16. Oktober 2025
betriebsratswahl Einstweilige Verfügung
Betriebsratswahl 2026 – Was Arbeitgeber jetzt wissen müssen

Rechtsbehelfe bei der Betriebsratswahl – Teil 1: Einstweiliges Verfügungsverfahren

Steht eine Betriebsratswahl an, kommen schnell Fragen auf: Welche Pflichten hat der Arbeitgeber gegenüber dem Wahlvorstand – und welche Möglichkeiten gibt es, wenn bei der Vorbereitung gravierende Fehler passieren?

Es ist wichtig, dass Betriebsratswahlen ordnungsgemäß vorbereitet und durchgeführt werden. Schließlich wählen die Mitarbeitenden demokratisch ihre Vertretung für die nächsten vier Jahre. Die Betriebsratswahl wird durch den Wahlvorstand vorbereitet und durchgeführt. Dieser ist auf die Zuarbeit des Arbeitgebers angewiesen. Was passiert, wenn bereits vor Abschluss der Betriebsratswahl Konflikte zwischen dem Wahlvorstand und dem Arbeitgeber auftreten?

Sowohl den Arbeitgeber als auch den Wahlvorstand treffen Pflichten, die es zu beachten gilt, um eine ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsratswahl sicherzustellen. Wenn einer der Beteiligten dies nicht tut, kann eine einstweilige Verfügung in Betracht kommen, um die Wirksamkeit der Betriebsratswahl zu gewährleisten. 

Gut vorbereitet: Arbeitgeberpflichten bei der Betriebsratswahl

Der Arbeitgeber hat vor und während der Betriebsratswahl diverse Pflichten, die mehr oder weniger Potential für eine Auseinandersetzung mit dem Wahlvorstand bergen. Es gibt insgesamt drei Kernpflichten:

1. Zurverfügungstellung von Sachmitteln

Der Arbeitgeber muss dem Wahlvorstand im erforderlichen Umfang etwa Räumlichkeiten, Informations- und Kommunikationstechnik und Büropersonal zur Verfügung stellen. Streitpunkt ist hierbei häufig: Was ist konkret erforderlich? Regelmäßig hat der Wahlvorstand Anspruch auf einen eigenen Laptop inkl. Kommunikationstechnik wie Kamera und Mikrofon, einen Drucker und einen Telefonanschluss. Ob ein Wahlvorstand auch Anspruch auf ein Smartphone hat, hängt von den Verhältnissen im Betrieb ab. Wenn der überwiegende Teil der Mitarbeitenden ein dienstliches Smartphone erhält, dann hat nach herrschender Meinung auch der Wahlvorstand einen Anspruch auf ein Smartphone. Ob ein eigenes Büro für den Wahlvorstand nötig ist, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab. Stehen abschließbare Räumlichkeiten zur Verfügung, sollten diese dem Wahlvorstand bereitgestellt werden. 

2. Schulungen

Daneben trägt der Arbeitgeber auch die Kosten für erforderliche Schulungen. Für den Wahlvorstand sind Schulungen zu den Themen Wahlvorschriften sowie die Einleitung und Durchführung der Betriebsratswahl erforderlich. Das gilt jedenfalls für erstmalige Mitglieder des Wahlvorstandes. Entscheidend ist allein, ob die Kenntnisse des Wahlvorstandes für eine ordnungsgemäße und eigenverantwortliche Durchführung der Wahl ausreichen; ein zusätzlicher besonderer Anlass ist nicht nötig. 

3. Informationspflichten

Informationspflichten des Arbeitgebers spielen bei der Vorbereitung der Betriebsratswahl eine zentrale Rolle. Der Arbeitgeber hat die notwendigen Auskünfte und Unterlagen bereitzustellen, damit der Wahlvorstand eine Wählerliste erstellen kann. Die Wählerliste muss dabei sämtliche wahlberechtigte Arbeitnehmer* mit Vor- und Nachnamen, Geburtsdatum und Geschlecht ausweisen. Der Arbeitgeber muss dem Wahlvorstand zudem die Privatadressen der Arbeitnehmer zur Verfügung stellen, um eine Briefwahl zu ermöglichen. 

Einstweilige Verfügung des Wahlvorstandes gegen den Arbeitgeber vermeiden

Zuweilen besteht Streit darüber, ob der Arbeitgeber die vorgenannten Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat. In diesem Fall kann der Wahlvorstand berechtigt sein, eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht gegen den Arbeitgeber zu beantragen, um die Erfüllung der Pflichten rechtzeitig vor Durchführung der Wahl zu erzwingen (§ 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 935940 ZPO).

Wir empfehlen, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Forderung des Wahlvorstandes berechtigt ist oder nicht. Je klarer der Anspruch des Wahlvorstandes ist, desto eher sollte der Arbeitgeber der Forderung nachkommen, um so einen etwaigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Wahlvorstand zu vermeiden. Schließlich verursacht dieser Antrag einen organisatorischen und finanziellen Aufwand auf Seiten des Arbeitgebers, der auch die Kosten des durch den Wahlvorstand beauftragten Rechtsanwalts tragen müsste. 

