3. März 2025
Transparenzregister Private Clients Hochvermögend
Private Clients

Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister?

VG Köln urteilt zur (Un-)Möglichkeit der Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister im Fall eines sicherheitsbedachten Hochvermögenden. 

Entführungs- und Erpressungsfälle im Zusammenhang mit Mitgliedern hochvermögender Unternehmerfamilien haben nicht nur in der Öffentlichkeit großes Aufsehen erregt; sie veranlassen auch andere Hochvermögende zur Vorsicht.

Das Verwaltungsgericht Köln hat mit Urteil vom 17. Juli 2024 (13 K 5996/19) über einen Antrag auf Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister eines einst zu den reichsten Personen Deutschlands zählenden Milliardärs* entschieden, der in der öffentlichen Verfügbarkeit seiner Daten über das Transparenzregister eine Gefahr dafür begründet sah, Opfer von Straftaten zu werden.

Wenig überraschend hat das VG Köln die hinsichtlich der Einschränkung des öffentlichen Transparenzinteresses äußerst restriktive Entscheidungspraxis auch für sog. „Superreiche“ bestätigt.

Gegenstand, Umfang und Hintergrund der Transparenzpflichtigkeit

Das Transparenzregister enthält Eintragungen zu dem wirtschaftlich Berechtigten von Rechtseinheiten und Rechtsgestaltungen (Ultimate Beneficial Owner, nachfolgend: UBO).

Wirtschaftlich berechtigt sind nach § 3 des Geldwäschegesetzes (GwG) insbesondere die natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person, sonstige Gesellschaft oder eine Rechtsgestaltung wie etwa eine Stiftung steht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG). Im Eigentum oder unter der Kontrolle des UBO steht eine juristische Person dann, wenn der UBO unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile hält, mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 GwG). Das ist bei Familienunternehmensstrukturen häufig (u.a. aus steuerlichen Gründen) der Fall – und zwar auch bei der praktisch häufigen Poolung der Stimmrechte verschiedener Familienmitglieder mit jeweils unter 25 %-Anteilen für denjenigen, der beherrschenden Einfluss ausübt.

Die Angaben im Transparenzregister umfassen den Namen, den aktuellen Wohnort, das Geburtsdatum und die Staatsangehörigkeit des UBOs sowie Art und Umfang seiner wirtschaftlichen Berechtigung (Höhe der Kapitalanteile oder der Stimmrechte), § 19 Abs. 1 GwG. Diese Informationen gehen teils über die aus anderen öffentlichen Registern (vor allem dem Handelsregister) bekannten Informationen hinaus.

Es liegt in der Natur der Sache, dass damit Transaktionen über transparenzpflichtige Gesellschaften oder Stiftungen nicht vollständig diskret vonstattengehen können. Das gilt etwa auch für Immobilientransaktionen unter Beteiligung von ausländischen Gesellschaften: Mit der Reform 2021 hat der Gesetzgeber die Transparenzpflichtigkeit ausdrücklich auch auf ausländische Gesellschaften ausgeweitet (§ 20 Abs. 1 Satz 2 GwG n.F.). Bei Beteiligungsketten ausländischer Rechtseinheiten erstreckt sich daher die Transparenzpflicht nun auch auf alle ausländischen Vereinigungen, auf die unmittelbar oder mittelbar Anteile an einer Gesellschaft mit inländischem Grundeigentum übergehen oder (in Vergangenheit) übergegangen sind.

Die sehr weitgehende Transparenzpflichtigkeit hat einen guten Grund: Die Regelungen über das Transparenzregister beruhen auf der Reform des Geldwäschegesetzes zwecks Umsetzung der Vierten Geldwäsche-Richtlinie (EU) 2015/849. Ziel dieser Richtlinie ist es, das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten zu erleichtern, damit den Missbrauch von Vereinigungen und Rechtsgestaltungen zum Zweck der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern sowie insgesamt das Vertrauen in die Integrität der Geschäftstätigkeit und des Finanzsystems zu stärken.

Möglichkeiten der Einschränkung der Einsichtnahme

Besonders Hochvermögende möchten häufig das Erscheinen ihres Namens mit den o.g. Angaben im Transparenzregister wegen sicherheitsrelevanter Aspekte sowie der zu erwartenden Medienberichterstattung vermeiden. Das Unbehagen, das die Zugänglichkeit der im Transparenzregister abrufbaren Informationen bei diesen Personen hervorruft, wird noch verstärkt durch den Umstand, dass die Einsichtnahmemöglichkeiten sehr weit gehen.

