7. Mai 2012
Compliance

Facilitation Payments können auch deutschen Unternehmen teuer zu stehen kommen

Schon heute besteht für deutsche Unternehmen ein erhebliches Bußgeldrisiko, wenn Unternehmensbeauftragte Facilitation Payments leisten.

Transparency International fordert in dem Nationalen Integritätsbericht für Deutschland von Januar 2012, Beschleunigungszahlungen an ausländische Amtsträger – sogenannte Facilitation Payments – zu verbieten.

Diese Forderung könnte darauf schließen lassen, dass deutsche Unternehmen Faciliation Payments derzeit noch ohne Risiko im Ausland leisten können. Dem ist nicht so.

Facilitation Payments bezwecken Beschleunigung von Routine-Amtshandlungen

Unter Facilitation Payments versteht man gesetzlich nicht vorgesehene Zahlungen in der Regel kleinerer Beträge an einen ausländischen Amtsträger, die dem Zweck dienen, den Amtsträger zu veranlassen, eine Diensthandlung zu beschleunigen oder vorzunehmen, auf die das Unternehmen grundsätzlich einen Anspruch hat (z.B. Zoll- oder Visa-Angelegenheiten).

Unternehmen befinden sich dabei oftmals in einem Dilemma. Verweigert das Unternehmen die Zahlung, drohen nicht selten wirtschaftliche Nachteile (z.B. Produktionsausfall). Bei Leistung von Beschleunigungszahlungen macht sich der zahlende Mitarbeiter meist – insbesondere nach dem jeweiligen ausländischen Recht – strafbar.

Zusätzlich setzt sich das Unternehmen dem Risiko einer Bußgeldhaftung aus, wenn Facilitation Payments geleistet werden. Eine solche ergibt sich für deutsche Unternehmen vor allem aus dem weiten extraterritorialen Anwendungsbereich zweier ausländischer Anti-Korruptionsgesetze: dem US-amerikanischen Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) und dem UK Bribery Act.

Bußgeldrisiko nach FCPA trotz Ausnahmetatbestand

Der US-amerikanische FCPA findet auch auf deutsche Unternehmen Anwendung, wenn diese an US-Börsen gelistet sind oder es sich um deutsche Tochtergesellschaften von US-amerikanischen Muttergesellschaften handelt.

Daneben finden die Anti-Korruptionsbestimmungen auch auf deutsche Unternehmen Anwendung, wenn die Korruptionshandlungen vom US-Territorium aus gefördert werden. Das US Department of Justice (DOJ) sieht diese Voraussetzungen schon bei nur geringen Berührungspunkten als erfüllt an, wie etwa bei Überweisungen über ein US-Bankkonto sowie bei aus den USA geführten Telefonaten oder versandten E-Mails.

Der FCPA nimmt Facilitation Payments ausdrücklich von Strafe aus. Dennoch besteht auch für deutsche Unternehmen das Risiko, dass das US Department of Justice (DOJ) und die US Securities and Exchange Commission (SEC) erhebliche Bußgelder gegen das Unternehmen festsetzen. Denn allgemein wenden die amerikanischen Behörden die Ausnahmeregelung für Beschleunigungszahlungen eher restriktiv an.

Überdies kommt es selten zu einer gerichtlichen Überprüfung, da viele Unternehmen bereit sind, im Rahmen außergerichtlicher Vereinbarungen Strafzahlungen an die Verfolgungsbehörden zu leisten. Außerdem können Facilitation Payments zusätzlich auch gegen die Accounting Provisions (§ 78m FCPA) verstoßen, da die Erfassung von Korruptionszahlungen häufig buchhalterische Grundsätze verletzt.

Der weite Anwendungsbereich des UK Bribery Act erhöht Haftungsrisiken

Der im Juli 2011 in Kraft getretene UK Bribery Act stellt die Leistung von Facilitation Payments unter Strafe und macht Unternehmen hierfür haftbar. Der Anwendungsbereich des UK Bribery Act ist weit. Alle deutschen Unternehmen, die einen Teil ihres Geschäfts im Vereinigten Königreich betreiben, unterliegen dem UK Bribery Act. Es bleibt abzuwarten, wie diese etwas vage Regelung zukünftig durch britische Gerichte ausgelegt wird. Beachtlich ist in jedem Fall, dass die Facilitation Payments selbst keinen Bezug zum Vereinigten Königreich zu haben brauchen.

