30. Januar 2023
Ausschüttungsverbot Strompreisbremsengesetz Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz
Herausforderungen der Energieversorgung

Das Dividendenverbot gem. StromPBG und EWPBG

Die Ausschüttungsverbote im Strompreisbremsengesetz und Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz: welche Unternehmen sind bei welcher Entlastungshöhe betroffen?

Für Unternehmen, die staatliche Beihilfen zum Ausgleich des außergewöhnlich starken Anstiegs der Energiepreise in Anspruch nehmen, gilt 2023 ein Dividenden- und Ausschüttungsverbot, wenn das Unternehmen eine Entlastungssumme von insgesamt mehr als EUR 50 Mio. bezieht. Unser Blogbeitrag beleuchtet den Anwendungsbereich und die Details der Regelung, deren Ausgestaltung auf Vorläufer im Bereich der Coronahilfen (§ 9 WSF-DV) zurückgreift und im Übrigen bis in die Details ganz wesentlich auf der Umsetzung des europäischen Krisenbeihilferahmens (in der letzten Fassung vom 28. Oktober 2022 hier zugänglich) beruht. 

Einbettung in die Gesetzgebung zu den Energiepreisbremsen

Der Deutsche Bundestag hat am 15. Dezember 2022 das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen – Strompreisbremsengesetz (StromPBG) – sowie das Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften – Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) – beschlossen. Beide Gesetze wurden am 23. Dezember 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. I 2022 S. 2512 [StromPBG] und BGBL. I 2022 S. 2560 [EWPBG]) und sind am 24. Dezember in Kraft getreten. 

Die Regelungen zum Dividendenverbot wurden – zusammen mit den Beschränkungen von Bonus-Zahlungen durch die Unternehmen – im Zuge der Beratung im Ausschuss für Klimaschutz und Energie in § 37a Abs. 5 StromPBG und § 29a Abs. 5 EWPBG eingefügt. Diese weiteren Beschränkungen treten somit neben die Verpflichtung zum Arbeitsplatzerhalt gem. § 37 StromPBG und § 29 EWPBG. Ausweislich der Begründung der Änderungsvorschläge sollen Unternehmen, die staatliche Hilfen in besonderer Höhe in Anspruch nehmen, Ausgaben, die Einzelnen besonders zugutekommen, für die Zeit der Förderung einsparen.

Schwellenwert für das Dividenden- und Ausschüttungsverbot 

Da das Dividendenverbot nur bei Inanspruchnahme von Beihilfen von mehr als EUR 50 Mio. greift, wird hiervon nur eine vergleichsweise kleine Zahl von Unternehmen betroffen sein. Nach Presseberichten haben jedoch insbesondere einige börsennotierte Unternehmen bereits angekündigt, auf die Förderung verzichten zu wollen, wenn sie hierdurch in ihrer Dividendenpolitik eingeschränkt werden. 

Die wortgleichen Regelungen im StromPBG und EWPBG bestimmen, dass

ein Unternehmen, das eine Entlastungssumme über 50 Millionen Euro bezieht, […] im Jahr 2023 grundsätzlich keine Dividenden oder sonstigen, vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldeten Gewinnausschüttungen leisten [darf].

Da das Verbot an den Bezug einer relativ hohen, unternehmensbezogenen Entlastungssumme geknüpft ist, steht nicht zu erwarten, dass die breite Masse der Unternehmen in den Anwendungsbereich der Regelung fällt: Unternehmen können nämlich konzernweit grds. nur dann eine Entlastungssumme von mehr als EUR 2 Mio. (bzw. EUR 4 Mio. für bis zu 50 % der krisenbedingten Energiemehrkosten) unter den diversen Beihilfen zur Abfederung der sprunghaft gestiegenen Energiekosten in Anspruch nehmen, wenn die zuständige Behörde (d.h. die Prüfbehörde i.S.v. § 48 Abs. 1 Nr. 1 StromPBG) sie auf ihren Antrag hin als „besonders betroffen von hohen Energiepreisen“ eingestuft hat (§ 9 Abs. 4 i.V.m. § 11 StromPBG bzw. § 18 Abs. 4 i.V.m. § 19 EWPBG). Dies setzt voraus, dass das Unternehmen in einem besonders energieintensiven Sektor tätig ist oder aber aufgrund der Energiepreisentwicklung einen hohen Gewinnrückgang zu verzeichnen hat. Für diese Unternehmen gelten dann konzernweit absolute Höchstbeträge für die bezogenen Entlastungssummen, die von EUR 50 Mio. bis zu max. EUR 150 Mio. reichen. Daneben greifen relative Schranken, durch die sichergestellt werden soll, dass die gewährten Entlastungssummen innerhalb des Rahmens der absoluten Höchstgrenzen einen bestimmten Prozentsatz der krisenbedingten Energiemehrkosten nicht übersteigen. 