Zwar hat der EuGH mit Urteil vom 22. November 2022 (C-37/20, C-601/20) in § 23 Abs. 1 Nr. 3 GwG vorgesehene unbeschränkte Einsichtnahmemöglichkeit für jedermann wegen des Verstoßes gegen die in Artt. 7, 8 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta verbürgten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und des Schutzes der die jeweilige Person betreffenden personenbezogenen Daten für ungültig erklärt und ein berechtigtes Interesse als Voraussetzung der Einsichtnahme formuliert. Jedoch definiert der EuGH das berechtigte Interesse sehr weit: Ein solches sollen (ohne weitere Voraussetzungen) die Presse sowie alle zivilgesellschaftliche Organisationen haben, die einen Bezug zur Geldwäscheprävention aufweisen. Gleiches gilt für Personen, die die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer einer Gesellschaft oder einer anderen juristischen Person in Erfahrung bringen möchten, da sie mit dieser Geschäfte abschließen könnten, oder für Finanzinstitute und Behörden, die an der Bekämpfung von Straftaten im Bereich der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung mitarbeiten.

Die einzige Möglichkeit, das Geheimhaltungsinteresse des UBOs dennoch zu wahren, ist ein Antrag auf Beschränkung der Einsichtnahme nach § 23 Abs. 2 GwG. Hat ein solcher Antrag Erfolg, beschränkt die registerführende Stelle (Bundesanzeiger Verlag GmbH) die Einsichtnahme in das Transparenzregister und die Übermittlung der Daten vollständig oder teilweise. Erforderlich ist, dass das Geheimhaltungsinteresse des Antragstellers das Interesse der Öffentlichkeit an der Transparenz der Rechtsgestaltung überwiegt. Das ist nach § 23 Abs. 2 Satz 2 GwG dann möglich, wenn der wirtschaftlich Berechtigte minderjährig oder geschäftsunfähig ist (Nr. 2) oder aber Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Einsichtnahme den UBO der Gefahr aussetzen würde, Opfer einer der dort genannten Katalogstraftaten (z.B. Betrug, erpresserischer Menschraub, Geiselnahme, Erpressung etc.) zu werden (Nr. 1).

Entscheidung des VG Köln: Hohes Transparenzniveau auch für Hochvermögende

Das VG Köln hat sich nun zu den Anforderungen an die Beschränkung der Einsichtnahme aufgrund der Gefahr, Opfer einer Katalogstraftat zu werden, geäußert. Wenig überraschend legt das VG Köln den Tatbestand des § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG mit der vorwiegenden restriktiven Entscheidungspraxis eng aus. Damit bleibt das Transparenzniveau – auch bei Hochvermögenden als UBOs – hoch.

Das VG Köln hatte eine auf Stattgabe eines Antrags auf Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister gerichtete Verpflichtungsklage eines deutschen Unternehmers zu entscheiden, der einst unter den reichsten Personen Deutschlands gelistet wurde und heute noch ein beträchtliches Milliarden-Vermögen hat. Er stand als UBO hinter mehreren Gesellschaften, die seiner Unternehmensgruppe angehörten und galt als äußerst öffentlichkeitsscheu, verschleierte seine Identität und lehnte alle Arten von Interviews ab. Zur Begründung seines Antrags führte er im Wesentlichen an, dass anhand des im Transparenzregister zu veröffentlichenden Wohnorts seine Privatadresse ermittelt werden könne, was für ihn als Hochvermögenden – insbesondere mit Blick auf prominente Entführungs- und Erpressungsfälle – eine besondere Gefährdung darstelle.

Das sah die Bundesanzeiger Verlag GmbH als registerführende Stelle und hiesige Beklagte anders: Sie hielt dem insbesondere entgegen, dass eine konkrete Gefahr mit der Eigenschaft als „Superreicher“ allein nicht dargelegt sei und darüber hinaus die aus dem Transparenzregister ersichtlichen Informationen ohnehin aus allgemein zugänglichen Quellen (insbesondere Wikipedia und dem Handelsregister, vgl. § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG) ersichtlich seien. Neben dem Umfang des Vermögens des wirtschaftlichen Berechtigten sei in die Abwägung auch einzustellen, ob die Person in der Vergangenheit bereits Opfer von schweren Straftaten geworden sei oder es Anhaltspunkte für Planungen gebe und ob aufgrund der allgemeinen Sicherheitslagen für das Wohnsitzland des wirtschaftlich Berechtigten ein herausgehobenes Risiko bestehe, Opfer von schweren Straftaten zu werden. Angesichts des allgemeinen, einer Relativierung nicht zugänglichen Transparenzinteresses sei die Ausnahmeregel extrem eng auszulegen.