Die Unternehmen haften nach UK Bribery Act, wenn ein Beauftragter des Unternehmens einen ausländischen Amtsträger besticht, ohne dass das Unternehmen Compliance-Strukturen implementiert hat, welche geeignet gewesen wären, die korruptiven Handlungen zu verhindern. Das Ministry of Justice hat Richtlinien für geeignete Compliance-Strukturen veröffentlicht. Außerdem haben die britischen Verfolgungsbehörden erklärt, unter welchen Voraussetzungen Facilitation Payments strafrechtlich verfolgt werden. Denn anders als in Deutschland steht die Verfolgung von Straftaten im Vereinigten Königreich im Ermessen der Behörden. Danach können bestimmte Faktoren für eine Strafverfolgung sprechen.

Offenbar geht selbst das Serious Fraud Office nicht davon aus, dass Facilitation Payments mit Inkrafttreten des UK Bribery Act über Nacht vollständig eingestellt werden. Die Behörde erwartet jedoch von Unternehmen, dass diese bei Facilitation Payments einen zero-tolerance-Ansatz verfolgen und dafür Sorge tragen, dass die Zahlungen innerhalb einer bestimmten Zeit eingestellt werden. Außerdem hat die Behörde bestimmte Kriterien genannt, die sie im Rahmen ihres Ermessens bei Unternehmen, die weiterhin Facilitation Payments leisten, berücksichtigen wird. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Grundsätze nur für eine sehr beschränkte Zeit nach Inkrafttreten des UK Bribery Act im Sommer 2011 Geltung entfalten dürften und als bloße Ermessenskriterien den Unternehmen keine wirkliche Sicherheit bieten können.

Haftung nach deutschem Recht in Ausnahmefällen

Eine Bußgeldhaftung für im Ausland geleistete Facilitation Payments ist nach deutschem Recht in Ausnahmefällen denkbar. Da es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht gibt, können Bußgelder gegen Unternehmen nur dann gemäß §§ 30, 130 OWiG verhängt werden, wenn ein Mitarbeiter des Unternehmens einen relevanten Straftatbestand erfüllt.

Zusätzlich muss die Unternehmensleitung es versäumt haben, Aufsichtsmaßnahmen vorzunehmen, die die Erfüllung des Straftatbestands durch den Mitarbeiter wesentlich erschwert hätte. Als relevanter Straftatbestand kommt hier vor allem die Bestechung (§ 334 StGB) in Betracht.

Da jedoch Facilitation Payments grundsätzlich auf die Herbeiführung einer pflichtgemäßen Diensthandlung abzielen, fallen sie auch nur im Ausnahmefall unter den Straftatbestand der Bestechung, welcher eine pflichtwidrige Diensthandlung voraussetzt.

Ein solcher Ausnahmefall könnte gegeben sein, wenn die Facilitation Payments auf eine pflichtwidrig beschleunigte Bearbeitung durch die Behörde abzielen und die beschleunigte Bearbeitung zugleich mit einem Nachteil für andere Personen verbunden ist. Auch wenn es nur schwer nachzuweisen sein dürfte, dass nach dem jeweiligen ausländischen Recht pflichtwidrig eine bevorzugte Bearbeitung vorgenommen wurde und dabei zugleich Dritte benachteiligt wurden, sollte ein diesbezügliches Haftungsrisiko nicht unterschätzt werden.

Bußgeldrisiken durch Compliance-Strukturen verringern

Bisher haben wenige mittelständische Unternehmen die erheblichen Risiken im Zusammenhang mit Facilitation Payments erkannt. Häufig werden Beschleunigungszahlungen noch als ein in Kauf zu nehmendes Übel angesehen, um im Ausland erfolgreich Geschäfte machen zu können.

Diese Einstellung ist jedoch insbesondere angesichts des Haftungsrisikos dringend zu überdenken. Die Implementierung effektiver Compliance-Systeme kann die Haftung von Unternehmen und Unternehmensleitungen erheblich reduzieren. Dies gilt auch für die Bußgeldhaftung für Facilitation Payments.

Für den Fall, dass Amtsträger dennoch zur Zahlung von Facilitation Payments auffordern, kann es zusätzlich sinnvoll sein, den Unternehmensmitarbeitern eine „Notfall“-Hotline zur Verfügung zu stellen. So kann verhindert werden, dass sich Mitarbeiter im operativen Geschäft vom Unternehmen allein gelassen fühlen und womöglich aus Sorge, Geschäft zu verlieren, Beschleunigungszahlungen leisten. Außerdem hat es sich in manchen Fällen als hilfreich erwiesen, unverzüglich Regierungsstellen des jeweiligen ausländischen Staats zu informieren, wenn Verwaltungsangestellte Facilitation Payments verlangen.

Weitere Informationen zu dem Thema Facilitation Payments finden Sie in dem von uns in Heft 15/2012 des Betriebs-Beraters veröffentlichten Beitrag.

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