30. Juni 2010
Vortragsmitschnitt im Zug abgespielt
Urheberrecht

Gesichtszüge im ICE entgleist

Neulich im ICE:

Mir gegenüber sitzt ein eigentlich ganz freundlich aussehender Herr. Wie so viele holt er recht schnell sein Notebook hervor und fängt an zu arbeiten. Mein Eindruck von ihm verdüstert sich jedoch schnell, als er zusätzlich auch noch ein Diktiergerät hervorholt, in das er nicht etwa diktiert, sondern von dem er laut – für alle in der Nähe deutlich hörbar – eine Aufnahme abspult und sie in seinen Computer abschreibt. Das muss doch nun wirklich nicht sein, denke ich mir.

Erst auf den zweiten Blick fällt mir dann die Brisanz seines Verhaltens auf: Auf dem Sitz neben ihm liegt CMS-Vortragsmaterial der Mandanten-Veranstaltung unserer Arbeitsrechtler vom Morgen. Hm!? Was?! Nun höre ich noch einmal genauer hin… und tatsächlich! Aus seinem Diktiergerät klingt deutlich die mir bekannte Stimme meines Kollegen. Was ein Schlawiner! Hat er doch ich heimlich mitgeschnitten.  Ich fasse es nicht.

Eine telefonische Nachfrage bei dem Kollegen mit einer genauen Personenbeschreibung ergibt dann tatsächlich, dass der  mir nun doch sehr unsympathische Herr am Morgen in unserer Kanzlei in der ersten Reihe saß (wohl mit Bedacht, wegen der Tonqualität). Als der Schaffner kommt und die Fahrkarten kontrolliert, bin ich nach einem flüchtigen Blick in sein Portmonee und auf seinen Anwaltsausweis fast schon gar nicht überrascht, dass es sich um einen Kollegen handelt, der das Gehörte offenbar zu eigenen Vortragszwecken nutzen wollte.

Nun, man kann sich denken, mit welcher Vorfreude ich dann dem Moment entgegen sah, als ich ihn kurz vor meinem Aussteigen mit Namen ansprach und mich ihm unter Übergabe meiner Visitenkarte vorstellte. Eine völlige Entgleisung seiner Gesichtszüge war die nur natürliche Folge.

Was lernen wir daraus: Man kann nie vorsichtig genug mit dem sein, was man im Zug so alles treibt. Geschäftliche Telefonate mit vertraulichen Informationen sollten genauso tabu sein, wie die Arbeit an vertraulichen Schriftstücken. Man weiß ja nie, wer neben einem sitzt.

Und übrigens: Die Unterlagen zu unseren Veranstaltungen gibt es bei uns für unsere Mandanten natürlich kostenlos, auch nachträglich, wenn man – z.B. hier – denn höflich fragt.

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