sich insbesondere auf die Wirksamkeit der angebotenen Produkte. So führt das Gericht aus (Rn 21):

Hierzu gehört beispielsweise eine erhöhte Wirksamkeit. So nimmt der Interessent beim Produkt „Orthomol Vital F Grapefruit″ (K 5, 6) aufgrund des Warnhinweises an, die beworbene Wirkung, Erschöpfungszustände zu lindern, sei besonders ausgeprägt, so dass vor Risiken und Nebenwirkungen gewarnt und hierüber aufgeklärt werden müsse. Dem in der angegriffenen Werbung (K 7) als medizinisches Körperpflegeprodukt bezeichneten Erzeugnis „C V″ schreibt der Interessent aufgrund des Warnhinweises eine erhöhte Effizienz bei der Reduzierung von Pigmentstörungen durch die Wirkung auf die Melaninproduktion zu. Die Magnesium- und Vitamin E – Kapseln (K 8) beugen nach Vorstellung des Interessenten besonders wirksam Mangelerscheinungen vor und schützen die Zellmembran besonders intensiv gegen Freie Radikale, möglicherweise auch aufgrund ihrer Dosierung.

Dass die in Rede stehenden Produkte tatsächlich eine erhöhte Wirksamkeit oder Effizienz hätten, habe die beklagte Versandapotheke nicht vorgetragen. Die bei den potentiellen Kunden erzeugte Fehlvorstellung beschränkte sich auch nicht auf eine bloße Gedankenassoziation. Vielmehr werde durch den Hinweis eine konkrete bewusste Vorstellung hervorgerufen, die geeignet sei, die Kaufentscheidung der potentiellen Kunden zu beeinflussen.

Risiken bei „überschießender“ Umsetzung von gesetzlichen Hinweispflichten

Die Entscheidung des OLG Dresden zeigt, dass auch die Verwendung von gesetzlich für bestimmte Produkte (hier: Arzneimittel) vorgesehene Warnhinweise eine Irreführung begründen können – wenn sie bei Produkten eingesetzt werden, die entsprechende Eigenschaften gerade nicht aufweisen. Dieses Risiko einer „überschießenden“ Umsetzung von gesetzlichen Verpflichtungen sollten werbetreibende Unternehmen stets im Auge behalten.

Dabei geht es nicht nur um Arzneimittel. Auch in anderen Konstellationen kann die die Verwendung von gesetzlich vorgeschriebenen produkttypischen Hinweisen oder anderen Angaben – etwa das CE Kennzeichen bei Medizinprodukten oder ISO Zertifikaten bei Dienstleistern – mit dem Risiko verbunden sein, dass hierdurch eine wettbewerbsrechtlich relevante Fehlvorstellung potentieller Kunden entsteht. Das gilt jedenfalls dann, wenn der angesprochene Verkehr von einem solchen Hinweis auf besondere Eigenschaften des Produktes oder der Dienstleistung schließt.

Tags: Kosmetika Nahrungsergänzungsmittel Warnhinweis Zu Risiken und Nebenwirkungen