21. Oktober 2025
Betriebsrat Wahlanfechtung
Betriebsratswahl 2026 – Was Arbeitgeber jetzt wissen müssen

Rechtsbehelfe bei der Betriebsratswahl – Teil 2: Anfechtung der Betriebsratswahl

Betriebsratswahlen sind fehleranfällig. Arbeitgeber sollten wissen, wie eine Wahlanfechtung abläuft und welche Chancen und Risiken bestehen. Unsere Checkliste gibt einen kompakten Überblick.

Betriebsratswahlen sind in der Praxis komplex – und nicht selten mit Fehlern verbunden. Was sollte ein Arbeitgeber* tun, wenn Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Betriebsratswahl bestehen? Sowohl für die Belegschaft, den Betriebsrat als auch den Arbeitgeber ist die Frage der ordnungsgemäßen Betriebsratswahl von Bedeutung. Denn nur ein Betriebsrat, der ordnungsgemäß gewählt wurde, genießt die notwendige demokratische Legitimation und das Vertrauen der Belegschaft. 

Dementsprechend können schon kleine Fehler bei der Wahl Misstrauen hervorrufen: Etwa, wenn der Raum der Stimmauszählung für eine Stunde nicht öffentlich zugänglich war oder wenn bei der Sitzverteilung das Geschlecht in der Minderheit nicht berücksichtigt wurde. Daher gilt es insbesondere auch für den Arbeitgeber die Rechtmäßigkeit der Betriebsratswahl sorgfältig zu prüfen und ggf. erforderliche Maßnahmen zu ergreifen. 

Wir haben zu den wesentlichen Fragen zur Anfechtung der Betriebsratswahl nachfolgend eine Checkliste zusammengestellt: 

Checkliste: Was ist bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl zu beachten?

1. Was ist die Anfechtung einer Betriebsratswahl?

Die Wahlanfechtung ist in § 19 BetrVG geregelt. Sie ist das zentrale Rechtsmittel, um Verstöße bei der Vorbereitung oder Durchführung der Wahl überprüfen zu lassen.

Die Anfechtbarkeit liegt vor, wenn eine Zuwiderhandlung gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren vorliegt, eine Berichtigung des Wahlfehlers nicht erfolgt ist und durch den Verstoß das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte. Wichtig ist die Abgrenzung zur Nichtigkeit der Wahl: Eine Nichtigkeit liegt hingegen bei groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts vor. Die Fehler müssen so gravierend sein, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt. Weitere Informationen zur Nichtigkeit der Wahl können unserem Blogbeitrag Rechtsbehelfe bei der Betriebsratswahl – Teil 1: Einstweiliges Verfügungsverfahren [bitte Link einfügen] entnommen werden.

2. Wer darf eine Betriebsratswahl anfechten?

Eine Betriebsratswahl kann durch mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft, sowie den Arbeitgeber selbst angefochten werden. An einem Anfechtungsverfahren vor dem Arbeitsgericht ist der Arbeitgeber neben dem Betriebsrat stets zu beteiligen, selbst wenn er die Wahl nicht angefochten hat. 

3. Welche Fristen sind einzuhalten und welches Gericht ist zuständig?

Die Wahlanfechtung muss innerhalb von zwei Wochen nach ordnungsgemäßer Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Nach Verstreichen dieser Ausschlussfrist ist eine Anfechtung der Betriebsratswahl nicht mehr möglich, auch wenn tatsächlich gravierende Fehler vorlagen.

Zuständig für das Wahlanfechtungsverfahren ist das örtlich zuständige Arbeitsgericht. Das Verfahren ist auf die Prüfung des Wahlergebnisses beschränkt und klärt die Frage, ob die Wahl bestehen bleibt, korrigiert werden kann oder insgesamt ungültig ist.

4. Wie lautet der korrekte Antrag?

Es stellt sich sodann die weitere Frage, welcher Antrag beim Arbeitsgericht im Rahmen der Wahlanfechtung gestellt werden muss. 

Einerseits kann die Korrektur des Wahlergebnisses beantragt werden, was in der Praxis eher selten beantragt wird. Ein solcher Antrag käme beispielsweise bei Rechen- oder Zählfehlern mit Blick auf die Stimmauszählung in Betracht. 

In der Praxis wird regelmäßig beantragt, dass die Betriebsratswahl für ungültig erklärt wird. Richtet sich der Antrag hierauf und ist eine Berichtigung der geltend gemachten Fehler nicht mehr möglich, hat das Gericht im Rahmen des begründeten Anfechtungsantrags das gesamte Wahlergebnis bzw. die Wahl des oder der betroffenen Betriebsratsmitglieder für ungültig zu erklären.