Unternehmen, die den allgemeinen Höchstbetrag von EUR 2 Mio. bzw. EUR 4 Mio. ausschöpfen, werden somit den Schwellenwert für das Verbot bei weitem nicht erreichen. Da eine weitergehende Förderung nur auf Antrag und bei Erfüllen spezifischer Voraussetzungen gewährt wird, ist faktisch ausgeschlossen, dass ein Unternehmen unbewusst oder zufällig in den Anwendungsbereich des Dividendenverbots gerät. 

Stand-alone-Betrachtung für den Schwellenwert des Dividendenverbots

Während die vorgenannten absoluten Höchstgrenzen gem. § 9 StromPBG bzw. § 18 EWPBG konzernweit gelten, stellen § 37a Abs. 5 StromPBG und § 29a Abs. 5 EWPBG auf die Entlastungssumme ab, die „ein Unternehmen“ bezieht, ohne die Zurechnung der Bezüge von verbundenen Unternehmen vorzusehen. Es kommt daher nur darauf an, ob das konkrete Unternehmen eine Entlastungssumme von mehr als EUR 50 Mio. bezogen hat bzw. voraussichtlich beziehen wird. Sollte der Bezug bei mehreren Konzerngesellschaften knapp unter dem Schwellenwert bleiben, was jedenfalls rechnerisch vorstellbar ist, würde keine Zusammenrechnung erfolgen und somit auch keine Ausschüttungssperre eingreifen. Hier bestehen also gewisse Gestaltungsspielräume. 

§§ 37a Abs. 7 StromPBG und 29a Abs. 7 EWPBG definieren die Entlastungssumme i.S.d. Regelung zudem etwas abweichend von dem allgemeinen Begriff der Entlastungssumme gem. § 2 Nr. 5 StromPBG bzw. § 2 Nr. 4 EWPBG. Demnach werden für die Zwecke des Boni- und Dividendenverbots eventuelle Entlastungsbeträge nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz nicht berücksichtigt. 

Näherer Inhalt des Dividenden- und Ausschüttungsverbots

Die Regelung verbietet die Gewährung von Dividenden und sonstigen Gewinnausschüttungen im Jahr 2023. Ausweislich der Ausschussbegründung kommt es hierbei maßgeblich auf den Zeitpunkt des Zuflusses an, so dass eine Ausschüttung im Jahr 2023, auch wenn sie den Dividendenspruch des Vorjahres betrifft, unzulässig ist. Anders als im Falle von Boni kann die Ausschüttung jedoch in den Folgejahren nachgeholt werden. 

Ausgenommen von dem Verbot sind vertraglich oder gesetzlich geschuldete Ausschüttungen. Zu denken ist hier etwa an Gewinnabführungen aus Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen oder Garantiedividenden an außenstehende Aktionäre*. 

Offen bleibt, welche Ausnahmen von dem Dividendenverbot greifen könnten, das nach dem Gesetzeswortlaut nur „grundsätzlich“ greifen soll. Die Formulierung ist an § 9 Abs. 3 S. 1 WSF-DV angelehnt, einer Norm aus dem Corona-Beihilfen-Paket. Anders als im Bereich des Wirtschaftsstabilisierungsfonds gibt es bei den Preisbremsen keinen Bewilligungsbescheid, in dem Ausnahmen von dem Dividendenverbot vorgesehen werden könnten. Denkbar wäre allenfalls, die Prüfbehörde um einen Dispens zu ersuchen, ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen wäre. 

Unternehmen können auf Förderung mit einer Entlastungssumme über EUR 25 Mio. verzichten

Gem. Abs. 6 der jeweiligen Regelung im StromPBG und EWPGB können Unternehmen durch eine formlose Erklärung gegenüber der Prüfbehörde bis zum 31. März 2023 erklären, dass sie eine Förderung nach diesen Gesetzen mit einer Entlastungssumme über EUR 25 Mio. nicht in Anspruch nehmen werden, und sich durch diese Opt-out-Erklärung bis zum 31. März 2023 von den Pflichten nach den Abs. 1 (Boni-Verbot) und 5 (Dividendenverbot) befreien.

Unklar ist, ob die Opt-out-Erklärung auf diejenigen Verbote beschränkt werden kann, die an das Überschreiten des Schwellenwerts von EUR 50 Mio. geknüpft sind, wie es beim Dividendenverbot der Fall ist. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist dies nicht vorgesehen. 

Verstöße gegen das Dividendenverbot können sanktioniert werden

Verstöße gegen das Dividendenverbot sind im StromPBG und EWPBG nicht spezifisch mit Bußgeldern bedroht. Es drohen jedoch Sanktionen nach allgemeinen beihilferechtlichen Grundsätzen und die Beschneidung der Förderung bzw. die Rückforderung. 

In unserer Blogserie zu den Herausforderungen der Energieversorgung sind bereits erschienen: Energiepreispauschale und Energiesparen am ArbeitsplatzBlackouts und BrownoutsMit Entlastungen und Abschöpfungen raus aus der Energiepreiskrise.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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