1. August 2013
Arbeitsrecht

Doch Zweifel an der Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit?

Das BAG hatte zunächst entschieden, dass keine vernünftigen Zweifel an der Tariffähigkeit der DGB-Gewerkschaften im Hinblick auf die Zeitarbeit bestehen (Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 1 AZB 72/12; darauf Bezug nehmend: LAG Baden-Württemberg vom 4. Juni 2013 – 22 Sa 73/12). Danach wurde es vorübergehend ruhig um den Streit zur Wirksamkeit der DGB-Tarifverträge, die im Vergleich zu den tariflichen Regelungswerken von CGZP und einigen CGB-Gewerkschaften immer als sicher bezeichnet wurden.

Erste Zweifel entstanden nach den Entscheidungen des BAG vom 13. März 2013, da – unter Übertragung der dort entwickelten Grundsätze zu der Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Verweisung auf die mehrgliedrigen CGB-Tarifverträge – zumindest diskutiert wird, ob die in der Praxis verbreiteten Bezugnahmeklauseln auf die DGB-Tarifverträge nicht ebenfalls intransparent sind (ablehnend: LAG Baden-Württemberg vom 4. Juni 2013 – 22 Sa 73/12).

Darüber hinaus ist inzwischen eine Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg bekannt geworden, die eventuell weiteres Ungemacht ankündigen könnte. Aus dieser kann (mittelbar) abgeleitet werden, dass die Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit doch nicht völlig zweifelsfrei festzustehen scheint, selbst wenn sich das Gericht konkret mit nur formellen Fragen zur örtlichen Zuständigkeit befassen musste (Beschluss vom 21. Februar 2013 – 9 TaBVHa 2446/12).

Der Sachverhalt ist dabei etwas „atypisch“: Im Arbeitsvertrag des Zeitarbeitnehmers wird auf die Tarifverträge BZA/DGB verwiesen. Dieser verlangte bei dem Kundenunternehmen, bei dem er eingesetzt war, Auskunft nach § 13 AÜG, um seinen equal pay-Anspruch gegen seinen Arbeitgeber geltend machen zu können. Die in Bezug genommen Tarifverträge seien unwirksam, da die DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit nicht tarifzuständig seien. Das nach der Auskunftsverweigerung vom Zeitarbeitnehmer angerufene Arbeitsgericht setzte den Rechtsstreit nach § 97 Abs. 5 ArbGG aus.

Der Zeitarbeitnehmer hat nun ein Verfahren angestrengt, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass die beteiligten Gewerkschaften für die Zeitarbeitsbranche nicht tarifzuständig waren waren (§§ 97 Abs. 1, 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG). Dabei hat er zunächst – ohne anwaltliche Vertretung – das LAG Berlin-Brandenburg angerufen, das ein örtlich zuständiges Gericht zur Klärung der Tarifzuständigkeit bestimmen soll. Dieses wendete schließlich § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an und nahm das ArbG Berlin in die Pflicht. Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss ist nicht gegeben.

In der Tat dürfte der Antrag zur Bestimmung eines zuständigen Gerichts auf Grundlage von § 36 ZPO, der in der arbeitsrechtlichen Praxis wohl eher ein Schattendasein fristet, ein kluger Schachzug gewesen sein, sind doch insgesamt neun Gewerkschaften mit zum Teil unterschiedlichen Gerichtsständen an dem Verfahren beteiligt. Durch die Bündelung der Kompetenz beim ArbG Berlin ist folglich eine Entscheidung „aus einem Guss“ für sämtliche tarif(un)zuständigen Gewerkschaften zu erwarten.

Gegen den Aussetzungsbeschluss des ursprünglich wegen der Auskunftserteilung angerufenen Arbeitsgerichts sind wohl keine Rechtsmittel eingelegt worden, so dass es nicht mehr auf die Frage ankommen dürfte, ob – wie vom BAG verlangt (Beschluss vom 19. Dezember 2012 – 1 AZB 72/12) – überhaupt ernsthafte Zweifel an der Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften bestehen, die eine Aussetzung nach § 97 Abs. 5 ArbGG erst rechtfertigen können.

Vor dem ArbG Berlin wird es nunmehr inhaltlich um die Frage gehen, ob die Gewerkschaften der DGB-Tarifgemeinschaft für die Zeitarbeit tatsächlich tarifzuständig waren oder nicht. Sollte diese verneint werden, wären die abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam mit der Folge, dass equal pay-Ansprüche der Zeitarbeiternehmer entstanden wären. Auch die Rentenversicherungsträge könnten – analog zum Vorgehen bei der CGZP – Nachforderungen geltend machen. Für die Zeitarbeitsbranche bleibt es daher weiter spannend in Berlin – und es wird möglicherweise erneut teuer!

Tags: Arbeitsgerichte CGZP DGB-Gewerkschaften equal pay Tarifgemeinschaft Zeitarbeit Tarifzuständigkeit