5. Kann das Anfechtungsrecht eingeschränkt sein?

Ja, das ist möglich. Gemäß § 19 Abs. 3 BetrVG ist eine Anfechtung durch die Wahlberechtigten ausgeschlossen, soweit diese darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund gegen die Richtigkeit der Wählerliste ordnungsgemäß Einspruch eingelegt wurde. Die Anfechtung des Arbeitgebers ist im Falle einer unrichtigen Wählerliste ausgeschlossen, wenn deren Unrichtigkeit auf von ihm fehlerhaft zur Verfügung gestellten Daten beruht.  

6. Wie läuft das gerichtliche Wahlanfechtungsverfahren ab?

Im gerichtlichen Wahlanfechtungsverfahren finden in der Regel ein Güte- und ein Kammertermin statt. Insbesondere im Gütetermin versuchen die Beteiligten einen Vergleich zu schließen. Etwaige Vergleichsmöglichkeiten sind jedoch in der Praxis eingeschränkt. Entweder akzeptiert der Betriebsrat, dass die Betriebsratswahl fehlerbehaftet ist und tritt geschlossen zurück oder der Antragsteller akzeptiert, dass die Betriebsratswahl ordnungsgemäß erfolgte und nimmt den Anfechtungsantrag zurück. Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts können die jeweils unterliegenden Beteiligten Beschwerde zum zuständigen Landesarbeitsgericht einlegen.

7. Welche Entscheidung trifft das Gericht über die Wahlanfechtung?

Für den Fall, dass das Gericht rechtskräftig entscheidet, dass die Betriebsratswahl ungültig ist, verliert der Betriebsrat mit Wirkung für die Zukunft sein Amt. Die gerichtliche Entscheidung entfaltet allerdings keine Wirkung für die Vergangenheit, d.h. alle von dem Betriebsrat vorgenommenen Maßnahmen und Beschlüsse bleiben in Kraft. Abhängig vom Antrag kann die stattgebende Entscheidung das Wahlergebnis korrigieren oder es ganz oder teilweise für ungültig erklären. Sofern das Gericht den Antrag auf Wahlanfechtung als unzulässig oder unbegründet abweist, bleibt der gewählte Betriebsrat im Amt. 

8. Welche Rechtsfolgen entstehen durch die Wahlanfechtung für den Betriebsrat?

Während des gesamten Anfechtungsverfahrens bleibt der Betriebsrat im Amt und kann seine Aufgaben weiterhin wahrnehmen, etwa Betriebsvereinbarungen abschließen. Er ist auch vollumfänglich zu beteiligen, etwa bei Kündigungen.

Für den Fall der Ungültigerklärung der Betriebsratswahl insgesamt erlischt die Amtszeit des Betriebsrats unmittelbar mit der Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses. Eine Weiterführung der Amtsgeschäfte bis zu einer Neuwahl ist demnach nicht möglich, sodass der Betrieb bis zu einer Neuwahl betriebsratslos ist. Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG kann auch außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitpunkts nach erfolgreicher Anfechtung jederzeit ein neuer Betriebsrat gewählt werden. Es gelten die allgemeinen Wahlvorschriften, sodass die Neuwahl davon abhängig ist, dass ein Wahlvorstand bestellt wird. 

Die Unwirksamkeit der Wahl eines einzelnen Betriebsratsmitglieds wegen Nichtwählbarkeit führt nicht zu einer Neuwahl des gesamten Gremiums. Vielmehr erlischt die Mitgliedschaft des betroffenen Betriebsratsmitglieds und ein Ersatzmitglied rückt nach. 

9. Wer trägt die Kosten der Anfechtung einer Betriebsratswahl?

Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich die Kosten des Anfechtungsverfahrens, sofern der Anfechtungsantrag nicht mutwillig oder offensichtlich aussichtslos ist. Beauftragt einer der Anfechtungsberechtigten einen Rechtsanwalt, sind vom Arbeitgeber in der Regel auch die Anwaltskosten zu erstatten. 

Anfechtung als Instrument zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Betriebsratswahl rechtzeitig in Betracht ziehen

Die Anfechtung einer Betriebsratswahl ist ein wichtiges Korrektiv, um die demokratische Legitimation der Arbeitnehmervertretung sicherzustellen und schützt die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl.

Für Arbeitgeber bedeutet das: Wahlfehler frühzeitig erkennen, die gesetzlichen Fristen im Blick behalten und eine klare Strategie für den Umgang mit einer möglichen Anfechtung entwickeln. Eine sorgfältige Prüfung ist dabei unverzichtbar – denn nur so lassen sich Risiken minimieren und die richtigen Weichen für die zukünftige Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat stellen.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Anfechtung Arbeitsrecht Betriebsratswahl 2026