Manchen Forderungen des Wahlvorstandes will der Arbeitgeber indes aus strategischen Gründen nicht nachkommen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Wahlvorstand einen anderen Betriebsbegriff zugrunde legt als der Arbeitgeber. Dann möchte der Wahlvorstand aus Sicht des Arbeitgebers Informationen über Mitarbeitende für die Erstellung der Wählerliste haben, die aus Sicht des Arbeitgebers gar nicht Teil des Betriebes sind. In dieser Situation könnte der Arbeitgeber die angefragten Informationen dem Wahlvorstand mit dem Hinweis übermitteln, dass der Arbeitgeber hierzu eine andere Rechtsauffassung vertritt. Daneben muss der Arbeitgeber zwingend Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste einlegen, da ansonsten die Anfechtung der Betriebsratswahl aus diesem Grund gemäß § 19 Abs. 3 BetrVG ausgeschlossen ist.

Bei jedem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch den Wahlvorstand sollte der Arbeitgeber prüfen, ob nicht bereits die erforderliche Eilbedürftigkeit – der sogenannte Verfügungsgrund – fehlt. Diskutieren Wahlvorstand und Arbeitgeber beispielsweise bereits seit mehreren Wochen über die Erforderlichkeit eines Smartphones, so widerspräche sich der Wahlvorstand selbst, wenn er mit der Beantragung einer einstweiligen Verfügung auf Zurverfügungstellung des Smartphones mehrere Wochen zuwartet. Ein Eilbedürfnis besteht dann offensichtlich auch für den Wahlvorstand nicht.

Grobe Fehler des Wahlvorstandes

Aber nicht nur dem Arbeitgeber können Fehler im Rahmen der Betriebsratswahl unterlaufen, sondern auch dem Wahlvorstand. Diese können entweder zur Anfechtbarkeit oder zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen. Die Anfechtbarkeit liegt vor, wenn ein Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren vorliegt, eine Berichtigung des Wahlfehlers nicht erfolgt ist und durch den Verstoß das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte. 

Eine Nichtigkeit liegt hingegen bei groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts vor. Die Fehler müssen so gravierend sein, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt. Eine Betriebsratswahl ist beispielsweise nichtig, wenn willkürlich offensichtlich nicht wahlberechtigte Personen Stimmen bei einer Betriebsratswahl abgeben oder sogar für den Betriebsrat kandidieren und gewählt werden. Wenn für einen Betrieb bereits ein Betriebsrat besteht, ist die Wahl eines weiteren Betriebsrats für denselben Betrieb ebenfalls nichtig. Häufig tritt auch die Frage nach der korrekten Bestimmung der betriebsratsfähigen Organisationseinheit auf. Im Zweifel führt eine Verkennung des Betriebsbegriffs allerdings nur zur Anfechtung der Betriebsratswahl. 

Einstweilige Verfügung auf Abbruch der Betriebsratswahl

Bemerkt ein Arbeitgeber bereits bei der Vorbereitung der Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand, dass solche eklatanten Fehler, die zur Nichtigkeit führen können, gemacht werden, muss er die Durchführung der fehlerhaften Betriebsratswahl nicht dulden. Schließlich würde das gewählte Betriebsratsgremium gar nicht wirksam gebildet sein und somit auch keine wirksamen Betriebsvereinbarungen abschließen können. Daher könnte der Arbeitgeber beim zuständigen Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung auf Abbruch einer Betriebsratswahl beantragen. Eine solche einstweilige Verfügung hat sehr hohe Hürden: Die Mängel des Wahlverfahrens dürfen nicht korrigierbar und müssen derart schwerwiegend sein, dass sie mit Sicherheit zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen. Dies gilt insbesondere, da die einstweilige Verfügung nicht nur temporär wirkt, sondern die Betriebsratswahl damit final abgebrochen wird.

Sollte der einstweiligen Verfügung stattgegeben werden, darf die Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand nicht weitergeführt werden. Sofern die Fehler korrigiert werden können, kann der Wahlvorstand jedoch anschließend eine neue, ordnungsgemäße Betriebsratswahl durchführen. Dadurch kann der Arbeitgeber aber sicherstellen, dass der gebildete Betriebsrat wirksam im Amt ist und daher insbesondere wirksame Betriebsvereinbarungen mit ihm abgeschlossen werden können. Schlussendlich dient der Abbruch der Betriebsratswahl in Fällen von gravierenden Fehlern der Rechtssicherheit der betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentation der Belegschaft. 

Einstweilige Verfügung bei Fehlern im Rahmen von Betriebsratswahlen stets bedenken

Einstweilige Verfügungen spielen in der Praxis eine wichtige Rolle, um Fehler bei Betriebsratswahlen rechtzeitig zu korrigieren oder gravierende Verstöße zu verhindern. Arbeitgeber sollten berechtigte Ansprüche des Wahlvorstands zügig erfüllen, zweifelhafte Forderungen aber genau prüfen und diesen gegebenenfalls unter Vorbehalt nachkommen. So lassen sich unnötige Verfahren vermeiden und die Wahl kann rechtssicher durchgeführt werden.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Arbeitsrecht Betriebsratswahl 2026 einstweilige Verfügung