30. Januar 2025
Nachhaltigkeit Corporate Governance
Corporate Governance & Risk Compliance (ESG)

Nachhaltigkeit in der Corporate Governance

ESG ist nicht mehr nur „en vogue“. Die Gesetzgebung im Bereich ESG schreitet stetig voran und konfrontiert Unternehmen mit immer neuen und höheren Anforderungen, die Auswirkung auf die Corporate Governance haben. 

Die Tätigkeit von Unternehmen hat nicht nur Auswirkungen auf die Wirtschaft, sondern auch auf Gesellschaft und Umwelt. Dies dürfte mehr oder weniger Konsens sein. 

Unternehmen können entscheidend dazu beitragen, gesellschaftliche und ökologische Probleme zu lösen. Unternehmen trifft damit eine klare unternehmerische Verantwortung in puncto Nachhaltigkeit. Regeln der Corporate Governance dienen dabei als Instrument zur Umsetzung dieser unternehmerischen Verantwortung. 

Gesetzliche ESG-Anforderungen nehmen zu

Dass die Corporate Governance eines Unternehmens die Prinzipien festlegt, nach denen Unternehmen agieren, und damit die Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaften bildet, ist auch dem (EU-)Gesetzgeber klar. Dieser rückt das Thema „Nachhaltigkeit“ durch neue Gesetze immer stärker in den Fokus der Unternehmensführung und -kontrolle. Unternehmen sehen sich seit Jahren mit einer stetig höheren ESG-Regelungsdichte konfrontiert. ESG-Erwägungen müssen verstärkt in die Entscheidungsprozesse von Unternehmen und letztlich in die jeweilige Corporate Governance einfließen. Das Verhältnis zwischen ESG-Freiwilligkeit und ESG-Pflicht ändert sich schleichend. Mit neuen ESG-Standards werden Unternehmensführungen aufgefordert, ihre Unternehmensstrategie und Corporate Governance auf eine nachhaltige Art und Weise umzugestalten. 

In den letzten Jahren gab es im Zusammenhang mit ESG zwei große Entwicklungslinien die Auswirkungen auf die Corporate Governance von Unternehmen haben (werden)

Unternehmen kamen in den letzten Jahren insbesondere an zwei Entwicklungen in der (EU-) Gesetzgebung nicht vorbei. Zum einen an der Einführung von Nachhaltigkeitspflichten durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) im Jahr 2023 sowie zum anderen an der sogenannten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). 

Kurz zusammengefasst verpflichtet das LkSG Unternehmen und Konzerne, ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte und bestimmter Umweltstandards nachzukommen. Damit sind Unternehmen für den eigenen Geschäftsbereich, für das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln mittelbarer Zulieferer verantwortlich. Seit 2024 gilt das LkSG für Unternehmen ab 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – in Deutschland sind das rund 4.800 Unternehmen. Das LkSG zeigt beispielhaft, wie sich „ESG-Gesetze“ auf die Corporate Governance auswirken können. Durch das LkSG wird konkret vorgeschrieben, welche einzelnen Strukturen ein Unternehmen intern aufzubauen hat. Dazu zählen die Einrichtung eines Risikomanagements und unternehmensinterner Beschwerdeverfahren, Risikoanalysen sowie die Festlegung von Zuständigkeiten

Weiter gehört das Thema „ESG“ nach der CSRD künftig auch in den Geschäftsbericht. Die bisherige nichtfinanzielle Berichterstattung wird für Unternehmen ab einer bestimmten Größe zur umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgebaut. Eine fehlende Berichterstattung zu den Inhalten, die nach der CSRD zu berichten sind, kann perspektivisch zur Verweigerung des Testats durch die Wirtschaftsprüfer führen, was zu erheblichen Finanzierungsproblemen führen könnte. Die Corporate Governance muss daher zum einen sicherstellen, dass entsprechende Daten erhoben, validiert und konsistent bereitgestellt werden. Zum anderen müssen Kontrollmechanismen eingeführt werden, um ESG-Risiken regelmäßig bewerten und überwachen und letztlich über diese berichten zu können. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die CSRD am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist, in Deutschland aber noch nicht durch ein nationales Gesetz umgesetzt wurde. Damit gilt die CSRD in Deutschland noch nicht unmittelbar. Wie zügig sich die neue Bundesregierung nach der Wahl im Februar 2025 zum CSRD-Umsetzungsgesetz einigt, bleibt abzuwarten.

Freiwillige Verankerung von ESG in die Corporate Governance lohnt sich

Selbst wenn Unternehmen nicht vom Anwendungsbereich von ESG-Regelungen umfasst sind, können Unternehmen Nachhaltigkeitsbelange und deren Umsetzung „freiwillig“ in der Corporate Governance eines Unternehmens verankern. Das kann wiederum zu einer gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit und infolge einer positiven ESG-Reputation zu einer gesteigerten Attraktivität eines Unternehmens für Investoren, Kunden, Mitarbeitende und Geschäftspartner führen.

Eine nachhaltige Unternehmensphilosophie und deren Umsetzung können dabei verschiedentlich in die Corporate Governance implementiert werden, jedoch stets unter der Prämisse, dass die konkrete Verankerung von ESG in der Corporate Governance auch zur jeweiligen Geschäftstätigkeit des Unternehmens passt.

Beispielsweise können Nachhaltigkeitsbelange in den Unternehmensgegenstand eines Unternehmens aufgenommen werden. Zudem können die Statuten auch eine Verpflichtung zur Schaffung eines ESG-Ausschusses innerhalb des Unternehmens oder die Ernennung eines Nachhaltigkeitsbeauftragten vorsehen, der direkt an die Gesellschafterversammlung berichtet. Insgesamt können die Statuten unabhängig von gesetzlichen Vorgaben freiwillige Berichtspflichten zu ESG-Themen vorsehen. So könnten auch Geschäftsordnungen für Geschäftsführung und Aufsichtsrat Vorgaben im Zusammenhang mit ESG machen. Beispielsweise dergestalt, dass ESG-Risiken und -Chancen regelmäßig analysiert und in Entscheidungen einbezogen werden müssen. 

ESG ist auf dem Vormarsch (?)

Insgesamt gilt auch nach wie vor der Tenor: Nachhaltigkeit ist gekommen, um zu bleiben. Die Integration von ESG in die Corporate Governance bietet Chancen für Unternehmen. 

Dennoch bedeuten die gesetzlichen Dokumentations- und Berichtspflichten von Unternehmen einen erhöhten bürokratischen Aufwand für die Unternehmen und damit eine finanzielle Belastung. Es bleibt daher sehr spannend, wie und wie schnell sich ESG unter der neuen Bundesregierung weiterentwickeln wird.

Tags: Corporate Governance Nachhaltigkeit