Entscheidung des VG Köln: Überwiegen des Transparenzinteresses der Öffentlichkeit

Das VG Köln hat die Klage abgewiesen.

Zwar lässt das VG Köln das Bestehen einer abstrakten Gefahr ausreichen, die bei extrem Vermögenden ohne das Hinzutreten weiterer Voraussetzungen als Dauergefahr bestünde. Würde man hingegen eine konkrete Gefahr voraussetzen, könnte § 23 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GwG niemals seine Funktion erfüllen, den UBO gerade präventiv zu schützen.

Jedoch verneinte das VG Köln im hiesigen Fall das nötige schutzwürdige Interesse wegen der mangelnden Kausalität zwischen Einsichtnahme und Gefahrerhöhung. Kausal ist die Einsichtnahme bzw. Datenübermittlung nur, wenn sie die abstrakte Gefahr begründet oder signifikant erhöht.

Die Kausalität scheiterte hier nicht schon daran, dass die Informationen bereits aus dem Handelsregister ersichtlich waren (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 3 GwG), da eine Deckungsgleichheit der in den jeweiligen Registern verfügbaren Informationen in Bezug auf die hier betroffenen Rechtseinheiten nicht gegeben war (z.B. in Bezug auf eine zum Konzern gehörende Stiftung, die allein im Transparenzregister eingetragen war).

Die Informationen seien aber vollumfänglich und auf gesicherter Grundlage aus der Öffentlichkeit bzw. der Medienberichterstattung bekannt. Name, Geburtsjahr, Staatsangehörigkeit und Wohnort des Klägers seien durch einfachste Online-Recherchen ermittelbar. Es sei nicht lebensnah, dass ein Täter im Zuge seiner Recherchen bezüglich einer als äußerst vermögend bekannten Person gerade die Angaben im Transparenzregister (statt der im Internet leichter verfügbaren Quellen) zum Ausgangspunkt einer Tatplanung mache. Ein Faktor sei bei der Beurteilung der Gefahrenerhöhung auch, wie zuverlässig die Quelle ist. Angesichts dessen, dass im hiesigen Fall u.a. Berichterstattungen verschiedener öffentlich-rechtlicher Anstalten vorhanden waren, führe die besondere Zuverlässigkeit der Informationen aus dem Transparenzregister jedoch nicht zu einer Gefahrerhöhung.

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Form des Rechts der informationellen Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG sowie Artt. 7, 8 der EU-Grundrechtecharta) sei auch verhältnismäßig. Das VG Köln hebt das hohe Gewicht des unionsrechtlich verankerten Transparenzinteresses hervor. Der Kläger sei hingegen „nur″ in der Sozialsphäre betroffen; nähere Angaben über sein Privatleben seien mit der Einsichtnahmemöglichkeit nicht verbunden.

Fazit: Diskretion kaum erreichbar

Das VG Köln bestätigt mit seinem Urteil die hohen Anforderungen, die an die Möglichkeit der Beschränkung der Einsichtnahmemöglichkeiten in das Transparenzregister gestellt werden. Die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags hängen vom Einzelfall ab, jedoch wird dem Transparenzinteresse der Öffentlichkeit im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt. Eine weitgehende Diskretion hinsichtlich des UBO, der sich transparenzpflichtiger Stiftungs- oder Gesellschaftsstrukturen bedient, bleibt daher äußerst schwer zu erreichen.

Die einzige Handhabe für Betroffene liegt darin, das Bekanntwerden von Informationen auf anderen Wege als über das Transparenzregister schon vorbeugend zu verhindern. Werden entsprechende Informationen über Medienberichterstattung bekannt, ist also frühzeitig ein medienrechtliches Vorgehen zu erwägen. Am Beispiel des durch das VG Köln entschiedenen Falls, in dem der Betroffene sehr viel Wert darauf legte, in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung zu treten, ist aber zu erkennen, dass auch das nicht immer zur Einschränkung der Öffentlichkeit des Transparenzregisters führen wird.

Zu beachten ist auch, dass bei Familienunternehmern jedenfalls der Wohnort und das Geburtsdatum regelmäßig schon über das Handelsregister der Öffentlichkeit bekannt sind. Denn es besteht in der Regel keine Möglichkeit, die Eintragung, Speicherung und Offenlegung von Geburtsdatum und Wohnort des Geschäftsführers einer GmbH bzw. Kommanditisten einer GmbH & Co. KG im Handelsregister zu verhindern (siehe dazu BGH, Beschluss vom 23. Januar 2024 – II ZB 7/23, jedoch ohne Äußerung zu Härtefällen).

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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