31. März 2011
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Vergaberecht

OLG München zum Breitbandausbau: Vergaberecht nicht anwendbar, aber…

Wie bereits hier berichtet, hat das OLG München die Klage der Schnell-im-Netz.de GmbH & Co. KG und der GSMB Invest GmbH & Co. KG gegen die Beauftragung der Deutschen Telekom mit dem Breitbandausbau in den Gemeinden des Landkreises Rhön-Grabfeld zurückgewiesen. Nunmehr liegen die Entscheidungsgründe des am 25.3.2011 verkündeten Beschlusses (Az. 21.VK-3194-48/10, im Volltext hier)  vor, was eine nähere Befassung mit den Argumenten des Gerichts ermöglicht.

Die Begründung des Gerichts hat es durchaus in sich, da mit den von ihm getroffenen Feststellungen gewichtige Konsequenzen für zukünftige Breitbandausschreibungen und die Vergabe sonstiger Konzessionen z.B. im Energiesektor einhergehen.

Das OLG geht davon aus, dass es sich bei dem von den Gemeinden mit der Telekom abgeschlossenen Vertrag um eine Dienstleistungskonzession handelt, so dass nicht das strikte Vergaberecht gilt und damit auch der Vergaberechtsweg nicht gegeben war.

Das OLG bejaht entgegen der Argumentation der betroffenen Gemeinden das Vorliegen eines Beschaffungsvorgangs durch die Kommunen. Die Gemeinden hatten sich demgegenüber darauf berufen, sie beschafften keine Leistung, sondern gewährten nur einen Zuschuss. Das Gericht weist demgegenüber darauf hin, dass eine Beschaffung durch die Gemeinde auch dann vorliegt, wenn sie durch den Auftrag die ihr obliegende Daseinsvorsorge sicherstellt.

Darüber hinaus stellt das Gericht klar, dass kein Bauauftrag vorliegt. Bauliche Maßnahmen nehmen nur einen untergeordneten Teil des Auftrags ein. Der Ein- und Aufbau elektronischer Hardware stelle keine Baumaßnahme dar. Etwas wird dann allerdings gelten müssen, wenn der Auftrag umfangreiche Maßnahmen des Leitungsbau zum Gegenstand hat. Auf Baukonzessionen wäre das Vergaberecht dann anwendbar.

Wenig überzeugend sind die Ausführungen des Senats zur Entgeltlichkeit der Leistung. Da es hierauf im Ergebnis nicht ankommt, soll dem hier nicht näher nachgegangen werden. Ausschlaggebend dafür, dass das strenge Vergaberecht nicht zur Anwendung kommt, ist der Konzessionscharakter des Dienstleistungsvertrags. Die Gegenleistung für den Aufbau und Betrieb des Netzes besteht in der Einräumung des Rechts zur Nutzung dieser Dienstleistung, indem dem Konzessionsnehmer das Möglichkeit eröffnet wird, die Breitbandversorgungsleistungen an die Endkunden in den Gemeinden zu verkaufen. Das Gericht stellt dabei auf das dem Konzessionär eingeräumte Recht zur Nutzung des öffentlichen Grundes ab, da die Leitungen in Straßen und Wegen verlegt werden und auch bestehende Leerrohre zur Verfügung gestellt werden. Diese Argumentation ist deshalb nicht schlüssig, weil die vom OLG selbst zitierte Definition der Dienstleistungskonzession auf die Nutzung der Dienstleistung abstellt und – anders als die Baukonzession – nicht fordert, dass ein Recht zur Nutzung eines Bauwerks eingeräumt wird. Ausreichend wäre daher gewesen, dass dem Konzessionär das Recht zugestanden wird, die für die Kommune zu erbringende Leistung durch Abschluss entsprechender Verträge mit den Endkunden zu verwerten. Dabei geht das OLG auch davon aus, dass der Vertragspartner trotz des Zuschusses durch die Gemeinden noch ein (wenn auch eingeschränktes) Betriebsrisiko trägt. Seine Endkundenverträge müssen bundesweit geltenden Tarifen und Geschäftsbestimmungen entsprechen. Auch können Wettbewerber z.B. mit anderer Technik alternative Internetversorgung anbieten. Zudem trägt der Konzessionär das Insolvenzrisiko und haftet für Schäden. Der EuGH hatte dies für die Vergabe von Rettungsdienste erst kürzlich mit vergleichbaren Argumenten ebenso gesehen.

Mithin kommt das OLG München zu dem Schluss, dass eine Dienstleistungskonzession vorliegt und der Rechtsweg zu den vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen nicht gegeben ist. Allerdings weist das Gericht ausdrücklich darauf hin, dass auch bei der Ausschreibung von Dienstleistungskonzessionen ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren durchgeführt werden muss. Ob dem im vorliegenden Fall Genüge getan wurde, hat das OLG nicht entschieden. Hierauf ist aber seitens der Kommunen zukünftig strikt zu achten. Interessant dürfte die Entscheidung auch für die Beurteilung von Wegenutzungsverträgen nach § 46 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sein. Das Bundeskartellamt und die Bundesnetzagentur haben in ihrem Ende 2010 veröffentlichten Leitfaden die Frage offengelassen, ob es sich bei diesen Energiekonzessionsverträgen um Dienstleistungskonzessionen handelt oder nicht . Die Feststellungen des OLG München legen nahe, dass diese Frage zu bejahen ist.

Tags: Baukonzession Breitbandnetz Daseinsvorsorge Dienstleistungsauftrag Dienstleistungskonzession Energiekonzession Energiewirtschaft EuGH Gaskonzession Glasfasernetz Internet Oberlandesgerichte Wegenutzungsverträge